MAK
Seite 250 
Nr. 16 und 17 
Internationale Sammler -Zeitung 
In Di na. nt hat das hervorragende Bauwerk der Stadt, 
die frühgotische Frauenkirche, durch den Brand das Dach mit 
dem barocken Glockenturm verloren. Der Steinbau ist sonst 
erhalten, das Innere nicht betroffen worden, so daß selbst das 
große moderne Glasgemälde unversehrt blieb. Die - kunst 
geschichtlich nicht bedeutenden — Kirchengeräte sind ge 
rettet und unter der Obhut des Geistlichen. 
Auf Wunsch des Leiters der königlichen Gemäldegalerie 
in Brüssel Professor F'iereus-Geraert habe ich am 24. Sep 
tember festgestellt, daß in der Pfarrkirche von Saventhcn 
das Altarbild mit dem St. Martin, ein ausgezeichnetes Jugend 
werk von van Dyk, im besten Zustande noch an Ort und 
Stelle ist. 
Zwei aus einer durch Granaten zerstörten Kapelle in 
Eppeghem durch den Leutnant i. R. Schlüter gerettete 
und dem kaiserlichen Gouvernement übergebene Altarbilder 
(eines von P. J. Verhagen) sind gegen Quittung dem be 
kannten Konservator Professor I'iere us - Ger aert zur Auf 
bewahrung in der königlichen Brüsseler Galerie ausgefolgt 
worden. 
Eine Komödie über Kunstsammler. 
„Die Venus mit dem Papagei.“ 
Von Dr. Moritz Necker, Dozent an der Akademie für Musik und darstellende Kunst (Wien). 
Aristophanes hat sich über die Philosophie, Moliere 
über die Ärzte, Anzengruber über die Theologen lustig ge 
macht, es gibt keinen Stand und keine Fakultät, an der nicht 
die Komödienschreiber und Satiriker seit jeher ihren Schnabel 
gewetzt hätten warum sollten die Kunsthistoriker gerade 
von ihrem Spott verschont bleiben? Weder den Juristen, noch 
den Medizinern, noch den Philosophen hat der Spott der 
Komödianten jemals Schaden gebracht, jeder Beruf hat seinen 
Humor und die Kunstgeschichte wie die Kunstkennerschaft, 
Sammlerschaft und Handelschaft haben ihn auch, und nicht am 
wenigsten schon darum, weil in diesem Bereiche menschlicher 
Forschung die Bewertung der Dinge mehr als in einem anderen 
von der persönlichen Stimmung, Begabung und Einsicht des 
einzelnen Werteschaffers abhängt, die Mode spielt auch hier 
eine große Rolle, Kunstwerke, die gestern mit Gold aufgewogen 
wurden, werden heute geringschätzig in den Winkel geschoben, 
der Dilettantismus im Urteil kann sich hier breiter als sonstwo 
machen, und was die Kunstfälscher geleistet haben und oft 
die einsichtsvollsten Kenner aufs Eis führte — man denke 
an die berühmte Tiara des Saitaphernes oder an die genialen 
Nachahmungen antiker Plastiken in der Renaissancezeit, von 
denen eine auch einem Michel Angelo nachgesagt wurde — 
das wird ewig Stoff für Heiterkeit bieten. 
Da hatten nun die Herren Lothar Schmidt und Emil 
Schäffer einen glücklichen Einfall, als sie das Thema für eine 
lustige Satire: ,,Die Venus mit dem Papagei" auf griffen.*) 
„Keine erotische Komödie" sagen sie ausdrücklich im Titel, 
der durch die Nennung der lieben Frau Venus leicht auf eine 
falsche Fährte führen könnte. Ihre Venus ist nämlich 
gemalt, ein splitternacktes, nach Art der bekannten Venus von 
Tizian lässig hingelegtes schönes Weib, das auf dem Finger 
seiner ausgestreckten rechten Hand einen bunt befiederten 
Papagei hält. Diese Venus hat der reiche spanische Konsul 
einer kleinen deutschen Stadt, Herr Meggenscheidt, der alle 
standesmäßigen Moden macht und sich den Luxus einer kost 
baren Bildersammlung erlauben kann, gelegentlich einer 
Studienreise in einem alten Palazzo zu Genua gefunden und 
als einen echten Van Dyk um ein Heidengeld, eine halbe Million 
Mark gekauft. Seine bis dahin wenig beachtete Sammlung 
(»wurde seither ein Wahrzeichen der Stadt, das kein Fremder 
aus England oder Amerika aufzusuchen unterläßt, und der 
Stolz des protzenhaften Kaufmanns und seiner ganzen Familie. 
