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Internationale S a rn tn 1 e r - Z e i t u n g.
Nr. 9
werke in ihr sei besonders hingewiesen: das Gemälde !
über dem Hauptaltar, die heilige Maria in Wolken dar
stellend, mit drei knienden Malteserrittern vor ihr,
wurde lange Zeit dem böhmischen Maler Karl
S k r e t a zugeschrieben, doch scheint es eher die
Arbeit eines der vielen in Prag damals weilenden
italienischen Maler zu sein. Eher dürfte die Autorschaft j
Skretas für das zweite Gemälde der Kirche, eine
schöne Enthauptung der heiligen Barbara, stimmen.
Oben bei der Orgel findet sich eine sehr merkwürdige
Darstellung: man sieht in den Zweigen eines Baumes
eine Madonna mit dem Kinde, während zu Füßen des
Baumes Männer und Frauen knien. Zur Deutung dieser
künstlerisch nicht weiter bedeutenden Darstellung
machte mich der vielbewanderte Inspektor der Prager
Rudolfinum-Galerie und geschätzte Restaurator auf ein
ihm bekanntes Gemälde im Besitz des Klosterneu
burg e r Stiftes aufmerksam, das eine ähnliche Szene
aufweist und offenbar die Altwiener Sage von dem
wundertätigen Marienbilde in Hietzing darsteht, wo
ein in die Zweige eines Baumes geflüchtetes Bildnis den
Verfolgern zuruft: »Hüat’s enk!« (»Hütet euch!« —
Hietzing.) Es wäre interessant, diesem Zusammen
hang weiter nachzugehen. In der Kirche befindet sich j
auch eine plastische Arbeit des deutschböhmischen j
Bildhauers Max, den Großmeister Rudolf C o 11 o- !
r e d o darstellend.
Der größte Teil der schönen Bildersammlung, j
welche jetzt noch zu besprechen ist, befindet sich in den {
Amtsräumen des Priors Fra Hammerschmied und
ist dort auf eine nicht gewöhnliche Weise unterge
bracht. Die. teils auf Holz, teils auf Leinwand gemalten
Gemälde der verschiedensten Größe sind nämlich alle,
in die Vertäfelung der Zimmer eingelassen und so,
von zierlichen Rokokorahmen umschlossen, mit der
Mauer fest verbunden. Sic bilden eine Art kostbarer
Tapete, deren Würdigung allerdings durch die besonders
in den Ecken sehr ungünstigen Lichtverhältnisse und j
die Unmöglichkeit, ein Bild von der Wand abzunehmen, j
sehr erschwert wird. Immerhin genießt dafür der Be- ]
trachter hier, zusammen mit den wundervollen alten, !
kunstvoll gearbeiteten Möbeln den Eindruck eines ganz
originellen Rokoko-Innenraumes. Im Vorzimmer er- |
innert noch ein Bildnis des oben genannten Begründers j
des jetzigen Prager Großprioratspalastes T a u f f e r ;
von, R o v i n, angeblich von der, Hand des berühmten !
Malers Anton Gr aff, an die Geschichte des Ordens, j
Supraporten mit Schlachtenbildern zwischen Christen !
und Sarazenen von der Hand des in Prager Galerien
häufigen B o u r g u i g n o n leiten zu den Gemälden j
des Hauptgemaches über.
Ganze Generationen und Schulen von Altprager
Malern treten hier dem Beschauer mit Arbeiten ent
gegen. Beginnen wir mit zwei sauber und liebevoll ge
malten Geflügelbildern, Hennen und Hähne darstellend,
des Solothurner Malers Johann Rudolf Byß, so lernen
wir in ihm gleich den Lehrer des Prager Still
lebenmalers Johann Adalbert Angermeyer kennen,
von dessen fleißigem Pinsel im Kloster Str ahow und
im Palais W a 1 d s t e i n (vgl. meine Aufsätze über
diese Sammlungen in der »Internationalen Sammler-
Zeitung«*), natürlich auch hier gute Proben in der Art
des Mignon vorhanden sind. Byß selbst hat in Prag
unter anderem die Deckenfresken im ehemaligen gräf
lich Strakaschen Palais gemalt, aus dem, wie oben ge
sagt, die Malteser-Bildersammlung stammen soll. Und
gewissermaßen ein künstlerischer Enkel des Byß, der
* Siehe Nr. 21 und 23 des III. Jahrganges.
