MAK
Nr. 14 
Seite 211 
Internationale Sammler-Zeitung. 
Erzherzogs weilten, versehen, sandte ihnen der zärtliche 
Vater Qrußkarten. Noch am Morgen des schrecklichen 
28. Juni schickte der Erzherzog an seine Kinder und an 
zahlreiche Bekannte etwa hundert Ansichtskarten aus 
Sarajevo, die er unterschrieben hatte. Sie sind durch 
das tragische Ereignis zu Reliquien geworden. 
Gleichermaßen wie Kunstfreund war der Erzherzog 
auch Naturfreund. Seinen Gartenanlagen in Konopischt 
hat er zu einem Weltruf verholten. Kaiser Wilhelm, 
der sie im vorigen Jahre bewundert hatte, kam heuer 
eigens im Mai zu seinem Freunde nach Konopischt, um 
die Blumen in ihrer vollen Pracht zu schauen. Der Erz 
herzog verstand trefflich die Bodenmischung und die 
Pflege der Pflanzen. Man erzählt von ihm, daß er selbst 
den Ort angab, wo ein Beet angelegt werden sollte: an 
den Stellen, wo er Baumpflanzungen haben wollte, stellte 
er Bedienstete auf, um den Eindruck, den das Arrange 
ment machte, zu prüfen. 
Kunst und Natur waren die starken Wurzeln der 
Kraft Franz Ferdinands. Man sagt ihm nach, daß er 
manchem in der Kunst unserer Tage feindlich gegenüber 
stand. Jawohl, er war stark genug, um abzulehnen, was 
die Mode geschaffen hatte, wenn es seinem gesunden 
Kunstempfinden widerstrebte. In diesem Sinne ver 
zichtete er darauf, ein Moderner zu sein. Wie aber auch 
immer die zeitgenössische Kunstkritik zu dem verstor 
benen Erzherzog sich stellen mag, unbestritten bleibt, 
daß die Kunst in ihm einen Erhalter verloren. Die große, 
weltumfassende Gemeinde der Sammler aber legt 
schmerzerfüllt einen Immortellenkranz auf das frische 
Grab Franz Ferdinands, der immerdar als Vorbild für 
die Sammler glänzen wird. 
Die Neuerwerbungen der Wiener Hofmuseen. 
Der uns vorliegende Bericht über die Neuerwer 
bungen der Wiener Ffofrnuseen, im Jahre 1913 gibt ein 
erfreuliches Bild von der steten Fürsorge, die den kaiser 
lichen Instituten gewidmet wird. Keine der vielen Ab 
teilungen ist stiefmütterlich behandelt; man spürt aus 
allem die sichere Hand, die die richtige Wahl zu treffen 
weiß und frei von jeder Engherzigkeit nicht zaudert, 
Fig. 1. Uschepti-Figürchen. 
wenn cs sich darum handelt, etwas tiefer in den Säckel 
zu greifen. Doch lassen wir den Bericht für sich selbst 
sprechen: 
Unter dom Zuwachse der ägyptischen 
S a m m 1 u n g zeichnet sich die Auswahl wichtiger Fund 
stücke, welche die Grabungen der Wiener kaiserlichen 
Akademie der Wissenschaften auf mehreren Feldern (in 
Turati bei Kairo, bei der großen Cheops-Pyramide dort- 
selbst, in El Kubanieh und in Ermcnne und Toschke) zu 
tage förderte, durch besonderen Kunst- und Geschichts- 
wert aus. Durch Ankauf gelangten an die ägyptische 
Sammlung ein ungewöhnlich großer Scarabäus aus der 
Zeit Amenhoteps III. mit einer interessanten Inschrift 
biographischen Inhaltes und ein Uschepti-Figürchen aus 
glasierter Fayence von selten feiner Ausführung (siehe 
Fig. 1). 
Unter den Neuerwerbungen der Sammlung 
griechischer und römischer Altertümer 
Fig. 2. Büstchen des Dionysos. 
nimmt ein Paar goldener Armringe die erste Stelle ein. 
Sie stammen aus der antiken Ansiedelung Vimina- 
c i u m bei Kostolac am serbischen Donauufer und sind 
Grabbeigaben von höchst eigenartiger Technik und Ver 
zierung, welch letztere auf die Zeit der Wende des III. 
und IV. Jahrhunderts nach Christi weist. Etwa derselben 
Epoche gehört ein kleines Glas auf Goldgrund an, das 
bei P 1 e v 1 j e im Sandschak Novibazar gefunden wurde. 
Es stellt ein schreitendes Pferd dar, dem sein Name 
»Beatus« beigeschrieben ist und das durch den daneben 
angebrachten Palmzweig als Rennpferd gekennzeichnet 
ist. Das Objekt dürfte einst als Schmuckstück gefaßt
	        
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