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Int er nationale Sammler-Zeitung.
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bei den italienischen Meistern des 16. und 17. Jahrhunderts und
den frühen Niederländern ist dieser Stil noch rein bewahrt, der
um so eindrucksvoller erscheint, je monumentaler die Zeich
nung angelegt ist.
Es folgt die Zeit, in der von Frankreich und später von
England die bestimmenden Anregungen ausgingen. Die Zeich
nung wird mehr und mehr anekdotisch, und mit der Kleinheit
der Form kommt auch mehr Buntheit in die Blätter hinein. Man
Die große Errungenschaft des 19. Jahrhunderts auf dein
Gebiete der Griffelkunst ist der Steindruck. Die vielfachen
Schicksale dieser Technik, die sich jahrzehntelang wie ein Hans
in allen Gassen nicht immer in der besten Gesellschaft be
wegte, sind wohl bekannt. In Deutschland drohte der Stein
druck künstlerisch vollends zu verkommen. (Gassenhauer fürs
Auge möchte man die zahllosen Blättchen aus der Mitte des
Jahrhunderts nennen.) Erst die Entwicklung des sogenannten
Fig. 8. Makart, Tar.nhäuser im Venusberg.
muß schon von der Erinnerung an die klassische Zeit absehen,
wenn man die Rokokokunst des 18. Jahrhunderts hier in der
ihr eigenen Schönheit voll genießen will. Die strenge Sichtung,
die im Kupferstiehkabinett vorgenommen wurde, rückt die
Griffclkunst jener Zeit in ein möglichst vorteilhaftes Licht.
Immerhin wird man auch bei den besten Schabkunst- und Aqua
tintablättern die störende Vorstellung nicht los, daß sie einen
Wettbewerb aufnehmen wollten mit den gleichzeitigen Ge
mälden, während die eigentliche Größe des Farbendruckes doch
gerade darin lag, daß er eine eigene. Kunst für sich darstellte.
Künstlersteindruckes brachte eine Wendung. Hans Thoma
und neben ihm Steinhausen waren hier entscheidend, und
man Hätte wohl die beiden in der Ausstellung ein wenig stärker
hervorheben können. Der Farbensteindruck ist seitdem an
Charakter so sehr erstarkt, daß er nun das ihm einst so ge
fährliche Gewerbe künstlerisch zu heben vermochte. Moderne
Plakate und Ansichtskarten liefern den Beweis. Bis zu welchem
Grade er heute die Künstler beschäftigt und wie geschickt er
sich zeigt, deren Eigenart bis ins Innerste zu folgen, davon legt
die Ausstellung im Kupferstichkabinett Zeugnis ab.