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Internationale S a tn m I c r - Z e i t u n g.
Nr. 4
die ziemlich bekannten Kossuth-Noten,* die hundert
fältigen Ausgaben der Unions- und Koniöderationsstaaten
im Sezessionskriege und viele andere mehr.
Vom Standpunkte des Juristen werden die ver
schiedenen rechtlichen Bestimmungen und Straf
androhungen manches Interesse finden. Für den National
ökonomen bietet sich ein kolossales Material von größter
Bedeutung, welches noch umfassender literarischer Be
arbeitung harrt. Dem Kulturhistoriker zeigt sich das
Papiergeld vielfach als ein Spiegelbild jener Zeit, zumal
der Bilderschmuck sehr häufig kostümlich oder gegen
ständlich Interessantes, Darstellungen von Transport
mitteln etc. aufweist. Auch der Kunstfreund wird manches
Gefallen und Beziehungen zum Kunstzustande jener Zeit
an den oft schön gestochenen Noten finden. Besonders
das Papiergeld der nordamerikanischen Einzelstaaten
fällt durch seinen reichen und feinen figuralen, symboli-
Fig. 3.
Ländern ist Gold nur Wertmesser, das Papier aber das
geläufigere und weit häufigere Zahlungsmittel, zumal im
größeren Verkehr geworden, wegen seiner leichteren
Handlichkeit und wegen der Beschränktheit des Höchst
wertes der Metallmünze.)
Fig. 4.
Hier dieses Stückchen Papier, hat es nicht millionen-
fältig Freude und Jammer gebracht? War nicht auf seinen
Besitz das ganze Sinnen und Trachten von vielen
Tausenden gerichtet? Hat cs nicht Ströme von Blut und
Tränen und Schweiß vergießen gemacht? Dieser fühl
lose bedruckte Papierfetzen, der nur Wert erhält durch
das Vertrauen in den Schatz oder Kredit (wieder Ver
trauen!) des Staates oder der Bank! Was jenem eine
Lappalie — bedeutete Tausenden ein Vermögen. Wie
viel Tränen und unbeschreiblich millionenfältiges Weh
hätte diese Note trocknen und stillen können! Durch
wieviele ungezählte Hände mag dieser Schein hier nicht
gegangen sein — gleichbleibend, ob im Besitze eines
Großen, Mächtigen oder eines Schwachen, Bedrückten —,
was alles mag er nicht gesehen haben! Ein Mittelpunkt
wievieler großer und kleiner Freuden, kleiner und
großer Tragödien des Lebens . . . kann nicht Ver
brechen — Falschspiel, Veruntreuung, Betrug, Diebstahl,
ja vielleicht Mord — diesem Geidzettel anhaften? Oh —
unaussprechlich, unbeschreiblich Vieles könnte er er
zählen.
sehen und landschaftlichen Schmuck auf und, daß selbst
Künstler herangezogen werden, beweisen unsere Bank
noten, zu welchen seit einiger Zeit Kolo Moser Entwürfe
liefert. Vielfach sind unsere modernen Noten überhaupt
als kleine Kunstwerke zu betrachten, denn die immer
fortschreitende Fälschertechnik macht die raffinierteste
Ausstattung in der Kompliziertheit der Zeichnung und
der Farbennuancen notwendig.
Nicht zuletzt bietet eine Sammlung Papiergeld und
verwandter Papiere viele menschlich interessante Seiten,
wird zum Nachdenken stimmen und anregen und wird
manche Saiten unseres Gefühlsinstrumentes erklingen
lassen. (Man wird dies immerhin auch von der Betrach
tung einer Münze sagen können — doch in den meisten
* Deren Einfuhr, Verkehr, Ansichbringen und Verbreitung
laut Allerh. Entschl. vorn 27. April 1854 als Mitschuld am
Verbrechen des Hochverrates anzusehen und zu
bestrafen ist, und deren unterlassene Ablieferung ein Ver
gehen involviert mit der darauf gesetzten, besonders
strengen Airest- und Geldstrafe. Diese Verordnung des
Ministeriums des Innern und des Justizministeriums vom
-7. April 1854, R G. Bi. Nr. 107, ist, wiewohl gänzlich gegen
standslos geworden, nicht aufgehoben und daher heute
noch in Kraft.
Hier eine Law'Sche Aktie, dieses Minenpapier hier
aus der Frühzeit kalifonischen Goldtaumels, dort weiter
Aktien einst blühender, mächtiger Unternehmungen, die
dann zu einem wertlosen Papierblatte herabsanken, ab
gestempelte Obligationen, eingestellte Zinszahlungen —
Fig. 5.
ah, Staatsbankerott! — wieviel Erwartungen, bittere Ent
täuschungen, Existenzqualen, aber auch skrupellose Be
reicherungen verhüllen nicht diese schweigenden Papiere!
Nun sind sie zurückgezogen aus den Kämpfen des
Lebens, ein beschauliches Objekt, und werden gesammelt