Nr. 4
internationale Sammler-Leitung.
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aus Liebhaberei fernab vom Verlangen nach Geld und
Gold
So drängt sich eine Flut von Gedanken auf und läßt
in unserer Phantasie Bilderreihen erstehen, wie kein
Kinematograph in solcher Fülle und schnellem Wechsel
je an unseren Augen vorbeiziehen lassen könnte. Ja —
diese Papicrchen sind Dokumente des Treibens und
Lebens und der Geschicke des Menschen aus allen
Zonen und Ländern, Illustrationen zum Geschichtsbuche
der Menschheit.
Es ist daher recht sonderbar, daß unsere so sammel
wütige Zeit, in welcher kein Gegenstand zu kostbar oder
zu minderwertig wäre, um nicht Gegenstand einer
Sammelleidenschaft zu sein, am Papiergelde achtlos
vorbeigegangen ist. Abgesehen von Museen meist lokalen
Charakters, in welchen hie und da Rahmen mit Papier
noten anzutreffen sind, ist es nur eine minimale Anzahl
von Privatleuten, die sich dieses Aschenbrödels unter all
den großen und kleinen Objekten der Sammelfreude an
genommen haben. Eine Literatur existiert so gut wie
gar nicht und beschränkt sich auf vereinzelte Aufsätze in
Münzzeitschriften und Mitteilungen einiger, die Ausgabe
von Papiergeld betreffenden amtlichen Verordnungen.
Ein Katalog des Papiergeldwesens wäre ein Bedürfnis.
Vielleicht nimmt die launische Göttin Mode dieses Stief
kind unter ihre Fittiche und lanciert sein Sammeln.
Forse que an, forse que non.
Unsere Abbildungen zeigen in Verkleinerung:
Fig. 1. F.ine französische Assignate auf 10.000 Franken aus
der Revolutionszeit.
Fig. 2. Eine Note des Kirchenstaates aus der Zeit des
Papstes Pius VI.
Fig. 3. Einen Schein der polnischen Nationalregierung aus
dem Jahre 1794.
Fig. 6.
Fig. 4. Einen Schein aus der Zeit der Aufstände in Ve-
netien.
Fig. 5. Eine 1 Dollarnote von Georg Washington, 1838.
Fig. 6. Einen Hundertgulden-Wiener-Stadt-Bankozettel, 1800.
Daktyloskopie und Kunstfälschung.
Ein Vorschlag des Pariser Professors B o r d a s
macht jetzt die Runde durch die J'agesblätter. Bordas
schlägt dem »Matin« zufolge vor, die Fingerabdrücke der
Künstler an einer Zentralstelle, zum Beispiel im
Ministerium der schönen Künste in Paris, zu deponieren.
Wenn, meint er, jeder Künstler die von ihm erzeugten
Kunstwerke mit seinem Fingerabdrucke versehen würde,
so könnte jederzeit durch Vergleich dieses Finger
abdruckes mit dem an der Zentralstelle registrierten die
Echtheit des Kunstwerkes überprüft werden. Bordas
macht auch detaillierte Vorschläge, in welcher Weise
verschiedene Kunstwerke, wie Oelbilder, Kupferstiche,
Bronze- und Märmorstatuen etc. mit dem Fingerabdrucke
zu versehen wären.
Vor allem wollen wir feststcllen, daß die Priorität
dieses Vorschlages durchaus nicht Professor Bordas
gebührt.
In den »Archiv es d’a n t h r o-p o 1 o g i e crimi
nell e« des Jahres 1903, pag. 605, findet sich derselbe
Vorschlag. Auch dort wird der Abdruck des Daumens
auf Kunstwerken als Mittel gegen Betrug in Kunst
sachen empfohlen. Auch Professor Dr. N ä c k e, ein be
kannter deutscher Psychiater, hat diese Frage erörtert.
Wenn dieser vor mehr als zehn Jahren gemachte Vor
schlag sich nicht durchzusetzen vermochte, so muß dies
seine guten Gründe haben und diese wollen wir im nach
folgenden ein wenig erörtern.
Wie bekannt, ist die innere Handfläche des
Menschen von zahllosen Linien, den sogenannten Pa
pillarlinien, bedeckt, welche sich an den Fingerspitzen,
den sogenannten Fingerbeeren, zu einer charakteristischen
Zeichnung verdichten. Die Zeichnung dieser Papillar
linien bleibt von der Geburt bis zum Tode des Menschen
unverändert, ja, wenn es gelingt, die Verwesung der
Haut, wie bei Mumien, hintanzuhalten, so ändert sich die
Papillarlinienzeichnung auch nach dem Tode nicht. Selbst
wenn die Haut der inneren Handfläche zum Beispiel
durch eine Verätzung entfernt wird, zeigt die neu sich
bildende Haut dieselbe Zeichnung.
Was aber dieser Zeichnung besonders eigentümlich
ist, ist der Umstand, daß es nicht zwei Menschen, ja,
nicht einmal zwei Finger eines und desselben Menschen
gibt, die dieselbe Zeichnung der Papillarlinien in allen
ihren Details zeigen, daß mithin der Mensch in jeder
Fingerspitze ein durchaus charakteristisches und persön
liches Siegel besitzt, das mit keinem anderen verwechselt
werden kann.
Wenn die Fingerspitze in irgend einen Farbstoff, wie
Zinnober, Graphit, Druckerschwärze etc., getaucht wird,
so läßt sich dieses Siegel auf jeden Gegenstand mit glatter
Oberfläche, wie Papier, poliertes Holz, Glas etc., sicht
bar aufdrücken. Es ist ganz gleichgiltig, welcher Finger
hiezu gewählt wird.
Diese heute von der Wissenschaft anerkannte Tat
sache war den Völkern des Orients schon vor Jahr
tausenden bekannt. Im alten Kaiserreiche A n a m ist
das Testament eines Familienoberhauptes nur dann giltig,
wenn es mit dem Fingerabdrucke versehen ist. Ein Mann
muß mit dem Zeigefinger der linken, eine Frau mit dem
der rechten Hand siegeln. Dieser Brauch soll ursprüng
lich ans China stammen. Auch in Rußland Soll die
Sitte, unter einen Vertrag den Abdruck der geschwärzten
Fingerspitze zu setzen, lange gebräuchlich gewesen sein.
Noch heute unterzeichnet der Türke, der Analphabet