MAK
Nr. 4 
Internationale Sammler'- Zeitung. 
Seite 57 
und Zentralasien liegt. Für die Balkanländer, den Kaukasus, 
Russisch-Zentralasien, Persien und Arabien enthält die Samm 
lung ein sozusagen vollständiges und wisenschaftlich wertvolles 
Material erster Qualität. Für Indien dürften nur wenige englische 
Sammlungen die Mosersehe übertreffen und von Java, China 
und Japan sind zum Teil ganze Reihen guter Typen da. Geradezu 
Unica sind die 200 persischen Säbelklingen, darunter mehrere 
von dem weithin berühmten Assad-Ullah, dem Waffen 
schmied des Schah A b b a s des Großen (1587—1628). Geradezu 
märchenhaft sind manche der 400 Dolche und Messer mit ihren 
Griffen aus Jade oder Nephrit, oder verziert mit Edelmetallen 
und kostbaren Steinen. Für die Lösung des schwierigen Problems 
de- Damaszierung suchte Moser erstklassiges Material aus allen 
Zeiten und Ländern beizubringen, und so sind denn in seiner 
Sammlung wohl sämtliche Spielarten des Damasts in aus 
erlesenen Beispielen vertreten als Grundlage für die noch un 
veröffentlichten Studien des Sammlers über diesen Gegenstand. 
Besondere Prunkstücke der Waffensammlung sind die 
Pferde- und Mannsrüstungen, so ein Janitscharenreiter, die 
Rüstungen aus Buchara, aus Persien und Indien und endlich 
reich mit Edelsteinen und Stickereien verzierte Pferdegeschirre. 
Zur genauen Inventarisierung und für die Erstellung eines wissen 
schaftlichen Kataloges ließ Herr Moser extra einen persischen 
Gelehrten nach Charlottenfels kommen, um die Inschriften auf 
Klingen, die Manuskripte ctc. zu entziffern und zu übersetzen. 
Ist so diese Waffensammlung der imponierendste und wissen 
schaftlich bedeutendste Teil der Moserschen Sammlung, so ist 
sie doch nur die Hälfte des Ganzen. Weitere 1300 Nummern 
verteilen sich auf die übrigen Kategorien des mohammedanischen 
Kunsthandwerkes: wunderbare altpersische Teppiche, Wand- 
bebänge und Stickereien von Bosnien bis Indien und Ostasien. 
Besonders wertvoll sind die Bronzen. Von alten Grabfunden 
und den seltenen Formen, der Sassanidenzeit (227—651) bis zur 
Gegenwart finden sich bald Prunkgeschirr, bald Sakralgefäße, 
bald die Typen des täglichen Gebrauchs;, groß ist die Sammlung 
persischer Manuskripte, die durch ihre feinen Miniaturen be 
rühmt sind; ganz einzig die noch so wenig gesammelten per 
sischen Lackarbeiten. Der Schmuck der verschiedenen Völker- 
stämme ist in Einzelstiickcn wie ganzen Garnituren vertreten; 
die Sammlung geschliffener Steine repräsentiert sehr gut dieses 
alte Zentrum von Edelsteingewinnung und Verarbeitung. Dazu 
treten endlich mancherlei ethnographische Spezialsammlungen 
(Opium- und Tabakpfeifen, Eßbestecke etc.) und alles in guten 
Siückcn; die Münzsammlung enthält griechische Kolonial 
münzen, sowie die mohammedanischen Zentralasiens und des 
Irans. Ein zur Sammlung gehörendes ausgebautes bosnisches 
Zimmer zeigt die reiche Einrichtung der Wohnung eines vor 
nehmen Mohammedaners. 
