Nr. 1
Internationale Sammler- Zeitung
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der Musterwirtschaft Gentzrode in der Mark), Georg Philipp
Harsdörffer, dem berühmten Yerfasser der „Frauenzimmer-
gesprächspiele“, Begründer des Ordens der Pegnitzschäfer,
Wilhelm Hauff u. a.
(Ein bisher unbekanntes Luther-Autograph.)
Im Besitze des Pastors einer, von Kohren, Heinrich Jentsch,
inmitten alten, von Geschlecht zu Geschlecht vererbten
Familiengutes, hat, Karl August Friedrich ein bisher unbe
kanntes Luther-Autogramm gefunden. Der Luther-Forscher
Professor Dr. Kamerau (Berlin) hat es für echt und ungedruckt
erklärt und verlegt es nach Handschrift und Inhalt in Luthers
letzte Lebenszeit. Die Worte, die die „Christliche Welt“ in
Faksimile wiedergibt, sind als Widmung oder Andenken auf
das Vorsatzblatt eines Büchleins in Sedezformat geschrieben
und lauten: „Wer sich furcht, der zihe ein Pantzer an. Helpfts,
so helpfts. Aber wir wissen das es helpfen mus. Denn er lebt und
bleibt lebend, der Scheblimini. Sede a dextris meis, da steckts.
M. Luther. G. p." (Gratia pax!) Der Scheblimini ist das hebräi
sche Wort für „Setze Dich zu meiner Rechten“, was Luther
dann lateinisch wiederholt. Luther gebrauchte die Bezeichnung
Scheblimini für Christus, die dessen himmlische Krönung
ausdrückt, vor allem aber in den vierziger Jahren, also in seiner
letzten Lebenszeit, sehr geläufig. Hamann hat in seiner letzten
Schrift Golgatha und Scheblimini behandelt.
Bibliophilie.
(Sammlung von Kriegsliteratur für die Wiener
Hofbibliothek.) Wir werden von der Direktion der Hof-
bibliothck in Wien um Aufnahme folgender Zuschrift ersucht:
„Die k. k. Hofbibliothek hat es unternommen, eine Sammlung
der den gegenwärtigen Krieg betreffenden Literatur und ins
besondere auch der nicht in den Buchhandel kommenden
Drucksachen als historisches Material der Zukunft anzulegen.
Diese Bestrebungen können jedoch nur dann von vollem Erfolg
gekrönt sein, w T enn das genannte kaiserliche Institut die Unter
stützung und Mitwirkung der weitesten Kreise an die
es sich hiemit wendet, findet. Insbesondere kommen hiebei in
Betracht: Extrablätter, Flugblätter, Bilderbogen, Karika
turen, Lieder, Gedichte, Anschläge, Bekanntmachungen,
Ansichtskarten, Erlässe und Verlautbarungen, namentlich
aus den Grenzbezirken und unserer Truppenkommandos und
Behörden im Auslände, Kriegszeitungen, Surrogatgeld, aus
ländische Zeitungen und Broschüren politischen oder militäri
schen Inhaltes, handschriftliche Kriegsberichte und Kriegs-
schilderungen, auch von gegnerischer Seite. Für Zusendung
derartigen Materials wäre die k. k. Hofbibliothek sehr dankbar.“
(Der Krieg und die amerikanische Bücherwelt.)
Unter den Handelszweigen, die in Amerika durch den Krieg
schwer geschädigt werden, befindet sich auch der Büchermarkt.
Dabei kommt es weniger in Betracht, daß die Vereinigten
Staaten von dem größten Zinnlieferanten der Welt, von England
abgeschnitten werden und daß dadurch die Metalltypen der
Setzmaschinen eine große Teuerung erleiden. Viel wichtiger ist,
daß es Amerika auch allmählich an gewissen Papiersorten
fehlen dürfte. Die Vereinigten Staaten sind zwar zugleich Expor
teure und Importeure von Papier, und zwar halten sich Export
und Import die Wagschale, sie betragen etwa 1000 Tonnen täg
lich. Aber zum Unglück für den Buchhandel besteht der Import
zum großen Teil in Buchpapier und deshalb dürfte bald in allen
Papieren, die zum Druck von Büchern verwendet werden, eine
beträchtliche Teuerung eintreten. Ein großer Teil der Bücher,
die auf den amerikanischen Markt kommen, ist in England
gedruckt, so besonders viele illustrierte Prachtwerke und zahl
reiche wissenschaftliche Bücher. Die Amerikaner, die nun im
wesentlichen auf die eigene Biicherproduktion angewiesen sind,
werden Augen machen, so meint die Chicagoer Evening Post,
wie verändert die Buchläden bald aussehen werden und welch
eine weitgehende literarische Umwälzung damit eingeleitet ist.
