MAK
Nr. 9 
nternationale Sammler-Zeitung. 
Seite 135 
Der Meister der weiblichen Halbfiguren. 
Von Dr. Georg Martin Richter (München).* 
Das mysteriöse Dunkel, das den Meister der weib 
lichen Halbfiguren und seine Schule umgibt, hat seit 
Waagen verschiedene Forscher gereizt. Man fragte 
sich voller wissenschaftlicher Neugier, vielleicht sogar 
ein wenig betört: Wer sind diese liebenswürdigen 
jungen Damen, diese eleganten Wesen, die in aparten 
Toiletten zuweilen in heiligen Büchern lesen, öfter aber 
»Mit zärtlicher Verliebtheit zeichnet er die har 
monischen Linien nackter Schultern, das sammetne 
Kleid, das die jungen Körper umschmiegt. Mit Kenner 
schaft ordnet er den Schleier, die Puffärmel, das Kollier. 
Mag er die Damen darstellen, wie sie am Spinett musi 
zieren, in einem Bilderbuch blättern oder einen Deckcl- 
pokal halten, es liegt etwas Jung-Harmloses und zu- 
Fig. 3. Sammlung Artur Kola: Corneiis Pietersz Bega. 
zärtliche Liebesbriefe schreiben oder mit gesenkten 
Blicken die Laute spielen? Und wer ist der Urheber 
dieser Bildnisse? 
M u t h e r nennt ihn den Luini des Nordens, einen 
milden Träumer, der nur ganz leise minnigliche Worte 
sagt. 
* Am 21. d. M. kommt bei Helbing in München die 
kleine, interessante Sammlung P. Kohlermann (München) 
von sieben Gemälden aus dem Kreise der Halbfigurenmeister 
zur Versteigerung. Der Katalog wird mit einem Vorwort des 
Dr. Georg Martin Richter eingeleitet, in dem der Versuch 
gemacht wird, den Sammelbegriff eines Meisters der weib 
lichen Halbfiguren in mehrere Individualitäten aufzulösen. Wir 
geben hier die interessanten Ausführungen Richters wieder. 
gleich Tränenschimmerndes in seiner aparten Kunst. 
Man gewinnt sic lieb, diese sanften, stillen Wesen mit 
ihren zaghaften Bewegungen, ihren lilienweißen 
Händen und reinen Stirnen, über die sich so keusch die 
schlicht gescheitelten braunen Haare legen.« (Gesell, der 
Malerei II. 71.) 
Aber wer war der liebenswürdige Unbekannte, der 
diese Bilder malte? W i ck h o f f kam auf Grund scharf 
sinniger Folgerungen zu dem Schluß, daß niemand anders 
als Jean C 1 o u e t der gesuchte Autor sei, und er hat in 
seiner Entdeckerfreude eine geistreiche Abhandlung 
über den Meister geschrieben. Allein, die Fachgenossen 
urteilen skeptisch über Wickhoffs Zuschreibung, auch
	        
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