Wer die Verhältnisse des Kunstmarktes, soweit sie Orien- 
talia betreffen, auch nur einigermaßen kennt, vermag sich ein 
Bild zu machen von den unschätzbaren Werten, die in der 
Sammlung Moser niedergelegt sind, er weiß auch, daß die Zu 
sammenstellung einer derartigen Sammlung heute ein Ding der 
Unmöglichkeit wäre. Das Museum aber, das diese Schätze er 
hält, zählt fortan zu den wenigen Instituten, die nicht zu um 
gehen sind, wenn es sich um die Beurteilung oder das Studium 
islamitischer Kunst handelt. Je und je ist daher auch die Samm 
lung von Fachmännern besucht worden, die oft genug ihren 
Eindrücken schriftlich Ausdruck gegeben haben. 4 Und endlich 
hat Henri Moser selbst sich entschlossen, seinen Katalog zu ver 
öffentlichen und zunächst in einem Prachtwerke die Hauptstiickc 
seiner Sammlung einem weiteren Kreise bekanntzugebcn. 1912 
ist der erste Band dieser mit großen persönlichen Opfern des 
Sammlers erstellten Publikation bei Hiersernann in Leipzig er 
schienen unter dem Titel:-Sammlung Henri Moser, Chalotten- 
fels. Orientalische Waffen und Rüstungen. Auf 44 Tafeln größten 
Formats sind eine Anzahl der schönsten Stücke abgebildet und 
die farbigen Tafeln, hergestellt in der k. k. Staatsdruckerei in 
Wien, 'sind wohl das Beste, was an Buntdruck heute geleistet 
werden kann. Ein zweiter, in Vorbereitung befindlicher Band 
wird die Bronzen, Metall- und Lackarbeiten, sowie die Mi- 
miniaturen umfassen, ein dritter Schlußband wird den Textilien 
gewidmet sein. 
So sehen wir in der Sammlung Moser nicht das Ergebnis 
einer Amateurlaune, sondern das Lebenswerk eines Mannes, 
der ein schönes und schwieriges Problem mit Scharfsinn und 
Energie, aber auch mit Glück und Erfolg begonnen und durch 
geführt hat. 
* So zum Beispiel Charles Bussln. La collection du 
general Moser ä Charlottenfels, in »Les Arts«, .1 .mvier 1912. 
und Eugen D.emole, Les.collections orientales de Henri Moser 
ä Charlotteniels, in »Revue Suisse de numismatique«, t. XVll. 
1911. 
Chronik. 
Autographen. 
(Ein unbekannter B rie i der Erzherzogin 
Sophie.) Eitt Freund unseres Blattes stellt uns einen bisher 
unveröffentlichten Brief der Erzherzogin Sophie, 
der Mutter des Kaisers F r a n z J o s e i, an den Feldmarschall 
Grafen Radetzky zur Verfügung, aus dem die rührende 
Liebe der Prinzessin zu ihrem ältesten Sohne spricht. Der Brief, 
der in Ischl geschrieben wurde und das Datum »9. Oktober 
1853« trägt, lautet: »Unaussprechlich war meine Freude, als ich, 
lieber Feldmarschall, Ihre theueren Schriftzüge erblickte und 
mit tiefer Rührung las ich die liebevollen Worte, mit welchen 
Sie mir so wohlthuend, den großen Wert aussprechen, den Sie 
auf den Besitz der Haare meines Sohnes legen. Ich gab sie 
Ihnen so recht aus meinem Herzen, da Sie, lieber, verehrter 
Graf, dem wir so viel, so unausprechlich viel verdanken, so 
ganz würdig sind, sie zu besitzen. Ihr Brief kam in einem der 
glücklichsten Augenblicke meines Lebens mir zu, in der beseli 
genden Verlobungszeit unseres theueren Kaisers, dessen voll 
kommenes Glück, gleich wie der Anblick des holden, sich so innig 
liebenden Paares Sie gewiß ergriffen und zu wahrem Dank 
gegen Gott gestimmt hätte, wenn wir so glücklich gewesen 
wären, Sie in dieser schönen, unvergeßlichen Zeit in unserer 
Mitte zu sehen; — docli im Frühjahr, wo unsere neue Kaiserin 
in Wien einzieht, hoffe ich sehr auf Ihre liebe Gegenwart, die 
unsere Freude um so vieles erhöhen würde. Ihrer Liebe und 
Teilnahme empfehle ich dieses liebe Wesen, sie ist ihrer wert, 
denn ihr ganzes Dichten und Trachten ist auf die Erfüllung der 
Angabe, die sie sich gestellt, gerichtet, meinen Sohn glücklich zu 
machen und ihm ganz recht zu sein. Lehen Sie herzlich wohl, 
lieber Feldmarschall, und bewahren Sie ein Plätzchen in Ihrem 
Gedächtnis Ihrer Ihnen herzlich ergebenen und tief verehren 
den So p h i e, Erzherzogin von Oesterreich.« 
(Gefälschte Briefe Marie Antoinettes.) Im 
Jahre 1912 verlautete, daß der schwedische Kammerherr v. 
Heide nstam in dem entlegenen schwedischen Schlosse zu 
1. ö f s t a d eine große Anzahl bisher unbekannter Briefe Marie 
Antoinettes, Perseus und Barnaves entdeckt habe. 
Man konnte sich die Existenz dieser Schriftstücke nur schwer 
erklären, da bekannt war, daß die unglückliche Königin alle ihre
	        
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