Nr. 16 und 17
Internationale Sammler- Zeitung
Seite 249
den Lapithenkampf bezügliche Inschrift auf dem Hals. Höhe
46-5 cm. Raeren, 1576. Arbeit von Jan Emens.
Fig. 4. Große Kanne, mit hohen Reliefs belegt und mit
farbigen Blei- und Zinnglasuren überzogen. Den eiförmigen
Körper überziehen auf manganbraunem Grunde dichte Ranken
mit großen grünen Blättern und gelben Früchten und Blüten.
Zwischen die Ranken sind vorn eingefügt sieben kleine Pla
netenfiguren, wahrscheinlich nach Kreußener Vorbildern. Das
! Ausgußrohr wird von einer frei modellierten, weiß glasierten
Figur eines hockenden Mannes gestützt. Auf dem (ergänzten)
Henkel ist eine nackte Frauenfigur, die ein Kind in die Höhe
hält, modelliert. Höhe 49 cm. Frankreich, zweite Hälfte des
17. Jahrhunderts. War ausgestellt in Paris 1900 in der Ex
position retrosp. im Petit Palais, früher in den Sammlungen,
i Milani und Eugen Felix.
Die Kunstdenkmäler Belgiens.
Es war nur natürlich, daß die Deutschen nach der Erobe
rung Belgiens ihre Aufmerksamkeit sofort den reichen Kunst
schätzen des Landes zuwandten. Mit ihrem Schutze wurde der
Geheimrat von F a 1 c k e betraut, der alle Museen des besetzten
Gebietes einer eingehenden Besichtigung unterzog.
Über seine Wahrnehmungen erstattete der hervorragende
Kunstgelehrte dem Verwaltungschef Dr. v. Sandt mehrere
Berichte, denen wir folgende interessante Daten entnehmen:
In Antwerpen hat das Königliche Museum unter der
Direktion des Herrn Pol de Mont zu Anfang des Krieges be
gonnen, die wertvollen Bilder in mehrwöchiger Arbeit aus den
Galeriesälen in die sicheren Kellerräume des Museums zu über
tragen. Vor der Belagerung von Antwerpen war bereits der
ganze Galeiiebestand mit Ausnahme einiger in den oberen
Sälen verbliebenen geringeren Bilder im Keller geborgen. Es
ist kein Stück des Museums aus dem Hause entfeint worden.
In diesem geräumigen Depot des Königlichen Museums haben
auch die Kirchen Antwerpens ihre hervorragenden Bilder vor
dem Bombardement untergebracht. Aus der Kathedrale
wurden die großen Gemälde von Rubens dem Schutze des
Museums anvertraut, während mehrere kleinere Bilder der
Kathedrale in einem Depot der Kirche selbst verblieben sind.
Im Antwerpenei Museumskeller befinden sich ferner die
aus Mecheln weggeschafften Kunstwerke, und zwar der
Rubens alter mit dem Fisch zug aus der Liebfrauenkirche,
der Fliigclaltpr von Rubens mit der Anbetung der Könige
aus der Johanniskirche und das Kreuzigungsbild van Dycks
aus der Kathedrale. Von einer Serie primitiver Bilder mit der
Romuluslegende sind aus dem Dom in Mecheln 20 Stück in
das Museum von Antwerpen gerettet worden; der Verbleib
von vier andern Bildern dieser Serie ist unbekannt.
Die Museen Plantin-Moretus und im Steen, einem
Teil der alten Burg von Antwerpen, haben alle wertvollen
Sammlungsgegenstände in ihre Keller gebracht, wo sie noch
vollzählig vorhanden sind. Daß die Gebäude der Museen und
Kirchen in Antwerpen von der deutschen Beschießung ge
schont wurden und demgemäß alle unversehrt geblieben sind,
ist bekannt.
