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Seite 130 
Internationale Sammler- Zeitung. 
Nr. 9 
Fern im heiligen Lande, auf der steilen Höhe von 
Jerusalem, stand einst das Mutterhaus des Ordens. Hier 
soll ein Kaufmann aus Amalfi um die Mitte des 
11. Jahrhunderts zu Ehren Johannes des Barmherzigen 
den Mönchsorden der Johanniter gegründet oder 
erneuert haben. Aus dem Mönchsorden machte um 1120 
Kaymund du P u y, indem er zugleich den heiligen 
Johannes den Täufer zum Patron erklärte, den Ritter 
orden des Hospitals St. Johannis. Zur schwarzen Kutte 
der Mönche mit dem weißen, nach den acht Seligkeiten 
der Bergpredigt achteckigen Linnenkreuz an der linken 
Brustseite gesellte sich die rote Kleidung der Johanniter- 
rittcr mit dem Federhut und dem schwarzen, ebenfalls 
kreuzgeschmückten Mantel. Man kennt den glänzenden 
Aufstieg des Ordens, seine selbstherrliche Macht, die 
in Palästina, in Tripolis und Algier durch feste Burgen 
und großen Besitz herrschte. Damals umfaßte der 
Orden nicht weniger als acht Zungen (nach der Mutter 
sprache seiner Ordensglicdcr so eingeteiit), mit je 
einem Großprior an der Spitze, die zusammen den Rat 
des Großmeisters bildeten. Auch das Großpriorat von 
Böhmen gehörte dazu, das schon um 1158 unter 
Ladislaus II. durch den Kanzler Gervasius und 
dessen Neffen, den Vizekanzler Martin sein erstes 
Ordenshaus in Prag, und zwar an der gleichen Stelle, 
an der es heute noch steht, erhalten hatte. 
Folgen wir zunächst der allgemeinen Entwicklung 
des Ordens, so bildete der Verlust des heiligen Landes 
und die Eroberung von Rhodos unter dem tapferen 
Großmeister Fulco von V i 11 a r c t anno 1309 einen ein 
schneidenden Wendepunkt in der Ordensgeschichte. 
Von nun ab heißen die Johanniter auch R h o d i s e r. 
Ihr Leben geht auf in Kämpfen gegen die Ungläubigen, 
in ihren Reihen fechten berühmte Männer wie Helion 
de Villeneuve oder Dieudonne de Gozon (1346 
bis 1353. Großmeister), der Held der Schillerschen 
Ballade vom »Kampf mit dem Drachen«. Endlich 
schlägt auch ihre Stunde: nach heldenmütiger Verteidi 
gung unter Villiers müssen sie der Uebermacht 
Sultan Soleimans weichen und am Ncujahrstag des 
Jahres 1523 zieht das Häuflein der Besatzung von 
Rhodos ab. Nicht lange bleiben die Gottesstreiter ohne 
eigenen Besitz. 1530 übergibt ihnen Karl V. die 
Inseln Malta, Gozzo und Comina nebst Tripolis und 
dort bilden sie als souveräner Malteser-Ritter 
orden einen selbständigen Staat. 
Immer noch sind sie tapfere Kämpen. Wie sie in 
Algier zu streiten wissen, hat das Ordensmitglied 
Durand de V i 11 e g a g n o n in seiner Chronik be 
schrieben, und als die Türken sich an Malta selbst 
wagen, verteidigt es Jean P a r i s o t de la Valette 
mit Auszeichnung. Dann aber geht es niederwärts. 
Wohlleben, Korruption und Laxheit in der Erfüllung der 
Ordenspflichten bringen den Orden um einen großen 
Teil seines Ansehens. Zwei kraftvolle Persönlichkeiten 
auf dem Großmeisterstuhle bringen noch einmal die 
Sonne des Ruhmes über dem Orden zum Scheinen: 
Ramon Perellos y Rocceful (1697 bis 1720) er 
ficht glänzende Siege über die Türken und Emanucl 
Prinz de Rohan (1775 bis 1797) hilft dem wissen 
schaftlichen Geist zur Herrschaft und erreicht durch 
ein neues Ordensstatut eine innere Neubelebung des 
Ordens. Aber schon ist es zu spät. Schon hat der Nach 
folger Rohans, der schwache Großmeister Ferdinand 
von Hompesch, die vergebliche Erniedrigung be 
gangen, einem Schismatiker, dem Kaiser Paul I. von 
Rußland, die Großmeisterwürde anzubieten, um dem 
Orden den mächtigen Beschützer gegen Frankreich zu j 
sichern, wo bald Napoleon begehrlich auch nach i 
Malta die Hand ausstreckte. Der Kaiser nahm zwar die ! 
