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Internationale S a m m 1 e r - Z e i t u n g.
Nr, 1
finden wir ihn als Zeichnungsschüler an der Wiener
Akademie, 0 zwei Jahre später als Zögling der Kupfer-
schule. Außer den Blättern, die er für die erste Wiener
Ansichtenfolge beisteuerte, hat er sich durch die für den
Verlag Stöckl gestochene große Serie von österreichi
schen und die Sammlung der Rheinansichten für Artaria
& Co. — beide Serien zumeist nach den Originalen von
Laurenz Jan sc ha, Runk u. a. — besonders berühmt
gemacht. 7
Der dritte Künstler, der zur Bereicherung der Wiener
Ansichtenserie beigetragen hat, war Laurenz Janscha,
einer der hervorragendsten Wiener Landschaftsmaler.
Janscha, geboren zu Radmannsdorf in Krain am 30. Juni
1749, gestorben zu Wien am 1. April 1812, 8 bildete sich
an der Wiener Akademie unter Weirotter und
B rand aus. Im Jahre 1796 wurde er zum Adjunkten
der Erzverschneidungs- und Manufakturistenschule und
im Jahre 1806 an Stelle Friedrich B r a n d 1 s zum Pro
trag: »Den 11. Juli 1749 geboren Johann Andreas, Fil. Mstr.
Joh. Wolfgang Zieglers, Bürgers und Schuhmachers allhier.
Taufpate Joh. Andr. Keiner, Bürger und Schuhmacher.« (Mitth.
des Herzoglichen Oberpfarramts vom 13. November 1913.)
0 Schülerprotokoll 2%, S. 5. »Johann Ziegler aus Sachsen-
Weimar (so!) Zeichner.«
7 Schülerprotokoll l/c. »Ziegler Johann von Sachsen-
Mdnüngen gebürtig, Page bey H. Grafen von Thun-.« Das
Todesdatum und der Sterb^ort Zieglers sind nicht bekannt.
Daß er jedoch weder in Wien noch um das Jahr 1812 ge
storben ist, wie die Ouellen angeb^n, beweisen die von mir
eingesehenen Totenprotokolle der Stadt Wien aus der Zeit
von 1792 bis 1822. Im Jahre 1782 war er zweiter Sekretär der
St. Johannes-Loge zu Wien. Lewis a. a. 0., S. 153. Die
Sphinx, S. 34.
8 Die Berichtigung der Lebensdaten etc. s. bei Boden
stein a. a. O., S. 93. Ein Porträt Janschas ist derzeit nicht
bekannt. Eine ausführliche Monographie über Janscha bereitet
Dr. Mantuani, Direktor des Laibacher Landesmuseums, vor.
fessor der Landschaftszeichnung ernannt. Aus der Zeit
zwischen 1785 bis 1795 stammt der Beitrag Janschas,
und zwar die von Ziegler gestochenen diei großen
Schönbrunner Ansichten, die Laxcnburger Ansicht, das
Invalidenhaus, die Versammlung bei den Kaffeehäusern
im Prater und das Kaunitzpalais. 1 Alle diese Ansichten
zeichnen sich durch exakte Durchführung der Archi
tektur und besonders durch die schöne figuienreiche
Staffage aus.
Von Josef und Peter Schaff e r stammt ein einziges
Blatt der Serie, die reich staffierte Darstellung des
Fig. 5. Schütz, Mann, vorwärts schreitend.
Krankenhauses. Der gemeinschaftlichen Arbeit dieser
bedeutenden Künstler — der eine betätigt sich wohl
als Zeichner und der andere als Kupferstecher — ver
dankt man eine Reihe von schönen Genredarstellungen,
Theaterszenen, Ansichten etc., darunter die reizende An
sicht der Josefsruhe u. a.
Die Firma Artaria & Co., in deren Verlag sich
die Wiener Ansichten seit nunmehr 134 Jahren, allerdings
in reduzierter Anzahl und veränderter Form befinden,
wurde von Carlo Artaria aus Blevio am Comosee zu
sammen mit Francesco Artaria im Jahre 1770 gegründet.
Schon im Jahre 1771 beginnt die Firma ihre für die
Fig. 6. Joh. Ziegler, zeichnend.
Wiener Kunstgeschichte hochbedeutende Tätigkeit, indem
sie Künstler, wie Brau d, Quirin Marek, Schwab,
Sichnit u. a., für ihren Verlag beschäftigt. Im Jahre
1775 inauguriert sie mit Brands Wiener Kaufruf 10 das
speziell wienerische Genre, als dessen hervorragendste
Leistung die Folge der Wiener Ansichten zu be
trachten ist.
Mit Karl Schütz, dem geistigen Autor der Wiener
Ansichten, traten Ai taria & Co. schon frühzeitig in Ver
bindung. Schon zu dem Kaufruf von Brand trägt er
einige malerische Darstellungen bei und liefert im Jahre
J Größer war die Beteiligung Janschas als Zeichner bei
einer zweiten und dritten Serie der von Artaria heraus
gegebenen Ansichten der näheren und weiteren Umgebung
Wiens.
10 »Der Wiener Kaufruf« von Dr. Ign. Schwarz, s »In
ternationale Sammler-Zeitung«, Jahrg. 1911, Nr. 6 und 12.