Nr. 14
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 219
Chronik.
Autographen.
(FlaU'bert-Manuskripte.) Die Nationalbibliothek
von Paris hat eine Anzahl wichtiger Manuskripte F 1 a u-
berts erhalten, die bisher der Frau F r a n k 1 i n - G r o n t,
einer Nichte und Erbin Flaubcrts, gehörten, die die Papiere
der Bibliothek als Geschenk überwiesen hat. Es sind darunter
die Urschrift und ein erster Entwurf von »Salambo« und
mehrere andere kürzere Erzählungen. Das Manuskript von
»Salambo« läßt drei Skizzen des Werkes erkennen: den ur
sprünglichen Entwurf, eine Kopie, die von der Hand Flauberts
korrigiert ist, und dann eine große Anzahl von Notizen der
Vorarbeiten. Das Manuskript der »Madame Bovary« hat Frau
Franklin-Gront der Bibliothek von Rouen geschenkt. Alle diese
Manuskripte Flauberts bleiben unter Siegel bis zum Jahre 1930.
(Seltene Autographen.) Lukretia, die be
rühmte und vielumstrittene Tochter des Borgia-Papstes Alex
ander VI., die Schwester Gesare Borgias, hat in der Ge
schichte einen besonderen Platz eingenommen, und eingehend
beschäftigte sich die Forschung mit ihrem Lebcnsschicksal. Als
sie 20 Jahre zählte, war sie bereits zum drittenmal verheiratet,
ihr dritter Gemahl war Alfonso d’E s t e, der Herzog von
Ferrara, Bruder des Kardinals, der zu Tivoli die prachtvolle
Villa d’Este erbauen ließ. Als Lukretia 40jährig starb, hinter
ließ sie den Ruf einer schönen und liebenswürdigen Freundin
und Beschützerin der Künste, und die Historiker späterer Jahr
hunderte haben ihr Bild von dem Schatten vieler jener Ver
brechen gereinigt, die mit ihrer Jugend verknüpft wurden. Nun
ist die Erinnerung an sie irn Auktionssaal wieder erweckt
worden: bei Sotheby in London kam vor kurzem ein
eigenhändiger Brief der schönen Lukretia unter den Hammer
und entfesselte unter den Sammlern einen heißen Wettstreit.
Die fein und sauber beschriebene Folioseite hat Lukretia am
14. Jänner 1502 mit ihren Schriftzügen bedeckt, um ihrem
»höchst verehrten und illustren Bruder«, dem Kardinal d’Este,
mit anmutigen Worten und im Tone frauenhafter Demut für ein
prachtvolles Halsband zu danken, das der Kardinal der schönen
jungen Schwägerin geschickt hatte. Der Brief wurde schließ
lich für die stattliche Summe von 49 0 0 Mark zugeschlagen.
— Ein lebhafter Kampf entbrannte dann um eine Anzahl Doku
mente, die sich auf das Leben und das Schicksal der Maria
Stuart beziehen; das Hauptinteresse erregte dabei ein
eigenhändiger Brief der unglücklichen Schottenkönigin, der an
den »Count Rheingrave« gerichtet war. Der Brief, ein Folio
blatt, das vorn 21. September 1563 aus Stirling datiert ist und
von der Rückgabe von Havre de Grace handelt, schließt mit
der Unterschrift »votre bien bonne amie, Marie R.« und wurde
mit 2000 Mark bezahlt. Ein drittes interessantes Schriftstück
stammte von dem Herzog von Alenpon, aus der Zeit, da
dieser unglückliche Zwerg, der jüngste Sohn der Katharina
von Medici, um die Königin Elisabeth freite. Er geriet dabei in
Geldverlegenheit, und am 5. November 1581 schrieb er dringend
an seinen Bruder Heinrich III. mit der Bitte, ihm »en toute
extresme diliganse« 50.000 Kronen zu schicken. 14 Tage später
küßte Elisabeth den Alengon, steckte ihm einen Ring an den
Finger und verkündete öffentlich die Verlobung. Jener Brief
des armen Zwerges fand einen Liebhaber, der 900 Mark für
das Schriftstück anlegte.
Bibliophilie.
