Nr. 6
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Internationale Sammler-Zeitung.
In seinen letzten Lebensjahren wandte sieh Friede-
rich noch einem neuen Gebiete zu, dessen Schwierig
keiten und vielfach unaufgehelltes Dunkel seinen Forscher
eifer reizte, nämlich dem Studium der Contremarken.
Fr hat darüber in dem »Jahrbuch des numismatischen Ver
eines« zu Dresden, dessen Vorsitz er seit der Neu
gründung im Jahre 1908 führte und den er im Sinne Erb
steins weiter leitete, eine interessante Arbeit veröffent
licht. Die betreffenden Münzen nebst einer Reihe sächsi
scher Münzen und der numismatischen Bibliothek
Friederichs gelangen im Aufträge der Hinterbliebenen im
Anschluß an diese Auktion zur Versteigerung.
Ausstellung japanischer Holzschnitte.
Aus Paris wird uns geschrieben:
Im Musee des arts decoratiis ist zur Zeit eine
interessante Ausstellung japanischer Holzschnitte in
stalliert. Aus öffentlichen und privaten Sammlungen ist da eine
große Zahl der für die letzte Epoche — die erste Hälfte des
19. Jahrhunderts — charakteristischen Holzschnitte zusammen
gebracht worden. Besonders sind es die beiden großen Meister
des Naturalismus, die in der Ausstellung zu Worte kommen:
T oyok u n i und H i r o s h i gh e.
T o y o k u n i ist hauptsächlich Darsteller von Menschen
und ihrer Handlungen — eines seiner Lieblingsmotive ist eine
schmale Brücke, auf der er seine Figuren mit ängstlichen Ge
bärden vorüberziehen läßt. Im großen ganzen sind aber seine
Personen ohne viel Ausdruck. Die Darstellung ist natürlich
realistisch, die Ausführung geschickt: aber im Gesamteindruck
wirkt sie hart; auch mangelt seinen Bildern der suggestive Reiz,
den die individuelle Anschauung einer starken künstlerischen
Persönlichkeit ausübt; Toyokuni ist zu sehr bloßer Eklektiker.
Persönlichkeit besitzt dagegen in hohem Maße Hiro-
s li i g h e. Auch er hat die romantische Tradition verlassen; er
ist Naturalist. Kenner der japanischen Verhältnisse behaupten
sogar, es habe nie ein japanischer Künstler sein Land und dessen
Leute so getreu wiedergegeben wie Hiroshighe. Wir nüchternen
Europäer möchten ireilicli auch seine Menschen noch als roman
tische Ausgestaltungen der Wirklichkeit ansehen, so märchenhaft
zieht diese fremde, eigenartige W'elt an einem vorüber. Hiro
shighe ist hauptsächlich Landschafter. Obgleich er getreu und
realistisch den klatschenden Regen, den leuchtenden Mond in
sein Holz einschneidet, liegt doch eine unaussprechbare Poesie
über diesen Landschaften. Ie länger man sich in diese Kunst ver
tieft, desto mehr ergreift, entzückt sie. Man kann sie vielleicht
naiv-primitiv nennen; aber gerade diese Primitivität und die
Reinheit, in der sie zum Ausdruck kommt — es fehlt so voll
ständig jeder fremde, unorganische Einfluß — ist es, was diese
Kunst so anziehend macht; ganz abgesehen von der Feinheit
der Farbtöne und dem unbewußt-natürlichen und doch für unser
Empfinden so raffinierten Geschmack. Der Künstler beschreibt
den schönsten blauen Himmel mit seinen Hieroglyphen, ohne
daß dadurch der Eindruck des Bildes irgendwie leidet: die
Schnörkel passen einfach in das Bild hinein.
All diese Qualitäten verschwinden, je näher wir der Jetzt
zeit kommen. Die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts ist in
der Ausstellung nur schwach vertreten; es lohnte sich wohl
kau n der Mühe; was da ist, genügt aber doch, um einen Ein
druck von der neuesten Arbeit zu vermitteln. Wir haben es da
meist nur noch mit handwerksmäßigen Holzschneidern zu tun;
sie versuchen wohl stellenweise eine Fortsetzung der alten
big. 3. Rembrandt, Die Landschaft mit der saufenden Kuh.