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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 7
daß es sich hier um persische Mongolenkunst handelt.
Denselben Gesichtstypus, wenn auch in weniger ausge
sprochenem Maße, zeigt ein kleines Gipsköpfchen, das
als Geschenk des Herrn Dr. Meyer-Riefstahl ins Kaiser
Friedrich-Museum gelangte. Die Darstellung eines von
Zabula Ibjacti« ßotdonl)
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Fig. 18. Bernardus de Gordonis.
seinem Hofstaat umgebenen thronenden Herrschers findet
sich auf zwei runden Stuckreliefs, und der vom Fürsten
links Stehende ist in der Haltung das genaue Abbild der
zuerst besprochenen Jünglingsfigur. Das Fragment eines
Stuckfrieses zeigt in starkem Relief eine Löwenfigur
zwischen ißlattranken in recht lebendiger und mehr
naturalistischer Auffassung und Bewegung. Fs zeigt be
sonders gut den Unterschied zwischen syrisch-klein
asiatischer und persischer Kunst im 13. bis 14. Jahrhundert;
dort Ueberwicgen des Ornamentalen, Zurücktreten des
Figürlichen, hier Ueberwiegen und naturalistische Wieder
gabe des Figürlichen auf ornamental gestaltetem Hinter
gründe.
Unter den M i n i at u r e n des Kupferstich
kabinetts ist erwähnenswert eine sehr sorgfältige
Malerei innerhalb der Initiale A. Neben einer dicht
gedrängten Menge von Männern und Frauen steht rechts
die kraftvolle Gestalt eines Propheten, der mit erhobener
Rechten auf eine Himmelserscheinung hindeutet. In den
Wolken wird als Gebilde der geballten Wolkenmassen
die Gestalt einer Frau sichtbar, mit erhobenen Händen,
von einer Strahlenglorie umgeben. Vor ihr schwebt das
nackte Christuskind, hält in der Linken die Weltkugel
und segnet mit der Rechten. Ueber dieser Erscheinung
öffnet sich hinter einer Wolkenbank der Himmel, in dem
Gott-Vater thront. Als Inhalt der Darstellung ergibt sich
die messianische Weissagung über die Geburt Christi, zu
gleich deutet die Weltkugel in der Hand des Kindes auf
eine andere Weissagung: und die Herrschaft ist auf seiner
Schulter. Die Besonderheiten des Stils, der Farbe wie der
Technik kehren wieder auf einem kleinen Blättchen des
Kupferstichkabinetts, mit einer Darstellung des apo
kalyptischen Weibes, beide Bilder sind offenbar von der
selben Hand, die von der Apokalypse Dürers nicht unab
hängig ist. Miniaturen, die man nicht bestimmen konnte,
pflegte man früher wohl auf Giulio Clovio zurückzu
führen, so auch die in Frage stehenden Blätter. Dieser
Meister kann jedoch nicht in Frage kommen. Die Orna
mentik der Initiale zeigt französischen Charakter, aber
der Entstehung in Frankreich schien die Tatsache zu
widersprechen, daß auf der Rückseite des Bildes mit der
Weissagung Züge eines breiten Notensystems erkennbar
sind, woraus man schließen darf, daß das Miniatur aus
einem großen Chorbuch herausgeschnitten ist. In Frank
reich hat man dagegen im allgemeinen kleinere Formate
verwendet. Trotzdem finden sich in dem Gebetbuch des
Connetable de Montmorency in Chantilly Miniaturen, die
von derselben Hand gemalt sind wie unsere beiden
Blätter. Es ist der nach einer hervorragenden Handschrift
der Pariser Nationalbibliothek als Meister des Gebet
buches Heinrich II. genannte Künstler, der Maler dieser
Miniaturen, die 1549 entstanden sind.
Von der Papyrussammlung der ä g y p t i s c h e n A b-
teilung wurde ein antiker Liebeszauber aus Aegypten
erworben. Es ist eine Bleitafel 28 X 16 Zentimeter, die
oben eine Zeichnung trägt, darunter den mit Tinte ge-
Fig. 19. Galenus-Champerius.
schriebenen Text aus dem dritten nachchristlichen Jahr
hundert. Die Darstellung zeigt ein menschliches Angesicht,
in kindlicher Manier als Oval gezeichnet, in dem Augen
und Mund angedeutet sind. Von den Armen ist nur wenig
erkennbar. Das Gesicht ist durchstrichen, offenbar nicht,