(Hohe Preise bei der Versteigerung der
Sammlung H u t h.) Bei Sotheby in London hat die
Versteigerung der vierten Abteilung der berühmten Bücher-
sammlung H u t li begonnen und zum Teile geradezu sensa
tionelle Preise gezeitigt, die in den meisten Fällen von dem
amerikanischen Sammler G. D. S m i t h geboten wurden. Als
vor einigen Jahren das mit einer eigenhändigen Widmung des
Dichters an Francis Grane und mit mannigfachen handschrift
lichen Randbemerkungen versehene Exemplar von Ben Jonsons
»Sejanus His Fall«, 1605 mit 4410 Mark bezahlt wurde, hielten
europäische Bibliophilen das für einen recht guten Preis. Wie
sehr die Großzügigkeit der amerikanischen Biiohersammler ge
wachsen ist, zeigt sich darin, daß Smith für das Buch nunmehr
nicht weniger als 18.000 Mark angelegt hat. Das »Catholicon«
des Joannes Baibus, 1460, wurde vor kurzem mit 8800 Mark
versteigert; das Exemplar der Sammlung Huth erzielte jetzt
15.200 Mark, wobei wiederum Smith der Käufer war. Für die
»Masque of Qucenes«, 1609, legte der Amerikaner 4900 Mark
an, für »The New Life of Virginia« von Robert Johnson, 1612,
zahlte der Amerikaner 4300 und für einen zweiten, nicht authen
tischen Quarto des »John of England«, 1611, Marlowe, Rowley,
Greene und Peel zugeschrieben, und Shakespeares Quelle für
seinen König Johann 3400 Mark. Für die »Foeticall Exercises
at Vacant Hours« von Jakob I., Edinburgh 1591, wurden 1620
Mark erzielt; das Werk trägt folgende Drohung des königlichen
Verfassers an die Leser: »Roh und ungefüge, wie sie sind,
bringe ich sie Dir dar. Eine gute Aufnahme wird mich veran
lassen, mich zu beeilen, Dir meine Apokalypse darzubringen
und auch so viel Psalmen, als ich fertiggestellt habe, und
wird mich ermutigen, die übrigen zu vollenden.« Für
einen Band »König Lear« .aus dem Jahre 1605 wurden
49.400 Mark bezahlt. Das Buch enthält aber nicht das
Shakespearesche Stück, sondern eine Bearbeitung. Von dern
Werk sind noch zwei weitere Exemplare bekannt, die sich
im britischen Museum befinden.
(Ein neuer Beethoven -Erstdruck.) Professor
Fritz Stein in Jena, dem glücklichen Entdecker der nach dem
Orte ihrer Auffindung benannten Jenaer Sinfonie Beethovens,
ist es vergönnt, die musikalische Welt wieder mit einem »neuen«
Beethoven bekannt zu machen. Er gab im Verlage von Breit
kopf & Härtel in Leipzig soeben die Variationen über ein Thema
aus Mozarts Don Juan (Reich mir die Hand, mein Leben) für
2 Oboen und Englisch Horn (oder 2 Violinen und Viola) auf
Grund des jetzt in der Kgl- Bibliothek in Berlin befindlichen
Beethovenschen Originalmanuskriptes heraus, die bisher über
haupt noch nicht irn Druck erschienen waren. Die Variationen
entstammen wahrscheinlich der gleichen Zeit, in der Beethoven
das bekannte Trio der gleichen Besetzung, Op. 87, komponierte,
also dem Jahre 1795, oder auch früherer Zeit. Sie verdanken
ihre Entstehung zweifellos Anregungen, die der Komponist
durch Aufführungen von Künstlern erhalten hatte. Vielleicht
einer Aufführung in der Tonkünstlergesellschaft in Wien vom
23. Dezember 1793, auf deren Konzertzettel verzeichnet war:
Ein neues Terzett für 2 Oboen und I englisches Horn, von der
Erfindung des Herrn Wendt, vorgetragen von den Herren
Brüdern Johann, Franz und Philipp Teirner. Sicherlich werden
die Variationen bald auch im Konzertsaal erscheinen.
(Altkoreanische D r u c k s t ö c k e.) In der süd
lichen Kyongsang-Provinz in Korea liegt in der Nähe von
Hyopehon ein uralter Tempel. Haiin-sa mit Namen, der noch
heute einige hundert Mönche beherbergt. Der Tempel befindet
sich inmitten eines wundervollen Hains mit alten Bäumen, hinter
ihm steht ein gleichfalls überaus altes Seitengebäude mit ge
teiltem Dach. Hier wurde nun vor kurzem von dem neuen
japanischen Gouverneur der Provinz, S a s a k i, eine Sammlung
von Holztafel n entdeckt. Blöcken, wie sie vor der Erfin
dung beweglicher Typen in Korea zum Druck von buddhistischen
Gebetbüchern (Sutren) benützt wurden. Die Zahl der Tafeln
wird auf 86.686 angegeben, ihr Alter auf 800 Jahre. Das Ge
bäude. die Bibliothek, in der sie sich befinden, ist ausgezeichnet
erhalten. Die Mönche erzählen, daß die Sperlinge, die zu
Tausenden in der Umgegend zu finden sind und auch im Tempel