Gent und Brügge haben in ihren Bauten durch die Be
setzung nicht den geringsten Schaden gehabt. Daß der Genter
Altar des vanEyk aus St.-Bavo nach England gebracht worden
ist, wie anfänglich behauptet wurde, ist nach einer Mitteilung
von unterrichteter Seite unrichtig. Er ist in Gent selbst ver
borgen, wie auch alle Bilder, die in Brügge aus den Kirchen,
dem städtischen Museum und dem Johannisspital zur Zeit
entfernt wurden, sich noch in der Stadt befinden.
Die Kunstdenkmäler in Lüttich haben durch die Er
oberung der Stadt keinen Schaden erlitten. Von den
Kirchen ist zwar die Kathedrale St. Paul durch ein Geschoß
stück getroffen worden, das jedoch nur einen Fensterpfosten
gestreift und in ein modernes Glasgemälde ein leicht zu er
gänzendes Loch geschlagen hat. Vollkommen intakt blieben
erfreulicherweise die alten Glasgemälde in St. Paul und in
der Jakobskirche, welche als die bedeutendsten Leistungen
der belgischen Glasmalerei der Renaissance gleich den Kaiser-
fenstern im Querschiff von St. Gudule in Brüssel unersetzliche
kunstgeschichtliche Denkmäler ersten Ranges sind.
Die beweglichen Kunstschätze in Lüttich wurden bei einer
am 19. September vorgenommenen Revision vollzählig an
Ort und Stelle und im besten Zustand befunden. Es han
delt sich dabei um das frühroinanische Bronzetaufbecken von
Reiner v. Huy von 1115 in der Bartholomäuskirche, um einen
ausgezeichneten Schnitzaltar von Antwerpener Arbeit in der
Kirche St. Denys, um das romanische Silbertriptychon von
Godefroid de Claire in der Kreuzkirche, das wie früher in der
Kasse des Pfarrhauses aufbewahrt wird und um den reichen
Kirchenschatz der Kathedrale St. Paul, dessen Hauptstücke
das silberne Büstenreliquiar des heiligen La.mbert, die goldene
Votivgruppe Karls des Kühnen, ein spätromanisches Filigran
kreuz und ein romanischer Elfenbeinbuchdeckel sind. Die
Museen der Stadt sind geschlossen und unter der Obhut ihrer
Konservatoren geblieben; in dem Museum kunstgewerblicher
Altertümer (in der Marion Curtius) sind einige besondere Wert
stücke verpackt und die Glasgemälde von den Fenstern abge-
nommen. Aus dem Hause ist nichts entfernt und die sach
kundige Aufsicht des Konservators bietet, eine Gewähr für
den weiteren Schutz der Museumsbestände.
In Huy ist die frühgotische Koilegiatkirclie wie die Stadt
überhaupt unbeschädigt; von den vier Reliquienschreinen
des 12. und 13. Jahrhunderts sind drei nach Angabe des Geist
lichen vor der Ankunft der deutschen Truppen verborgen
worden, einer noch an Ort und Stelle. Es ist nicht wahrschein
lich, daß die Schreine, wie gesagt wird, nach Antwerpen ge
bracht worden sind; noch weniger ist jedoch anzunehmen,
daß die Kirche ihre Reliquienschätze, die sie seit sieben Jahr
hunderten durch alle Fährlichkeit bewahrt hat, jetzt zum
Verkaufszweck entfernt hätte.
Das gilt auch für die beiden Kirchenschätze von Namur,
den Schatz der Kathedrale und den des Nonnenklosters von
Notre-Dame, der die Silberarbeiten des Fraters Hugo von
Oignies aus dem 13. Jahrhundert enthält. Sie sind ebenfalls
vor der Einnahme der Stadt vom Bischof und der Oberin ver
borgen worden. Ich habe gemeinsam mit dem Konservator
bei den königlich belgischen Museen, J. Destree in Brüssel,
die Kathedrale in Namur, die durch ihre einheitliche und voll
ständige Baroclcausstattung höchst bemerkenswerte Lupus
kirche, das Kloster Notre-Dame und das Archäologische Museum
und weiterhin Dinant besichtigt. Die Kirchen von Namur sind
intakt; in dem geschlossenen Museum sind einige Wertstücke
verpackt, die Sammlung ist in Ordnung.