MAK
Seite 218 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 14 
goni oder anderes teures Holz. Man wird jedoch heute, 
von Einzelfähen abgesehen, in denen Menschen nur in 
blonden Holzarten (Kirsche, Birke, Esche) den Ausdruck 
ihrer Wesensart erblicken, beim Bau der Bibliothek eher 
nach dunklem, ruhigem Holz greifen und auch bei reicher 
durchzubildenden Räumen vor all Om stille Sachlichkeit 
wirken lassen. Daß man früher über diese Dinge anders 
dachte, beweist zürn Beispiel die heitere, reizvolle, aber 
im Raum etwas gezwungene Rokokobibliothek 
Friedrichs des Großen in einem runden Raum 
des Schlosses Sans souci in Potsdam. 
Noch einige allgemeine Bemerkungen: Kostbare, alte 
Bücher sollen immer wohl von Türen geschützt, even 
tuell auch vom Tageslicht entfernt werden. Immer wird 
die zu nahe Nachbarschaft von Beheizungskörpern als 
den Büchern gefährlich zu vermeiden sein. Der Sitz- 
rnöbel seien wenige, doch diese sehr bequem und vom 
kleinen Stuhl bis zum Klub- und Streckfauteuil in ver 
schiedenen Formen, damit beim langen Sitzen verschie 
denartige bequeme Positionen eingenommen werden 
können. Die künstliche (natürlich am besten elektrische) 
Beleuchtung sei nicht zu grell, neben von unten be 
schirmten, von der Decke hängenden Lampen seien 
kleine, auf das Buch einstellbare beschirmte Leselampen, 
sowie womöglich den einzelnen Bücherregalen ent 
sprechende, separat ein- und auszuschaltende Lampen 
vorhanden. 
In freien Wandflächen, soweit solche vorhanden sind, 
nicht höher als mit dem Oberrand, etwa 180 Zentimeter, 
wird man vielleicht am besten gute Radierungen, even 
tuell in ihren Rahmen auswechselbare, hängen, um nach 
Tag und Laune geeignete, immer wechselnde Samm 
lungsstücke auf sich wirken zu lassen. Für viele Bilder 
wäre die Nähe der dunklen, oft vielfarbig gebundenen 
Bücher nicht vorteilhaft. Am dafür bestimmten Platz, ins 
Holzpaneel eingelassen, zum Raum gestimmt, wird nur 
e i n bedeutsames Bild als einziger Wandschmuck am 
besten passen. 
Dies wären einige flüchtige Andeutungen über 
Bibliothekseinrichtungen. Bei aller Ruhe der Ausgestal 
tung bleibt dann erst dem Architekten die höchst reiz 
volle Aufgabe, nicht nur dem bestimmten Menschen, 
sondern auch der bestimmten Sammlung ein der Gesamt 
note entsprechendes Milieu zu schaffen. 
Kunstschätze auf einem ungarischen Edelhofe. 
In den moosbedeokten alten ungarischen Edelhöfen, so 
lesen wir im »N. Pester Journal«, finden sich gar manche 
Dinge, die von den wechselnden Besitzern ganz unbeachtet, 
in beschaulicher Ruhe Jahrhunderte überdauern. Oft sind es 
wahre Schätze, wenn auch nicht ihrem inneren Werte nach, 
so doch vermöge ihres Ursprunges, stumme Zeugen alter 
ungarischer Kultur, die oft nur durch Zufall Fachleuten unter 
die Augen kommen, die die hier kaum beachteten Dinge ihrem 
wahren Werte nach erkennen und zu schätzen wissen. Syste 
matische Sammlungen antiker Kunstgegenstände aber finden 
sich nur wenige im Privatbesitz. Von einer solchen besonders 
wertvollen Sammlung erhielten wir durch einen Gewährsmann 
Kenntnis, dessen Schilderung wir die nachfolgenden inter 
essanten Einzelheiten entnehmen. 