Stillebenmaler Kaspar Hirsche ly, ein Schüler
Angermeyers, zeigt hier seine reizvollen Blumenstücke
im holländischen Geschmack. Auch den Maler Johann
Jakob H a r t m a n n, von dem hier zwei große Land
schaftsbilder mit reicher Staffage vorhanden sind, kennt
man schon aus Strahow. Auch dieser Kuttenberger
Maler, der in Prag 1730 starb, hat einen malenden Sohn
hinterlassen, dessen kleine Landschaften hier gut neben
denen des Vaters bestehen.
Von Arbeiten dieser Periode enthält die Sammlung
ferner große Amorettenbilder des Wiener Malers und
Akademiedirektors Strudel von Strudendorf
(1660 bis 1714), artige Vogelbilder des Linzer Meisters
Franziskus B u r g a u, dessen vorübergehende Tätig
keit in Prag nachzuweisen erst kürzlich dem Prager
Forscher Inspektor Bergner gelungen ist; auch
Burgaus Bruder Peter ist durch mehrere Bilder ver
treten. Hier ist ferner wieder der schon in anderen
Prager Sammlungen erwähnte Johann Baptist B o u t-
tats (1693 bis 1705) zu nennen, jener Antwerpener
Maler in der Art des Melchior de Hondecoeter, dessen
Tätigkeit in Prag Bergner ebenfalls aus den Krankcn-
matriken des Spitals der Barmherzigen Brüder nachge
wiesen hat (Jahrbuch der k. k. Zentralkommission,
Bd. III, Beiblatt Sp. 103 ff.). Schöne Blumenstücke, hell
auf dunklem Grunde sich abhebend, sind Arbeiten des
in Wien als Hofmaler lange tätig gewesenen Ham
burgers Franz Werner Tamm (1669 bis 1727), der auf
die damalige Stillebenmalcrei großen Einfluß gehabt hat
(auch auf den oben angeführten Bildern Strudendorfs
dürfte er mitgearbeitet haben). Ein anderer Wiener und
niederösterreichischer Maler, Tobias Pock (1609 bis
1683), ist hier mit kleinen schwebenden Putti vertreten,
die lebhaft an die im Prager Rudoifinurn befindlichen
Bilder »Elemente« erinnern. Zwei historische Dar
stellungen geben für die Kunst des an italienischen
Meistern geschulten Malers Johann Heinrich Schön
feld (1609 bis 1675) ein gutes Zeugnis ab. Endlich sind
die meist nur in Prag und in Böhmen bekannten Maler
Lchotzky und Peter Keck aus dem 18. Jahr
hundert mit Stilleben in guter Qualität vertreten.
Was die bekannteren ausländischen Meister betrifft,
so besitzt die Sammlung ein ganz ausgezeichnetes
Werk der großen Meister S n y d c r s und J o r d a e n s.
Es zeigt einen reich beschickten Marktstand, Früchte
und Wild, mit zwei Personen im Hintergründe; das
Bild ist in der Jordaens-Literatur völlig vergessen, nur
Max R o o s e s erwähnt es, hat es aber nicht selbst ge
sehen. Abraham Godyn ist hier durch eine Dar
stellung vertreten, die an seine Fresken im Schlosse
zu Troja und an ein Bild der Rudolfinum-Galerie (»Jael
und Sissera«) erinnert. Ausgezeichnet und eines der
schönsten Bilder der Sammlung muß ein Stilleben mit
Früchten, Gemüse etc., die merkwürdigerweise eine
ganze Landschaft zum Hintergrund haben, genannt
werden, das laut Bezeichnung auf Jan Davidsz de
Hcem (1606 bis 1648) weist und von seiner Virtuosität
die beste Vorstellung gibt. Zu den Begründern der
Bildnismalerei des 17. Jahrhunderts gehört der Amster
damer Cor nelisz van der V o o rt (1576 bis 1624),
von dem die Galerie Nostitz in Prag einige Porträts be
sitzt; hier ist er mit zwei feinen Bildnissen, eines
Herrn und einer Dame, monogrammiert und datiert
anno 1621, vertreten. Der Vlärne Andriesz van E r t-
v e 11 (Artveit, 1590 bis 1632) zeigt seine Geschicklich
keit in zwei lebendigen Seegefechten.
Mit dem Hinweis auf drei ebenso subtil und effekt
voll ausgeführte, wie um ihrer künstlerischen Absicht
wegen merkwürdige große Gemälde sei diese kurze