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Nr. 6
Internationale Sammler-Zeitung.
Tradition; aber es fehlt ihnen jede Eigenart persönlicher Auf
fassung. jede Selbständigkeit; manches ist routiniert, aber ohne
tieferes Gefühl. Vor allem machen sich fremde Einflüsse geltend;
direkt eine Suche nach »Wirkung« ist zu beobachten: grelle
Farben, breit aufgetragen; die Konturen meist nicht mehr ge
schnitten, sondern bloß von den unsauberen Rändern der an
einandergrenzenden Farben gebildet; vielleicht eine verblüffende
Wirkung auf den ersten Anblick, aber ohne Innerlichkeit.
Auch an Bronzen ist eine ziemlich große Anzahl vor
handen. Sie zeigen — wie ja auch viele der Holzschnitte — die
Liebe des Japaners für den Mikrokosmos, für die Welt der Tiere
und Blumen. Aber die Qualität läßt zu wünschen übrig. Man
kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß man hier teilweise
schon Gegenstände der Fremdenindustrie vor sich habe. Das
Feinste sind wohl noch jene glatten, unten schwach bauchigen
Die Steinzeugsamn
Matth. Lempertz in Köln bringt vom 17. bis 19. März
die Steinzeugsammlung des 1907 verstorbenen Fabrikanten Peter
D ii m I e r in Höhr auf den Markt,
und nach oben eng zulaufenden Vasen; in der zarten Schweifung
der Linien verrät sich hie und da die Hand des Meisters,
Im übrigen ist es interessant zu hören, wie sehr die Japaner
selbst die Werke ihrer großen Kunst zu schätzen und zu hüten
wissen. Es ist ihnen keine Summe zu groß, wenn es gilt, einen
wertvollen Kunstgegenstand dem Vaterlande zu erhalten. Es
herrscht daher auch bei öffentlichen Auktionen ein anderer
Modus wie bei uns. Die Liebhaber der zum Verkauf gelangenden
Gegenstände geben in verschlossenem Kuvert die
Summe, die sie für diesen oder jenen Gegenstand bieten, an, und
wer auf diese Weise das höchste Angebot gemacht, dem wird
es zugesprochen. Kommen nun Gegenstände von bedeutendem
Kunstwert zur Versteigerung, so finden sich stets reiche Japaner,
die ein sehr hohes Angebot machen, so daß selten ein Europäer
in den Besitz eines wirklich wertvollen Kunstwerkes gelangt.
ung Peter Dümler.
Häuser abgebrochen oder irgendwelche Ausschachtungen vor
genommen würden, konnte er manches gute Stück aus altem
bäuerlichen Besitz erwerben. So gelang es ihm, innerhalb
Fig. 4. Rembrandt, Nachdenkender Mann bei Kerzenlicht.
Als Inhaber einer bedeutenden Steinzeugfabrik lenkte
D ü m 1 e r sein kunstgewerbliches und kunstgeschichtliches Inter
esse naturgemäß auf die Erzeugnisse der Keramik und besonders
auf diejenigen seiner engeren Heimat, des sogenannten »Kannen-
backerlandes« mit Höhr — Grenzhausen als Mittelpunkt. Hier
entfaltete ei einige Sammeltätigkeit. UeberaU zur Stelle, wo alte
dreißig Jahren eine stattliche Sammlung zusammenzubringen,
von deren Reichhaltigkeit der Katalog Zeugnis gibt.
Aus dem »Kannenbäckerland« stammt u. v. a. die kleine
Madonnenbüste, die unsere Abbildung (Fig. 5) vorführt. Der
Katalog gibt von ihr folgende Beschreibung: »Madonnenbüste,
graublau - violett. Lockiges Haar mit Spitzenkopftuch und Krone.