Nr. 2
Internationale Sammler-Zeitung.
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darob schwer. Der Prior und die Brüder waren über das Schick
sal Hugos tief bekümmert, und der Prior hatte den guten Ge
danken, die Musik als Heilmittel zu verwenden. Durch liebliche
Melodien erheiterte er seinen Geist, und Hugos Befinden besserte
sich. Doch nur, um sich bald endgiltig zu verschlimmern. Der
Wahnsinn ergriff ihn. tiefer Kleinmut beherrschte ihn, und neben
den religiösen Aengsten war es hauptsächlich der Kleinmut
darüber, daß er seine zahlreichen angefangenen Arbeiten nie
würdig werde vollenden können, der ihn niederstimmte und zur
Verzweiflung trieb. Seine Tage waren gezählt; auch die auf
opfernde Pflege der Mönche konnte sie nicht verlängern — im
Jahre 1482 starb der arme stille Bruder von Roodendaale,
dessen Ruf und Namen selbst über das Alpengebirge hinausreichte.
Noch heute verkünden seine Werke dem, der sie mit
offenem Auge beschaut, den leidenschaftlichen, zur Ekstase
neigenden Geist dessen, der sie mit unendlicher Sorgfalt und
hoher Kunstfertigkeit vollendet hat. Aber es ist kaum ein
Dutzend Werke, das uns von diesem großen Meister erhalten
geblieben ist; die Bilderstürme haben so manches schöne Werk
seines Pinsels vernichtet.
Nach all dem mag man ermessen, welch ein Ereignis für
die ganze Kunstwelt es ist, daß das Altarwerk von Monforte
nun für immer dem Genüsse und der Wissenschaft
gesichert ist.
Persische Antiquitäten und Kunstgegenstände.
In der Galerie Helbing in München gelangt am 20. und
21. d. M. eine große geschlossene Kollektion von Erzeugnissen
persischen Kunstgewerbes zur Versteigerung, die aus dem Be
sitze Mirza A r d e c h i r Khans stammt. Dieser Provenienz
ist es zuzuschreiben, daß wir nicht nur alle Zweige der Hand
werkskunst, wie sie in jenen Ländern traditionell gepflegt
werden, sondern auch einzelne historisch interessante Objekte
finden. Vom archäologichen Gesichtspunkte erwecken besonders
die Gegenstände Interesse, welche aus Ausgrabungen, zum Teil
aus den bekannten von R a y e s, stammen.
Der Katalog, dessen Beschreibungen nach den Angaben des
Besitzers verfaßt sind, gibt ein übersichtliches Bild der Samm
lung. Die erste Abteilung bilden altpersische Keramiken, wie sie
im Mittelalter teils aus Fayence, teils aus einer porzellanartigen,
undurchsichtigen Masse gefertigt und mit stilisierten Pflanzen
ornamenten. zum Teil polychrom, verziert wurden. Viele Stücke
weisen jenen Liisterdekor auf, der mit seinen metallischen Re
flexen ein spezielles Charakteristikon der orientalischen Steingut
technik ist und den später die europäischen Erzeugnisstätten
übernahmen. Neben Gegenständen des täglichen Gebrauches, wie
Tassen, Tellern, Schüsseln, Näpfen und dergleichen stoßen wir
auf verschiedene Gegenstände, die zu religiösen Zwecken ver
wendet wurden, zum Beispiel Moscheelampen, Krüge für die
Waschungen etc. Auch ein interessanter kleiner Springbrunnen
in Form eines Monumentes, mit Arkaden in zwei Stockwerken,
der wahrscheinlich in einer Nische Platz gefunden hatte, ist vor
handen.
Eine Spezialität der islamitischen Keramik bildeten von jeher
die glasierten Fliesen, welche die Moscheen im Innern, manchmal
auch an den Fassaden, verkleiden. Ursprünglich nur in der
Gestalt viereckiger Platten im Gebrauche, nahmen sie in dem
Maße, als die Erkenntnis ihrer dekorativen Wirkung wuchs, auch
andere Formen an, um in kunstvollen Mosaiken die Wände zu
schmücken. Erhöht wurde der Effekt durch den metallisch
schimmernden Liister. Die Kollektion enthält verschiedene,
charakteristische Stücke. Platten, Sterne, Kreuze mit reicher Or-
namentierung von Pflanzen, Tieren und Figuren, u. a. ein großes
Fließ aus Koun, welches in das 12. Jahrhundert zurückreicht.
