Seite 168
Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 11
bitten wir doch um Gnade für seine Seele bey Gott, die
er hier für seinen Körper als ein öffentlicher Mörder von
der weltlichen Gerechtigkeit nicht erhalten konnte, und
nicht erhalten durfte. Rufen wir alle zu Gott, und
sprechen wir: Großer Gote! Erbarme dich seiner armen
Seele nach deiner großen Barmherzigkeit, und nach der
Menge deiner Erbarmnisse lösche seine Missethat aus.
O Gott! sey seyner armen Seele vor deinem. Richter
stuhle gnädig. Amen.«
Me Zivil- und wohl auch die Krinünalgeriditsibarkeit
übte der Markt Mödling an Stehe der Herrschaft Möd
ling in der Veste Liechtenstein für Mödling, Klausen,
Vorderbrühl, Neudorf, Biederrnannsdorf, Brunn und
Enzersdorf schon im 16. Jahrhundert aus; seit dom Jahre
1610 besaß der Markt Mödling die Krinhrmlgericht'sbar-
keit im Markte zu eigenem Rechte. Immerhin mußten die
Delinquenten mit den Untersuchungs'akten an das Wiener
Stadtgericht gesandt werden. Am 13. März 1819 wurde
die' letzte Justifizierung des Marktes Mödling durch
geführt. »
Münzauktionen.
Bei Adolf Heß Nachf. in Frankfurt a. M. wurde am
IS. v. M. der erste Teil der Sammlung schwedischer
Münzen des Kopenhagener Großkaufmanns L. E. Bruu n ver
steigert. Sammler und Händler aus Schweden und Finnland
waren zu dieser Auktion erschienen. Es erzielten: der Silber
gulden (1528) von Gustav Wasa, die erste schwedische Münze
in Talergröße, 6100 Mk„ der halbe Gulden vom selben Jahre
1750 Mk., der Taler (1540) mit dem stehenden König 3300 Mk.
Ein Goldgulden (1568) von Erich XIV. brachte 1200 Mk., der
dicke Doppeltaler auf seinen Regierungsantritt mit dem Brust
bild seines Vorgängers auf der Rückseite 3050 Mk. Ein Portu-
galöser (zehn Dukaten) von Johann III. erzielte 1100, ein
doppelter Rosenoble 2900, eine rautenförmige Acht-Mark-
Klippe (1570) 1325 Mk. Von Gustav Adolfs Stockholmer Fünf-
Dukaten brachte einer 1800, ein Rigaer Dukat (1623) 2400,
Erfurter Zehn- und Acht-Dukaten erzielten 1550 und 2150 Mk.,
ein Fiirther Dukat und Taler wurde mit 1050 und 1025 Mk. be
zahlt, Nürnberger Sechs-Dukaten mit 1025 Mk. Die zweite Ab
teilung dieser bedeutenden Sammlung, Münzen der Zeit von
der Königin Christine an bis zur Neuzeit, wird im Herbst
zur Versteigerung kommen.
Bei der Auktion Dr. Jakob Hirsch, die am 5. Mai und
den folgenden Tagen in München stattfand, wurden
folgende bemerkenswerte Preise erzielt: Antike Münzen:
Tetradrachme von Agrigent 5025 Mk., Didrachme von Cama-
rina 2025, Kanonische Dekadrachme von Syrakus 10.000, des
gleichen des Euianetos 2250, siculo-punische Tetradrachme des
Eukleides 1875, Didrachme von Abdera 3200, zwei Drachmen
mit Asklepios aus Epidauros, dem antiken Lourdes, 1875 und
1900, etruriseher Dupondius von 295 Gramm Gewicht (Aes
grave) 6000 Mk. Von den kaiserlichen Goldmünzen erreichten
mehrere über 1000 und zwei Medaillons Konstantins des Großen
2275 und 2950 Mk.
Von den Medaillen wurde die silbervergoldete Me
daille des Andreas Imhof und Sebald Haller von 1569 mit 1875
und die treffliche Bronzemedaille eines Nürnberger unbekannten
Meisters der Blütezeit des Jörg Keizel mit 3575 Mk. bezahlt.
Bei der daran angeschlossenen Versteigerung der Me
daillen und Plaketten der Sammlung Dr. Artur Sambon
(Paris) wurden mehrfach Preise zwischen 1000 und 2000 Mk.
gelöst. Noch höher wurden bewertet: das Wachsmodell des
Filippo Strozzi von Niccolo Fior entino (3850 Mk.), Dona-
t e 11 o s Bronzeplakette »Triumph Amors« (4675 Mk.),
Riccios Bronzcrelief »Grablegung Christi« (5050 Mk.). Da
gegen wurden für das Hochrelief des heiligen Hieronymus in
der Art des R i c c i o, das auf der Auktion Falcke in London
21.500 Mk. gebracht hatte, diesmal nur 11.800 gezahlt. Die Auk
tionen waren von großen Museen beschickt und von be
deutenden Sammlern und Händlern besucht.
Der Gesamtbetrag, der auf beiden Auktionen erzielt
wurde, erreichte fast 300.000 Mark ohne das Aufgeld.
Wiener Ausstellungen.
Von Dr. Richard Hoisel (Wien).
Bevor sommerliche Stille ihre auslöschende Müdig
keit über Streit und Widerstreit breitet, weiß der sonder
barerweise gerade heuer äußerst rege Kunsthandel ge
wissermaßen vor Torschluß noch einige Funken aus
unserem Interesse für die Kunst zu schlagen.
Beispielsweise haben wir dem Kunstsalon Halm &
Gold mann in dieser Saison eine Serie zum Teil sehr
interessanter graphischer Ausstellungen zu verdanken.
Und wenn der letzte der dort gezeigten Graphiker, Willi
Geiger, noch so sehr ein abstruses Genie und ein
virtuoser Nadeltechniker sein mag, er hat keine künst
lerische Physiognomie, die den von der Biedermeier
schwärmerei verweichlichten Wienern irgendwie zu Ge
sichte stände. Von der Warte geschäftlicher Spekulation
aus ist dieser Fall eine Niete. Ideell muß es aber dankbar
begrüßt werden, daß man den Versuch wagt, die Wiener
unter pädagogischen Zwang zu stellen und sie der Tat
sache zu überführen, daß es außerhalb des Wald- und
Wiesengürtels auch noch eine beachtenswerte Welt gibt.
Geigers Kunst ist nicht weich, nicht mollig, sic ähnelt
nicht irgend einer von früher her vielgeliebten Kunst
richtung. Seine herbe Eigenart hat die Wiener abge
schreckt. Ich gebe zu, es ist nicht leicht, vielleicht sogar
unmöglich, das künstlerische Gesamtwerk Geigers an-