MAK
Nr. 13 
Seite 197 
Aus einem literarischen Handschriftenalbum. 
Von G. Lngelsmann (Wien). 
»Meine Tage sind gezählt, das Leben kurz, die Stamm 
bücher gehen aber ins Unendliche! Gott sei allen armen Schrift 
stellern gnädig!« 
Prag, im März 1839. 
Im Jahre 1874 veröifentliche H. J. Landau unter 
dem Titel »Stammbuchblätter«, »Erinnerungen aus 
meinem Leben«, ein als »Manuskript« gedrucktes Buch, 
welches nebst manchen interessanten persönlichen Er 
lebnissen eine ungemein stattliche Anzahl von Stamm 
buchblättern enthielt, die mit Unterschriften berühmter 
Namen geschmückt waren. Das heißt, einst waren sie 
alle berühmt, aber heute gehören schon viele von ihnen 
zu den Vergessenen, wie H. J. Landau selbst. 
Landau war ein Original, als Mensch vielleicht 
origineller denn als Schriftsteller, was sich auch darin 
äußerte, daß er seine Bücher selbst zum Verkaufe 
brachte. Aber er war ein liebenswürdiger, bescheidener 
Mann, der überall Freunde gewann, wohin er kam, und 
selbst jenen willkommen war, die da wußten, daß sie 
ihm ihren Tribut in Form eines Autographs für sein 
Stammbuch würden leisten müssen. Landau sammelte 
mit einer wahren Leidenschaft die Beiträge für sein 
Stammbuch und er erzählt selbst in anziehender Weise, 
wie diese Passion bei ihm entstand und wie andere ihr 
— frönen mußten. 
In Prag, wo er seine Karriere als Rezensent be 
gann, hat Landau 1839 sein »Album« begonnen und im 
Laufe der Jahre schwoll es zu einem mehrere Hunderte 
Seiten umfassenden Buche an, das er anläßlich seines 
61. üeburastages im Jahre 1874 drucken ließ. Wir greifen 
aufs Geratewohl eine Reihe von Inschriften aus dem 
selben heraus, die teils durch ihren Inhalt, teils durch 
den Namen des Autors Anspruch darauf erheben können, 
auch heute noch gelesen zu werden: 
Landau Worte ins Stammbuch, die deutlich zeigen, wie 
hoch er von Kunst und Künstlern dachte: 
»Der Künstler ist der Märtyrer der Kunst, aber seine 
Thaten sind der Segen Gottes auf Erden.« 
Prag, 20. Febr. 1841. 
Zur freundlichen Erinnerung von 
Oie B. Bull. 
»Dieses Stammbuc'hblatt«, bekennt Landau, »bildete 
den ersten Grundstein zu meinem heutigen reichhaltigen, 
mir unschätzbaren Handschriftenalbum.« In der Tat 
würde dieses Album heute nicht nur in dem Sinne, in 
dem es der arme Schriftsteller ineinte, einen »unschätz 
baren« Wert repräsentieren, denn es würde mit seinen 
Beiträgen von den größten Schriftstellern, Dichtern und 
Musikern seiner Zeit, von den Autographensammlern 
mit Gold aufgewogen werden. 
Im Jahre 1844 ging Landau nach Wien. Fr hielt 
dort humoristische Vorlesungen, machte die Bekannt 
schaft der literarischen und künstlerischen Berühmt 
heiten, die zu jener Zeit nicht so dicht gesät in Wien 
waren, und begnügte sich nicht damit, von ihnen freund 
liche Worte mündlich zu hören. Sie gaben sic ihm auch 
schriftlich für sein Album. Eine merkwürdige Er 
scheinung mag F. Hausner gewesen sein, der damals 
zu den geistvollsten Musikkritikern Wiens zählte, ob 
wohl er stocktaub war. Er muß wohl eine scharfe Feder 
geführt haben, nach den Zeilen zu schließen, die er 
Landau widmete: 
»Ich gebe dir hier Schwarz auf Weiß, 
Daß ich Jakobus Hausner heiß. 
Viel hab' ich zu thun mit Kunstgeschmeiß, 
Dasj Gute lob’, das Schlechte reiß’. 
Ob's von der Seine kommt oder Theiß. 
Wien, 23. Febr. 1845.« 
Eine vergessene Größe ist Oie B. B u 11, dessen Vir 
tuosenberühmtheit einst die Welt erfüllte. Er schrieb 
Fig. 4. Liebermann, Knaben auf Geländer. 
Im Jahre 1842 kam Serval, der sich später den 
Namen des »Alleinherrschers des Cello« erspielte, nach 
Prag. Sein erstes Konzert deckte kaum die Kosten, es 
waren nur wenig Hörer erschienen, die vornehmsten Mit 
glieder der Aristokratie. Servai wollte seine Koffer packen 
und abreisen; Fürst Kamillo Roh an überredete ihn, zu 
bleiben und die angesagten Konzerte zu absolvieren. 
Diese waren in der Tat dann überfüllt. Landau erhielt 
folgende, wohl scherzhaft gemeinte Zeilen von dem 
großen Musiker:
	        
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