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Internationale Sammler-Zeitung
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bisherige Erlös 4 Millionen übersteigen. Der höchste Preis, der
am letzten Vej steigerungstage bezahlt wurde, fiel auf ein illu
striertes Exemplar von Ly so ns' »Environs of London«, das
11.600 (vik. brachte. Ein Manuskript des 1b. Jahrhunderts,
»Statuta Civitatis Londoniarum«, erzielte 3040 Mk., 1876 hatte
es 900 Mk. gekostet. Ein Exemplar von »Look about you«, 1600,
erzielte 2070 Mk„ das Stück hatte 1869 285 Mk. gekostet. Für
Lovelace, »Lucasta«, 1649, wurden 2900 Mk. bezahlt, das
Wenk hatte Huth 1871 für 105 Mk. gekauft. Für Luthers
»contra Henricum Regem Angliae«, 1522, ein Widmungsexem
plar der ersten Auflage, hatte der Sammler 1856 42 Mk. bezahlt;
bei der jetzigen Auktion brachte das Stück 1320 Mk. Für »The
Churle and the byrde«, 1555, acht Blätter, hatte Huth 540 Mk.
angelegt, jetzt brachte das Werk 4500 Mk. Ly ly s »Alexander,
Campaspe and Diogenes«, 1854, wurden 4800 Mk. bezahlt; 1868
wurde das Exemplar für 52 Mk. gekauft. Betreffs der König
Lear-Ausgabe, für die, wie schon gemeldet, 49.900 Mk. erzielt
wurden, ist noch zu bemerken, daß es sich um das anonyme
Drama handelt, dem Shakespeare in großen Umrissen
seine Handlung entnahm. Das unscheinbare kleine Buch führt
den Titel »Die wahre Chronik und Geschichte von König Leir
und seinen drei Töchtern, Gonorill, Ragan und Cordelia, wie
sie früher gespielt worden ist«; es .ist von Simon Staf f o rd
für John Wrigfit 1605 gedruckt worden und wurde damals
für 18 Pence verkauft. Nur noch zwei andere Exemplare außer
dem der Huth-Sammlung sind bekannt; sie befinden sich beide
im Britischen Museum. In der ersten Ausgabe des Shakespeare
seben Stückes, von der sich übrigens auch in keiner englischen
Privatsammlung mehr ein Exemplar befindet, hatte der Titel
noch folgenden Zusatz: »Mit dem unglücklichen Leben Edgars,
Sohns und Erben des Grafen von ülostcr, und seinem trüb
sinnigen und angenommenen Humor des tollen Tom.« Ein
Exemplar der Shakespeare-Quarto wurde 1905 für 18.000 Mark
verkauft. Aber der damalige Kampf ist in nichts mit dem wahr
haft homerischen Ringen zu vergleichen, das diesmal um die
Quarto von 1605 anhob. Zwei zähe und mächtige Kämpfer
waren auf dem Plan, Edmund Dring, der Nachfolger des
großen Antiquars Quaritsch, und G. D. Smith aus New-
york, so daß sich das Bieten gleichsam zu einem Wettbewerb
zwischen England und Amerika gestaltete. Voll Stolz berichten
die englischen Blätter, daß der Engländer Sieger blieb, und sie
schildern alle Phasen dieses aufregenden Duells mit 100 Pfund-
Scheinen. Zunächst blieb der Gegner des Amerikaners unsicht
bar: Dring hatte dem Auktionator den Auftrag gegeben, für ihn
bis 30.000 Mark zu bieten. Als aber das Gebot auf 30.200 Mark
stieg, da bekam Smith endlich seinen Gegner zu sehen, und nun
standen die beiden Rivalen Auge in Auge einander gegenüber
und wandten alle Kniffe des Bietens an. Bald schleuderte der
eine blitzschnell sein Gebot dem anderen ins Gesicht, dann
wieder folgten lange Pausen der Ungewißheit. Als man bei
46.000 Mark angelangt war, ermunterte der Auktionator den
Amerikaner, indem er sagte: »Wenn Sie sieh’s in Dollars um-
rechneti, Mr. Smith, dann ist’s noch gar nicht so viel.« Aber
nach dem Gebot des Engländers von 49.400 Mark zuckte der
Newyorker Champion die Achsel, schrieb sich resigniert den
Preis in seinen Katalog ein und gab das Rennen auf. Huth hatte
1865 für diese Quarto, die nun einen so gewaltigen Rekord auf
gestellt hat, bei der Versteigerung der Sammlung H a 11 i w e 11
4200 Mark bezahlt.
Bilder.
(Ein neues Gemälde von Michelangelo.) Tn
englischen Kunstkreisen erregt die Entdeckung; eines Bildes,
das von Kennern Michelangelo zugeschrieben Wird, großes
Aufsehen. Es handelt sich um eine Darstellung der Szene, in der
Christus dem ungläubigen Thomas seine Wundmale zeigt; der
Heiland und Thomas stehen im Vordergrund, im Hintergrund
gewahrt man sechs weitere Gestalten. Die Figuren sind fast
lebensgroß. Her gegenwärtige Eigentümer des Werkes, Mr.