Derjenige, der diese Sammlung, ein Werk emsigen 
Fleißes und Ausdauer, sein Eigen nennt, ist der Besitzer des 
uralten Tinnyeer Dominiums, der nunmehr sicbenundsiebzig- 
jährige Geza Väsärhelyi, der im Juli 1854, also vor sechzig 
Jahren, diese Sammlung angelegt hat, deren Stock eine Reihe 
Jahrhunderte alter Ahnenporträts bildeten. Geza Väsärhelyi 
erweiterte diese kleine Sammlung zwölf Lustren hindurch zu 
einem überaus reichhaltigen und wertvollen Museum, gefüllt 
mit Unika, welche anzustaunen ausländische Gelehrte von weit 
und breit herbeiströmen. Vor allem die Porträts, die Bildnisse 
Samuel Väsärhelyis, Vilrna Läßlowskys und des Obersten Anton 
Zsitvay, der bei der Belagerung von Paris die ungarischen 
Truppen geführt hatte, die Silhouetten der Mednyänßkys, 
Andreänßkys und einige prächtige Pastelle aus dem XIII. Jahr 
hundert, ein auf ein Stück Brett gemaltes Oelporträt des 
Fürsten Siegmund Bäthory aus dem Jahre 1527 und ein Bildnis 
Siegimund Räkoczis. Ein interessantes Sprachdenkmal aus dem 
XVI. Jahrhundert bildet ein kleines, in Schweinsleder ge 
bundenes Gebetbuch, dessen Einband das Bild des Erlösers 
schmückt. Die Schrift ist ein Meisterwerk der Kalligraphie, die 
sorgfältig ausgeführten, mit Gold und Zinnober gemalten 
Initialen zeugen von einer bewundernswerten Miniaturkoinst. 
Den größten Stolz des Mussums aber bildet eine voll 
kommen erhaltene, mit künstlerischen Ornamenten ge 
schmückte Streitaxt, welche in Gesellschaft alter ungarischer 
Waffen, Pfeile, Streitkolben etc., die Wand ziert. Die in Räcz- 
keve gelegentlich eines Dammbaues gefundene Streitaxt wurde 
von dem berühmten Archäologen Florian Römer seinerzeit 
als aus der Arpädenzeit stammend erkannt, der sie auch an 
läßlich eines in Paris abgehaltenen archäologischen Kongresses 
den dort versammelten Gelehrten demonstrierte, wenn auch 
dieser Ursprung von Franz Pulßky und dem sächsischen 
Forscher Deutsch angezweifelt wurde, welche die Her 
stellung als persische Arbeit deklarierten und in das 
IX. Jahrhundert verlegten. 
Einen weiteren Schatz der Sammlung bildet eine 
aus dem Jahre 1604 stammende Uhr. die dem Obersten 
Zsitvay bei der Einnahme von Paris als Beute in. die 
Hände fiel. Die Uhr soll eigentlich aus dem Bourbonen 
schloß stammen. Der Mechanismus der Uhr ist überaus kom 
pliziert und widerstand bisher den Versuchen auch der ge 
schicktesten Uhrmacher, das Werk wieder in Gang zu bringen. 
Auch die numismatische Sammlung enthält so manche Unika. 
So finden sich da aus Lydien stammende Münzen aus den 
Jahren 238 bis 235 v. Chr. Die Sammlung enthält ferner 
prächtige Exemplare versteinerter Schnecken aus der Tertiär 
periode, Originaldokumente iri der Glagolit-Sprache, Diplome 
aus dem XIII. Jahrhundert. 
Die Vitrinen bergen urzeitiiehe Tongefäße. Werkzeuge, 
Waffen und Hausgeräte. 
In dem Museum sind auch sonst sehr interessante und 
bemerkenswerte Dinge zu sehen, und unser Gewährsmann rät 
jedermann, der Sinn und Verständnis für solche Antiquitäten 
hat, den alten gastfreundlichen Herrn in seinem Tinnyeer 
Tuskuhim aufzusuchen, der erst vor kurzem in aller Stille das 
sechzigjährige Jubiläum des Bestandes des eigenartigen 
Museums gefeiert hat. Der Besuch des uralten ungarischen 
Dominiums muß jedenfalls ein interessanter und lohnender sein.
	        
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