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Cigarrenkistenholz zusammenzusetzen, oder, wie es vor einigen Jahren
in München zu sehen, oder vielmehr nicht zu sehen war, 1500 Figuren
auf eine Metallplatte von einem Quadratcentimeter zu graviren.
Sehr erfreulich wie immer ist auch dieses Jahr das Glas auf unserer
Ausstellung und fast zahlreicher beschickt, wie je vorher auf einer der
Weihnachts-Ausstellungen. Es ist höchst merkwürdig und wirklich ein
Schauspiel für den denkenden Menschen, wenn er diese Dinge verfolgt,
in welcher unerschöpflichen Weise das Glas sich der Formung und Ver-
zierung darbietet. Jahrtausende haben daran gearbeitet, die Technik ist im
Wesentlichen immer dieselbe geblieben: schmelzen und durch Schmelzen
verbinden, blasen, graviren und schleifen, das haben die alten Aegypter
schon vor vier- bis fünftausend Jahren verstanden, und darauf ruht auch
heute alle Form- und Verzierungstechnik. Wie einfach! und doch welche
Fülle, welche immer sich erneuernde Findigkeit in den Motiven! Hier in
unserer Glasindustrie hat die Nachahmung alter Vorbilder weniger Be-
deutung vielleicht als in irgend einem anderen der modernen Kunst-
industriezweige. Die Schöpferkraft geht ihre eigenen Wege und Findet
immer und immer Neues. Wenn irgendwo, so ist Leben, modernes Leben
in dieser Kunst. So finden wir bei Moser aus Karlsbad, der unseres Er-
innerns zum ersten Male die Weihnachts-Ausstellung beschickt hat, eben-
sowohl eigene neue Formen, deren Eigenthümlichkeit in der großen
Schlankheit besteht, als auch zierliche Golddecorationen, erhaben auf-
liegend nach Art des Wiener Porzellans der Empirezeit, und manches
andere. Der Goldverzierung hat sich auch Lobmeyr in ausgedehnterem
Maße als sonst bedient; wiederum aber wie sonst besteht seine Stärke in
den Gefäßen mit gravirten Ornamenten, in denen er iedesmal nur sich
selber üherbietet, da ein Anderer ihn kaum zu erreichen vermag. Daneben
erfreut er durch Service für den Tischgebrauch von einfacher Art, aber
von durchaus anmuthigen und eleganten Formen. Es ist ein Vergnügen,
so ein Trinkgefilß in die Hand zu nehmen. Neue Formen und {Farben
zeigen auch Bakalovits, ebenso Schreiber und Neffen, desgleichen auch
die Fabrik von Spaun-Lötz in Klostermühl, bei deren Arbeiten aber Farbe
und Phantasie eine größere Rolle spielen, als das Formengefühl.
Während das Glas noch andere Namen zeigt, die zu nennen wären,
und andere Gegenstände, die Erwähnung und Besprechung verdienten,
ist das Porzellan diesmal zurückhaltender als sonst geblieben. Zwar sehen
wir Haas und Czizek, dann sind Rädler, Pilz, denen sich als Dritter
Dörfl gesellt, "mit zahlreichen Gegenständen im Wiener Empirestil ver-
treten - eine Art, die sich in der Mode vollkommen zu behaupten
scheint-dann bringt die Firma Boseck 81 Co. in Haida Porzellangeräth
ohne besonderen Stil und Charakter, das ist aber auch ziemlich alles,
wenigstens haben wir nichts gefunden, was uns zu einer besonderen Be-
sprechung Veranlassung bieten könnte.