Seite 12?
Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 8
'Auch die drei ungarischen Künstler, welche jetzt
im Salon »Briiko« ausgestellt haben, sind Neuerer;
aber man merkt entschiedenes Talent, charakterisierungs
fähige Kraft bei ihnen, ßereny (Nr. 1 und 10), T i h a n y
(18, 19, 22 bis 24) werden als Porträtisten bei einiger
Mäßigung sehr Gutes leisten können.
Das überragende Talent scheint Bertalan Pör
zu sein. Er leidet noch an dem Fehler der Jugend,
zu vergröbern und zu übertreiben; aber seine Karton
studie für das Wandgemälde der Budapcster Volks-
»oper läßt trotz der Hypertrophie der Muskeln und
des Körperlichen überhaupt, ein ungestümes, jedoch
künstlerisches Temperament erkennen, das noch Zeit
zur Reife und Läuterung braucht.
Chronik.
Autographen.
(Entwendung von Richard Wagner-
Briefe n.) Das Richard Wagner-Museum iri Eis e n ach
empfing letzter Tage eine Kassette, die das Vermächtnis eines
berühmten Wagner-Sängers, des ehemaligen Tenors der Dres
dener Hofbühne Richard Tichatscheck, enthielt; sic war
dem Museum nach dem Testament der im November 1912 in
Brüssel verstorbenen Frau Tichatscheck erblich zuge
fallen. Die Kassette, die erst ein volles Jahr nach dem Tode
der Erblasserin von Brüssel aus abgesandt war, traf e r-
brpehen und beschädigt in Eisenach ein. Eine Sichtung des
Inhaltes ergab, daß eine Anzahl von Originalbriefen Wagners,
die nach der Meinung der Museumsleitung einen wichtigen
Bestandteil des Vermächtnisses Tichatschecks ausmachen
mußten, fehlte. Die Tatsache, daß die Sendung außerdem
verspätet eintraf, spricht für die Wahrscheinlichkeit der An
nahme, daß hier ein Eisenbahndiebstahl vorliegt. Es scheint
daher angebracht, Antiquare und Liebhaber vor dem Ankauf
von Wagner-Briefen zu warnen, lrn übrigen enthielt das Ver
mächtnis Dinge, um die Richard Wagners Erben das Eisen
acher Museum wohl beneiden dürfen, nämlich: mehrere Kopien
Wagnerscher Kompositionen und Briefe, eine erhebliche An
zahl von Photographien -Ls Meisters, die bisher zum Teil un
bekannt waren, und endlich zahlreiche und mit Widmungen
versehene Bilder des Sängers Tichatscheck selbst und von
anderen Bühnenkünstlern und Komponisten d s Wagnerschon
Kreises.
Bibliophilie.
(Der Erlös der Charles Buttler-Bibliothek.)
Aus London wird uns geschrieben: Sotheby beendete am
5 März de Versteigerung des fünften und letzten Teiles der
Charles Buttler-Bibliothek. Für diesen Teil gingen
6012 £ 1 s 6 d ein, was den Oesamterlös für die 5150 Nummern
der Bibliothek auf 25.149 £ ergänzt.
(Eine Weits iatistik des ß u c li d r u c k c s.) Im
Aprilheft des »Bulletin de l'liistitut international de Biblio
graphie« findet sich eine Abhandlung über die Zahl aller sei,
der Erfindung der Buchdruckerkunst erschienenen Bücher.
Daraus geht hervor, daß seit dem Jahre 1410 nicht weniger als
11,638.810 gedruckte Bücher in den einzelnen Ländern der
Erde erschienen sind, ln dieser Zahl sind naturgemäß auch die
»Inkunabeln« einbegriffen, wie man die bis zum Jahre 1500
gedruckten Bücher nennt, und zwar steht, was die Inkunabeln
anbetrifft, Deutschland als Mutterland der Buchdruckerkunsi
begreiflicherweise an der Spitze. Während man 20.000 deutsche
Inkunabeln zu kennen vergibt, eine Zahl, die freilich nicht un
bestritten dasteht, sind aus italienischen Druckerei n nur 6636
hervorgegangen, aus holländischen 2049, und erst in weitem
Abstande folgt Frankreich mit 1125. Um das Jahr 1500 herum
bezifferte sich die Zahl der jährlich erscheinenden Bücher auf
1200, zweihundert Jahre später, um 1700, waren sie bereits
auf 10.000 gestiegen, 1887 waren es 100.000 und 1908, in dem
Jahre, mit dem die Statistik des »Bulletin« abschließt, waren
nicht weniger als 174.375 Neuerscheinungen zu verzeichnen.
Bilder.
(Drohender Verlust zweier Niederländer.)
In Brüsseler Künstlerkreisen herrscht große Erregung, weil zwei
wertvolle Gemälde niederländischer Maler nach Amerika ver
kauft werden sollen. Diese beiden Werke befinden sich in einer
Kirche der kleinen Gemeinde Ceuthy in der Nähe von
Brüssel. Es handelt sich um ein Bild von David Teniers aus
dem Jahre 1660. das »Die Flucht aus Aegypten« darstellt. Das
zweite Bild ist von Cray er und heißt »Die heilige Clothilde
zu Füßen des heiligen Leonhard«. Der Pastor der Gemeinde er
klärt, daß er tatsächlich die Absicht habe, die beiden Bilder zu
verkaufen, um mit dem Gelde eine Vergrößerung der Kirche
vorzunehmen. Man will sich jetzt an den Justizminister wenden,
um den Export dieser beiden Kunstwerke zu verhindern.
Heraldik.
(Wappen des Fürstentums Albanien.) Mit
dem Entwürfe hat Fürst Wilhelm von Albanien Proi.
Emil D o e p 1 e r d. .1. vom Berliner Kunstgewerbemuseum be
auftragt. Doeplcr hat die Zeichnungen zu dem großen Staats
wappen, zu dem kieT.ercn Staatswappen oder persönlichen
kleineren Wappen des Fürsten, zur Staats-, Kriegs- und Handels
flagge Albaniens, zu den Standarten des Fürsten, der Fürstin
und des Kronprinzen srAvic den Entwurf für eine Krone
Albaniens geliere:t. Diese hat zehn Bügel, ist weiß gefüttert
und zeigt auf dezi Scheitelpunkte auf einer Halbkugel den iiini-
strahligen Stern Albaniens, der in der Staatsflagge, der Handels
flagge und dem albanischen Adler wiederkehrt. Das große Staats
wappen besteht aus einem purpurnen, innen hermeliiigefütteiten
Fürstenmantel, der m t der albanischen, weißgefiitterten, zehn-
bügeligen Krone gekrönt izt. Uetcr dem oberen Rande des
Mantels flattert ein blaues Band, das in goldenen Buchstaben
den Wahlspiuch des Hauses Wied »Fidelitate et veritate« zeigt.
Im Fürstenmantel schwebt der schwarze, doppelköpfige gold
bewehrte albanische Adler mit roter Zunge, der in den Klauen
ie ein Bündel von vier Blitzen trägt. Der Adler ist belegt mit
einem Herzschildc, oeni Wiedscheu lAau von vorn in goldenem
Felde, umgeben von einem Bord gestückt in Schwarz und Rot.
den Landeslärbcn Albaniens, lrn kleineren Wappen und auf den
Standarten ist der Adier im roten Felde zu sehen.
Numismatik.
(Numismatische Vorlesungen an der
Wiener Universität.) Im Sommersemester wird Pro-