Die zweite Abteilung vereinigt die mannigfachen Erzeug
nisse aus dem Gebiete der Textiltechnik, Gold- und Silber-
stickereien, ä-jour-Arbeiteu, dann einzelne Stoffe, Brokate,
Samte, die teilweise für Decken und Ueberzüge verarbeitet
wurden. Die bedruckten Leinenstoffe bieten ein Interesse für die
Geschichte der europäischen Gewerbeindustrie, denn im Wett
bewerb mit den aus dem Orient eingeführten, im Drucke ge
färbten Erzeugnissen entwickelten sich die europäischen, be
sonders die französischen bedruckten Stoffe. Als eine weitere
Eigentümlichkeit persischer Technik figurieren die reich be
stickten Leinen, bekannt unter der Bezeichnung »Persische
Westen«, neben denen noch eine Reihe von Gebrauchsgegen
ständen, Pantoffel, Mäntel, Fichus in zierlicher Ausführung, zu
erwähnen ist.
Es folgen in zirka 4U Nummern Metallarbeitern hauptsächlich
in Bronze und Kupfer, Die meisten zeigen sorgfältige Gravierung
mit reich stilisierter Ornamcntierung auf. Obwohl wir in den
meisten Fällen Gegenstände des täglichen Lebens (Eimer, Krüge,
Leuchter, Vasen) vor uns haben, sehen wir doch deutlich, daß
die Linien allein dem Kunstbedürfnisse der Perser nicht genügten,
sondern daß sie auch von der Fläche, auf der das Auge ruht,
wenn es die Linie begleitet hat, eine gewisse Anregung forderten.
In dem einfachen Metallton, der durch die Gravur etwas Ab
wechslung erhält, bringt die Einlegearbeit erhöhtes Leben; des
halb weisen viele Gegenstände sorgfältige Tauschierung auf,
Ciold in Stahl, Silber in Bronze oder Inkrustation von Halbedel
steinen.
ln der Abteilung »Vitrinengegenstände« sind die kleinen
Objekte vereinigt, die in schönen, oft kostbaren Ausführungen
den Bedürfnissen eines mehr oder minder bescheidenen Luxus
zu dienen bestimmt sind. Da finden sich Gürtelschnallen, Dosen,
Ringe, Talismane, Armbänder, Petschafte u. s. w. Ein goldener
tassenförmiger Behälter zeigt schöne Emailarbeit mit Figuren,
Blumen und Blattwerk; ein anderes ähnliches Stück besteht aus
Silber. Ein interessantes Stück ist auch der kleine, mit feiner
Malerei geschmückte Koffer, der dem indischen Könige M o-
h a m m e d gehörte und durch Nadir-Schah nach Persien ge
bracht wurde. Das Charakteristikon des beschaulichen orien
talischen Lebens, das Nargileh, darf natürlich in einer derartigen
Kollektion nicht fehlen. Es kommt in mehreren Exemplaren,
emailliert oder inkrustiert, vor.
Den Bibelots reihen sich die Perserteppiche an. Teppiche
aller Provenienzen, Hamadan, Kirman, Sineh, Schiras, Ferahan
u. s. w., in verschiedenen Techniken und Größen. Ein schönes
Stück ist ein großer Karabogh-Teppich mit seltenem Muster auf
tiefblauem Fond mit grünroter Bordüre.
Sehr gut sind die persischen Illuminatoren vertreten.
Arbeiten ähnlicher Art haben auf der mohammedanischen Aus
stellung zu M ü ii c h e n im Jahre 1910 lebhaftes Interesse erregt.
Das ganze tägliche Leben spiegelt sich in ihren Miniaturen
wieder, der König, der Audienz im Kreise seiner Minister erteilt,
Hochzeit und Begräbnis, Prinzen, Richter, .Mollahs, alles in jener
naiv-bizarren Manier, die auch dem Nichtkenner sofort die Her
kunft verrät. In schönen Manuskripten finden wir ferner die
Werke berühmter persischer Dichter, deren fein kalligraphischer
Text von farbigen Titelvignetten und Illustrationen begleitet wird.