Würde an, der Papst aber bestätigte ihn nicht, und 
auch Napoleon ließ sich nicht abschrecken, die Insel 
zu besetzen, von der die Malteser am 13. Juni 1798 
abzogen. Vergeblich reklamierten sic ihr Recht. Eng 
land zwang zwar den französischen Kommandanten 
1800 zur Uebergabe der Insel, behielt sie aber für sich. 
Nachdem der Orden durch den Frieden von Preßburg 
und die Rheinbundsakte auch alle seine Besitzungen in 
Siiddeutschland und Italien eingebüßt, wurden seine 
Güter in Bayern, im Königreiche Westfalen und in 
Preußen, zuletzt auch in Rußland eingezogen. Um 1811 
war dem Orden nichts verblieben als das G r o ß- 
priorat Böhmen. 
Dieses war, wenn auch von anderen Schicksals- 
schlägcn wiederholt heimgesucht, von den eben be 
richteten Ordensgeschicken fast unberührt geblieben. 
Schon bei seiner Begründung reich dotiert, entwickelte 
es sich unter der Gunst der Herrscher stetig. Das 
Prager Ordenshaus hatte von Anfang an seinen eigenen 
Komthur und seinen eigenen Konventsprior. 1185 wird 
sogar infolge eines Gelübdes der Herzogin Elisabeth, 
Gemahlin des Herzogs Friedrich, ein zweites 
Ordenshaus auf der Stätte des Schlachtfeldes (»na 
bojisti«) erbaut, das aber von den Hussiten zerstört 
wurde und keine Spuren hinterlassen hat. Anders die 
Kirche der heiligen Maria unter der Kette, sogenannt, 
weil sie offenbar befestigt war und mit dem gegenüber 
liegenden Bischofshof eine durch Ketten sperrbare Ver 
teidigungspforte gegen die Kleinseite bildete. Trotzdem 
ein Brand und das Hussitenschwert am 8. Mai 1420 
das Kirchlein samt dem Ordenshaus verwüstete, trotz 
dem 1503 eine neuerliche Feuersbrunst dort wütete, so 
daß von dem Kirchlein mehr als die Hälfte abgetragen 
werden mußte, sind noch heute Reste des alten Baues 
erhalten, und erst vor wenigen Jahren entdeckte man 
in der Kirche eine vermauert gewesene, schmale, vom 
Chor in die Kirche hinabführende Treppe, deren unbe 
queme Enge und ausgetretene Stufen ebenso wie das 
charakteristische alte Mauerwerk auf ihr hohes Alicr 
schließen lassen. Der heutige Ordenspalast wurde aller 
dings erst in den Jahren 1728 bis 1731 im unmittel 
baren Anschluß an die Kirche errichtet, nachdem unter 
dem Großprior Grafen Dittrichstein der damalige 
Kirchenprior Franz T a u f f c r von R o v i n um 18.000 
Gulden das freiherrlich Talmbergsche Haus angekauft 
hatte. Dieser ausgezeichnete Mann erhielt vom Papste 
auch das Recht der Pontifikalien und das Recht, die 
Mitra anzulegen. Er starb 1745. 
Zu welcher Wichtigkeit das böhmische Großpriorat 
durch den Verlust Maltas erwuchs, haben wir gesehen. 
Es erübrigt nur kurz noch der weiteren Schicksale des 
Gesamtordens zu gedenken. Der Sitz des Ordens war 
zunächst nach Catania auf Sizilien, dann nach Ferrara, 
endlich 1834 nach Rom verlegt, wo er heute noch ist. 
Auf Oesterreichs Andringen wurden dem Orden später 
mehrere seiner Besitzungen in Italien zurückgegeben, so 
daß er heute aus zwei »Zungen«, der deutschen und der 
italienischen, besteht. Seit 1805 waren Großmeister nicht 
mehr ernannt worden, bis 1879 der Papst die Würde 
des Großmeisters wiederherstellte und den Großmeister- 
Stellvertreter Fra Giovanni Battista Ceschi a 
Santa Croce damit bekleidete. Gegenwärtig ist 
Großmeister des Ordens Se. Eminenz Galeazzo von 
Thun-Hohenstein. Das zur deutschen »Zunge« 
gehörige böhmische Großpriorat hat die Krankenpflege 
und den freiwilligen Sanitätsdienst im Kriege zu be 
sonderen Aufgaben. Aber unter seinem gegenwärtigen 
Großprior, Fürst-Großprior Bailli Fra Heinrich Prinz 
von und zu Liechtenstein findet auch die Liebe 
zu den Künsten im Rahmen der Mittel des Ordens
	        
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