Seite 186
Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 12
Chronik.
Bibliophilie.
(KI« i s t - F u n d e.) Neues Licht auf das Leben Heinrich
v Kleists werfen Funde, die dem Direktor der städtischen
Sammlungen in Dresden, Prof. Dr. Mindc-Pouet, gelungen
sind. Er hat im Nachlaß der Marie v. Kleist und des
Ministers v. Altenstein Briefe gefunden, die klar dartun.
daß Kleist keine Liebesbeziehungen zu seiner Cousine gehabt
hat, und daß er auch keine Pension von der Königin L uise
bezogen hat, vielmehr stammte jene Pension in Wahrheit von
seiner Cousine Marie, die sich eines frommen Betruges
schuldig machte, um den stolzen Dichter zur Annahme des
Oeldes zu bewegen. Weiter hat Prof. Minde-Pouet ein Tage
buch der Auguste v. Patin witz aufgefunden mit ganz neuen
Mitteilungen über Kleists Aufenthalt in Frankreich und in der
Schweiz, umfassendes biographisches Material über Marie
v. Kleist, Briefe des Staatsrats v. Stägemann über den Tod
Kleists, sämtliche Protokolle und Sektionsbefunde über den
Tod Kleists und der Frau Vogel, endlich eine anonyme hand
schriftliche Biographie Kleists und verschiedene . Gedichte in
bisher unbekannter Fassung. Die Funde werden noch im
Laufe dieses Jahres veröffentlicht werden.
Bilder.
(Die Solly-Madon n a.) In dem »Repertorium für
Kunstwissenschaft« beschäftigt sich Berthold Daun mit einer
Gruppe italienischer Madonnenbilder, die der Baldachin-
Madonna Raffae ls in der Pitti-Galcrie zu Florenz verwandt
sind. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, daß diese Bilder nicht
als Wiederholungen oder Nachahmungen dieses Werkes anzu
sehen sind, sondern daß außerdem noch ein Bild Raffaels exi
stiert haben muß, mit dem diese Madonnen-Darstellungen Zu
sammenhängen. Als dieses spricht er ein aus der Sammlung des
bekannten Kaufmannes Sol ly stammendes Gemälde an, das
sich seit vierzehn Jahren in der Nähe von Berlin befindet. Daun
meint, daß wir in der Solly-Madonna ein eigenhändiges
Werk Raffaels zu erkennen halben.
(Ein Selbstbildnis Tizians entdeckt?) Eine
interessante Entdeckung ist, wie man uns aus London
schreibt, von dem Londoner Kunstsachverständigen Mr.
Power gemacht worden. Aus einem kleinen Orte iri S h r o p-
shire wurde ihm ein Gemälde zur Restaurierung und Säube
rung übersandt, das sich als ein Selbstbildnis Tizians
herausstellte und das der Künstler in seinem 84. Lebensjahre
angefertigt hatte. Zu einem Ausnahmspreise kaufte es der
jetzige Besitzer im Jahre 1884 in Australien. Er brachte es nach
England, wo er es in seiner Villa in Shropshire unterbrachte.
(Markos Botzaris Tod.) Der neueste Katalog des
Antiquariats J. J. Plaschka in Wien vereinigt unter dem
Titel »Der Freiheitskampf der Griechen gegen die Herrschaft
der Türken« eine Anzahl von historischen Bildern, Städtean
sichten, Handschriften, Büchern und Plänen, die auf diese Zeit
Bezug haben. Besonders hervorzuheben wäre das Oelgemälde
von Fark, das des griechischen Freiheitskämpfers Markos
Botzaris Tod darstellt. (Big. 9). Botzaris (Botsäris, Boz-
zaris), geboren um 1788 zu Suli (Albanien) aus einem altberühm
ten Suliotengeschlecht (Sohn des 1809 durch Ali Pascha er
mordeten Häuptlings Ritsos Botzaris), floh vor Ali Pascha
von Janina nach den Jonischen Inseln, zog mit den Türken
gegen Ali, ging dann aber, von den Türken bedroht, mit diesem
ein Bündnis ein. Nach Ausbruch des griechischen Aufstandes be
gab er sich Anfang 1822 zur Versammlung der griechischen
Häuptlinge nach Korinth, veranlaßte den Zug des Mauro-
k o r d a t o s nach Epirus, der mit der Niederlage der Griechen
bei Peta 16. Juli 1822 endigte, und verteidigte dann 1822—23
Missolunghi mit Heldenmut. Im April 1823 von der griechischen
Nationalversammlung zum Obergeneral in Aetolien ernannt,
nahm er am 13. Mai Lepanto, wußte geschickt die türkische
Uebermacht zu trennen und traf Mustapha Pascha von
Skutari am 19. August bei Karpenisi. In der Nacht vom 19. bis
20. August schlich Botzaris mit 250 Mann in das Türkenlager,
wo er den Pascha und seinen Neffen mit eigener Hand nieder-
Fig. 9. Fark, Botzaris Tod.
hieb und ein furchtbares Blutbad anrichtete, während die
Griechen das Lager von außen stürmten. Botzaris bezahlte aber
diese kühne Tat mit seinem Leben. Er wurde mit großen Ehren
in Missolunghi begraben.
Heraldik.
(Das Stadtwappen von Amstetten,) Aus A m-
stetten wird uns berichtet: Vor 17 Jahren hat Kaiser Franz
Josef Amstetten zur Stadt erhoben, aber erst vor einigen
Tagen konnte das kaiserliche Stadterhebungsdiplom ausgefertigt
und zugestellt werden. Der Grund dieser Verzögerung lag in der
Lösung der Wappenfrage. Die Stadtgemeinde hatte näm
lich um Wiederherstellung des ursprünglichen Wappens, in dem
ein über eine Mauerzinne schauender Passauer Wolf enthalten
ist, angesucht. Siebzehn Jahre brauchte es, bis die Sache im
Sinne der Eingabe der Stadt erledigt wurde.
Numismatik.
(Die Münzauktion bei Brüder Egger.) Unter
lebhafter Beteiligung von Vertretern in- und ausländischer
Museen sowie von Münzensammlern und Händlern fand vom
11. bis 15. v. M. bei Brüder Egger in Wien die Versteige
rung der Sammlung griechischer Münzen des Herrn Theodor
P r o w e (Moskau) statt. Es entwickelte sich ein reges Angebot,
besonders nach jenen Exemplaren, die sich durch die Schönheit
der Erhaltung und des Stiles oder durch interessante Dar
stellungen auszeichneten, herrschte starke Nachfrage. Es kam
oft vor, daß verschiedene, aus früheren Sammlungen, respektive
deren Versteigerungen, stammende -Münzen zu weitaus höheren
Preisen als damals verkauft wurden. Die bemerkenswertesten
Preise sind: Nr. 21 Tarentum, Didrachme K 500, Nr. 53 Agri-
gentum, Eitra K 205, Nr. 58 Catana, Tetradrachme K 495, Nr. 60
Catana, Eitra K 395, Nr. 67 Himera, Tetradrachme K 1425,
Nr. 68 Leontini, Tetradrachme K 450, Nr. 70 Desgl. K 790,
Nr. 86 Syracusa, Medaillon von Euainetos K 1200, Nr. 150 Ab-
dera, Oktadrachme K 1225, Nr. 153, 158 Abdera, Tctradrachme