G. H. Dutt o n aus Chester, kaufte das Bild, ohne seinen
hohen Wert zu kennen. Seit mehr als 30 Jahren befand sich das
Werk im Besitze einer in Chester alteingesessenen. Familie, die
dem ererbten Stück keine Bedeutung zumaß und es schließlich
in einem Möbelschuppen unterbringen ließ. Der Besitzer wurde
es müde, regelmäßig Lagergeld dafür zu entrichten, und ließ
das Bild zusammen mit allerlei Trödelware versteigern. »Mir
gefiel das Bild,« erzählte Dutton, »und ich hatte das Gefühl,
es müsse doch einen Wert haben. So erstand ich es denn —
fast umsonst. Ich zeigte es dann einer Reihe von Kunstsachver-
ständigen, denen sofort die Verwandtschaft mit der Arbeitsweise
Michelangelos auffiel.« Das Gemälde ist am Boden etwas an
gebrannt, und man vermutet, daß es in den Tagen der Revolu
tion aus einer französischen Kirche gerettet wurde. Dutton
sind für das Gemälde bereits 200.000 Mark geboten worden, aber
er hat diesen Vorschlag abgelehnt, da er glaubt, erheblich mehr
erhalten zu können.
(GiorgioneoderTizia n?) In der Ausstellung vene-
tianischer Gemälde im Burlington ine Arts Club in London
erregt besondere Aufmerksamkeit ein Gemälde »Die Zigeunerin«,
über das unter den Kunstgelehrten ein lebhafter Streit herrscht.
Bei der Versteigerung der Crespi-Galerie aus Mailand, die im
Juli in Paris stattfand, fehlten einige der besten Werke; mehrere
hatte die italienische Regierung in Anspruch genommen und
andere waren von Kunsthändlern vorher erworben worden.
Unter den letzteren befand sich »Die Zigeunerin«, die von
Wildenstein erworben und dann in den Besitz von Mr.
Cook übergegangen ist. Das Bild zeigt zunächst, wie weit die
Anschauungen auch der besten Sachverständigen auseinander
gehen können. Vor 14 Jahren wurde eine illustrierte Beschrei
bung der Crespi-Sammlung von dem ausgezeichneten Ge
schichtsschreiber der italienischen Kunst V c n t u r i veröffent
licht, der eine Anzahl Seiten darauf verwandte, nachzuweisen,
daß das Bild, das in einem Dokument von 1641 Tizian zu-
geschriebcn wird, in Wirklichkeit von einem Maler zweiten
Ranges, Bernardina L i c i n i o, stamme. Vcnturi ist inzwischen
Kunstbeirat der italienischen Regierung geworden und hat als
solcher darüber zu entscheiden, ob ein Gemälde aus Italien aus
geführt werden darf oder nicht. Er hielt an der einmal ver
öffentlichten Meinung fest, und so konnte das Bild, dessen Ver
kauf ins Ausland niemals gestattet worden wäre, wenn er darin
einen Tizian gesehen hätte, sicher die Grenze überschreiten.
Seitdem ist das Gemälde einer gründlichen Reinigung durch
Professor Cavenaghi unterzogen worden, und nun erklärt
der bekannte Kunsthistoriker Berenson, der in England und
Amerika als größte Autorität in Sachen der italienischen Kunst
gilt, das Gemälde wäre nicht nur ein Originalbild von Tizian,
sondern sogar eines der schönsten Werke des Meisters, das
existiert! Alle Beurteiler, die es jetzt in London gesehen haben,
sind einmütig der Ansicht, daß es auf alle Fälle ein prächtiges
Original ist. Mr. Cook, der im Jahre 1900 in seinem Buche über
Giorgione ausführlich darüber gesprochen hat, ist noch
immer der Meinung, daß es von Giorgione begonnen, nach
seinem frühen Tode aber von seinem großen Schüler Tizian
vollendet wäre. Einige Anzeichen deuten darauf hin, daß der
Marmorbalkon auf dem Bilde einige Jahre später als die Figur
gemalt ist, und dies spräche für die doppelte Urheberschaft
Giorgiones und Tizians. Im allgemeinen neigt man jedoch zu
der Ansicht, daß es sich um einen frühen Tizian handelt, und
zwar um ein schönes Werk seiner Hand, wenn auch nicht alle
ihm denselben hohen Rang zuweisen wollen wie Berenson, Cook
erblickt darin ein Porträt der Caterina Cornaro, der Ex
königin von Cypern, aber auch diese Frage haben die Kunst
historiker noch endgiltig zu lösen.
(Die Fresken im Kloster Strahov.) Die Prager
»Union« schreibt: Vor einiger Zeit wurde es bekannt, daß im
Kloster Strahov Freskengemälde aufgedeckt wurden, welche