*) Buchausgabe bei Georg Müller, München. 
Einen besonderen Saal räumte er dem echten Van Dyk, wie 
gebührlich, in seinem Hause ein. und in sein kostbares Fremden 
buch, dessen Deckel von einem alten Missale aus der italienischen 
Renaissance herrührt, müssen sich alle hohen Herrschaften 
eintragen, die »— zwar nicht ihm, aber seiner Venus mit dem 
Papagei einen Besuch abstatten. Herr Meggenscheidt gehört 
dem Typus jener Kommerzienräte an, die wir aus dem deut 
schen Philisterlustspiel von lffla.nd bis Blumenthal sehr gut 
kennen. Von Kunst und Gemälden versteht er natürlich gar 
nichts, kaum weiß er, wann sein Van Dyk einmal gelebt hat; 
er hat aber ein passioniertes Bedürfnis, sich zu den Gebildeten 
und Kennern gezählt zu sehen, Reichtum allein macht auch 
nicht glücklich, sogar wenn man ihn hat. Aber dumm ist 
Meggenscheidt darum auch nicht; ist die Ästhetik seine 
schwächste Seite, so blieb er doch immer der geriebene Kauf 
mann, der aus allen Verhältnissen rasch seinen Vorteil zu zie 
hen weiß. Und das beweist er auch in der lustigen Handlung 
der Komödie, die sich nun vor uns abspielt. 
Stilgerecht ist sein junger Schweigersohn in spe Kunst 
historiker, auch diesen Luxus kann sich Herr Meggenscheidt 
gestatten. Dieser junge Herr macht — nicht etwa aus sach 
licher Erkenntnis, aus unmittelbarer Anschauung des dem 
großen Van Dyk zugeschriebenen Gemäldes, sondern mit Hilfe 
alter Kataloge der vielhundertjährigen italienischen Bilder- 
gallcric — die Entdeckung, daß diese „Venus mit dem Papagei" 
unmöglich von Van Dyk herrühren könne. Und so stolz der 
reiche Herr Meggenscheidt auf seinen Besitz, so stolz ist der 
junge Gelbschnabel von Kunsthistoriker auf seine wissen 
schaftliche Entdeckung, sie kann ihn, der bisher vergeblich 
nach einer Anstellung im fürstlichen Museum der Stadt strebte, 
berühmt machen. Und er ist in der Tat naiv genug, seinem 
Herrn Schwiegerpapa diese Entdeckung und seine literarische 
Absicht mitzuteilen, Tableau! das kann man sich denken. 
Dem Herrn Meggenscheidt ist die wissenschaftliche Frage nach 
der Echtheit seines Van Dyk selbstverständlich höchst gleich 
gütig; aber daß ein Zweifel daran ihm seine gesellschaftliche 
Stellung verderben, das mit herrlichen Namen sich füllende 
Fremdenbuch entvölkern kann, das sieht er sofort. Doch ge 
lingt es ihm, wenigstens vorläufig, den wissenschaftlichen Ehr 
geiz seines einfältig redlichen Schwiegersohnes in spe zu be 
sänftigen, so daß dieser seine Publikation aufschiebt. Inzwi 
schen will der Konsul seine verteufelte Venus mit dem Papagei 
los werden, seine halbe Million retten und setzt sich mit einem 
Bilderhändler aus New-York in Beziehung. Aber Mister New- 
man ist auch ein guter Geschäftsmann. Die 700.000 Mark will 
J 
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