„Der Charakter der Romane und Dichtungen, die jetzt gedruckt
werden, wird sich von Grund auf verändern, denn man will
nur noch Kriegsgeschichten hören und es ist sehr zweifelhaft,
ob bei dieser Nachfrage die wertvolle Literatur siegt. Auf der
anderen Seite kann man aber hoffen, daß die bedeutenden
Dichter hier einen ihrer würdigen Stoff finden werden und ihn
zu wirklich künstlerischen Dichtungen gestalten können.“
Blicken so die Buchhändler und die Leser Amerikas mit Trauer
auf die Folgen des Krieges für den Büchermarkt, so haben nach
Ansicht des Bostoner Transkript die Bibliophilen allen Anlaß
zur Freude, denn für sie soll jetzt eine überaus günstige Ge
legenheit sich eröffnen, um wertvolle Werke billig zu kaufen.
„Schon manche große Bibliothek ist durch einen Krieg geschaf
fen worden. Die berühmten Bibliotheken der Ptolomäer wurden
auf diese Weise bereichert, daß man feindliche Schiffe mit
Bücherladungen anhielt und die kostbaren Werke den eigenen
Schätzen einverleibte, während.sich die ursprünglichen Besitzer
mit Abschriften begnügen mußten. So kann natürlich Amerika
nicht verfahren, da die Vereinigten Staaten im letzten Jahrzehnt
ein gewaltiger Importeur von kostbaren und seltenen Büchern
gewesen sind, so werden nach dem Krieg günstige Bedingungen
für den Bücherkauf ; aus Europa vorhanden sein. Manchen
reichen Sammler in Deutschland oder England wird der Krieg
zwingen, seine Bücher zu verkaufen, und Amerika wird der
Käufer sein.“ Jedenfalls denken die Amerikaner schon ziemlich
weit voraus!
(Bibliothekar Dr. Dolch.) Die eben erst durch den
Tod ihresbisherigen Besitzers schwer betroffene Dr.Ed. Langer-
sche Bibliothek in Braunau hat einen neuerlichen schweren
Verlust erlitten. Ihr allseits hochgeschätzter Bibliothekar
Dr. Walter Dolch hat am 9. v. M. bei Kutno den Heldentod
gefunden. Er eilte gleich nach Beginn des Krieges freiwillig
zu den Waffen und wurde der Armee Hindenburgs zugeteilt.
Nun ist er einer russischen Kugel zum Opfer gefallen. Mit ihm
ist nicht nur ein tüchtiger Gelehrter und ausgezeichneter
Bibliograph, sondern auch ein Mann von hervorragenden Gaben
des Geistes und Charakters, ein liebenswürdiger Mensch von
seltener Treue und Festigkeit dahingegangen. Alle, die ihn
kannten, werden ihm eine ehrende Erinnerung bewahren.
(Ibsens Bibliothek.) Dr. Sigurd Ibsen, des Dichters
Sohn, hat dem Museum zu Braecke die Bibliothek seines
Vaters zusammen mit einer Anzahl von Andenken an den
Dichter der „Nora“ zum. Geschenk gemacht. Ibsens Bibliothek
ist für den Dichter kennzeichnend. Groß war sie nicht. Während
sein Nebenbuhler Björnson ein gewaltiger Leser war und sich
nicht leicht irgendein hervorragendes Erzeugnis der Literatur
entgehen ließ, so hat Ibsen den literarischen Produkten anderer
im ganzen und großen mit ziemlicher Gleichgültigkeit gegenüber
gestanden. Seine Vorliebe galt den großen Klassikern und unter
ihnen wieder vor allem Goethe, dessen Werke er andauernd las
und wieder las. Seine Bibliothek enthält eine ziemliche Anzahl
von Widmungsexemplaren — aber die Mehrzahl davon hat
er nicht einmal auf geschnitten. Es. befindet sich auch darunter
ein Band von einem, schwedischen Dichter, der ihn auf der
Widmungsseite in bewegten Ausdrücken um ein Wort der
Ermutigung bittet, dessen er dringend benötige. Allein auch
dieser Band gehört, zu denen, die Ibsen unaufgeschnitten hat
liegen lassen. Einen beträchtlichen Teil der Bibliothek bilden
die Übersetzungen von Ibsens eigenen Werken und die kritischen
Arbeiten, die sich mit ihm und seinen Dichtungen beschäftigen,
und hier ist, wie die Gebrauchsspuren beweisen, jeder einzelne
Band geöffnet und gelesen, wieder gelesen und mit Anmerkungen
begleitet worden. Philosophische Werke sind spärlich. Zeitungen
und Zeitschriften zahlreich vertreten, ebenso Kriminal
romane.