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Seite 200 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 13 
In einer sentimentalen Stimmung mochte Ludwig 
August Frankl folgende Verse geschrieben haben: 
»Willst durchs Leben wandern, 
Froh und leicht ans Ziel? 
Hoffe — nichts von andern, 
Von dir selbst — nicht viel! 
Wien, 
Was dich leicht bewahre 
Vor der Men sollen Neid? 
Altersgraue Haare und ein Bettlerkleid. 
1862. 
L. A. Fra n k 1. 
Bodenstedt finden wir mit folgenden Versen 
vertreten: 
»Sammle dich zu jeglichem Geschäfte, 
Nie zersplittere deine Kräfte, 
Teilnahmsvoll erschließe Herz und Sinn, 
Daß du freudlich andern dich verbindest. 
Doch nur da gib ganz dich hin, 
Wo du ganz dich wiederfindest. 
München, Januar 1867. 
F. B o d e n s t e d t.« 
Zum Schluß der Auslese sei noch Rosegger ge 
nannt. Der liebenswürdige Dichter, dessen Ruhm damals 
noch jung, wie er selbst war, schrieb: 
»Ich bin owa vo der Olm un an Steirakopf hon ich, 
Du gibst ma Dei Hand, und ich: Grüß dich Gott ah! 
A wenig singen, a wenig blosn, a wenig Zithernschlagu konn ih, 
Und siach ih a schöns Diandl, a weng bußln konn ih ah! 
Graz, im Dezember 1869. 
P. K. Rosegger.« 
Ach, seither hat Rosegger gezeigt, was er noch 
alles kann! 
Tantalusqualen eines Sammlers. 
Von Max Rotter (Wien). 
Gustav F r e y t a g berichtet in seinen »Erinnerun- 
gen« mit ergötzlichem Fiumor manches von Sammlern, 
mit denen er in Leipzig bekannt wurde. Der erste, von 
dem er erzählt, ist sein Verleger, der Buchhändler 
H i r z e 1, der sich bekanntlich durch seine große, mit bei 
spiellosem Fleiß und Genauigkeit zusamimengestcllte 
Goethe-Bibliothek auch ein großes wissenschaftliches 
Verdienst erworben hatte. Ihn charakterisiert Freytag 
folgendermaßen: »Unter allen anderen (Sammlern) war 
mein Verleger Fl i r z e 1 als Sammler großartig. In seiner 
Bibliothek stand eine Menge der seltensten Drucke aus 
früheren Jahrhunderten versammelt. Seine größte Freude 
aber war das Zusammentragen aller literarischen Er 
zeugnisse, welche irgendwie mit Goethe zusammen 
hingen: Ausgaben seiner Werke, Handschriften, Briefe 
und Bildnisse. Es war ihm gelungen, in seiner Goethe- 
Bibliothek wohl den größten Schatz zu vereinen, 
welchen ein Verehrer Goethes errungen hat, und seine 
Sammlung hat auch in unserer Literaturgeschichte die 
verdiente Würdigung gefunden. Ihm konnte man kein 
größeres Vergnügen bereiten, als wenn man ihm einen 
Brief des großen Dichters spendete, und seine Augen 
strahlten vor Freude, wenn er ein neuerworbenes Stück, 
das noch ungedruckt war und einigen Inhalt hatte, den 
Vertrauten vorzeigen konnte.« 
Man kann sich bei der leidenschaftlichen Goethe 
liebe Hirzeis eine Vorstellung von den Tantalusqualen 
machen, die dieser erlitt, als ihm ein anderer eifriger 
Sammler — dessen Neigungen aber auf einem anderen 
Gebiete lagen — eine ganze Kollektion von Goethe- 
Briefen lockend in Aussicht stellte, aber immer wieder 
die Stillung seiner Sehnsucht verschob. Dieser zweite 
Sammler war ein berühmter Gelehrter, der hervor 
ragende Jurist Böcking aus Bonn. Dieser kam, wie 
Freytag weiter berichtet, »wohl jedes Jahr einmal zu 
uns und den Leipziger Antiquarien und hatte immer 
etwas Seltenes in der Tasche oder in Aussicht, er war 
ungemein gewandt im Entdecken verborgener Schätze 
und sorgte auch für die Liebhabereien seiner Freunde. 
In diesem großen Gelehrten war eine seltsame Mischung 
von rücksichtsloser Derbheit und sentimentaler Weich 
heit, er wechselte leicht mit Gunst und Abneigung, 
strich sich die Menschen gern weiß oder schwarz an und 
wollte nicht leiden, daß die, welche für ihn gerade weiß 
waren, mit den Schwarzen irgendwie Gemeinschaft 
pflogen. So oft einer von uns nach Bonn kam, übte er 
seine Tyrannei. Mit Hirzcl stand er in alter Bundes 
genossenschaft, diese aber war mit dem anspruchsvollen 
und launischen Wesen des Freundes in der Stille gar 
nicht einverstanden und Böcking, der große Zuneigung zu 
ihm hatte, merkte das wohl auch. Als er nun einmal nach 
Leipzig gekommen war, zog er bei Hirzcl eine dicke 
Rolle aus der Tasche und knotete sie bedächtig 
auf: es war eine Sammlung kostbarer unge 
druckter Briefe von Goethe, die er im Elsaß 
aus dem B r i o n sehen Nachlaß erworben hatte. Hirzel 
blickte starr auf den Schatz und Böcking weidete sich an 
der aufsteigenden Sehnsucht, die er wohl erkannte. Als 
er dem Freunde eine Ahnung von dem unschätzbaren 
Werte dieses Besitzes gegeben, packte er die Briefe 
wieder zusammen, steckte sie ein und sagte nachdrück 
lich: »Diese Sammlung ist für Sie bestimmt, Sie haben 
mich aber in der letzten Zeit schlecht behandelt, und ich 
muß die Zuteilung von Ihrem Verhalten gegen mich ab 
hängig machen. Bin ich einmal zufrieden, so bekommen 
Sic einen Brief. Nun waren der Briefe sehr viele und 
Böckings Zufriedenheit mit einem Mitmenschen unbe 
rechenbar. Vergebens bäumte sich Hirzel gegen diese 
grausame Verheißung auf, Böcking hielt die Seele des 
Sammlers schadenfroh an den Flügeln fest. Von da an 
sandte er dern Freunde zuweilen am Geburtstag und zur 
Weihnacht einen einzelnen Brief aus dem Bündel, 
den Hirzel jedesmal mit gemischten Gefühlen aufnahm. 
Als aber einige Jahre darauf Hirzel nach Bonn kam und 
gegen die Forderung Böckings, bei ihm zu wohnen, 
mannhaft im Gasthofe einkehrte, erschien Böcking mit 
einer Droschke vor dem Gasthof, ließ Hirzeis Gepäck, 
trotz aller Einwendungen, gebieterisch durch den Haus 
knecht aufladen und entführte den Gast in seine 
Wohnung. Dort lud er ihm einige Bekannte zum Essen; 
als Hirzcl seine Serviette auseinanderschlug, fand er das 
Bündel Briefe als Angebinde darunter.«
	        
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