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Internationale Samml er -Zeitung
gen von dem führnehmbsten Ausfall, Schießen, Scharmützeln
und Stürmen sambt anderen verlauffenen Sachen* ‘. Kein Wunder,
daß auch jetzt, wo mit den lapidaren Depeschen des General
quartiermeisters so ungeheure Begebenheiten auf uns eindringen,
die Federn wieder ansetzen, um dem Volk Bilder von Kampf
und Sieg und der Niedertracht unserer Gegner auszumalen.
Unter den mannigfachen Produktionen, die einem da an den
Straßenecken in die Hand gedrückt werden, gibt es auch schon
schon einiges aus der Werkstatt unserer Künstler, das aus dem
pulsenden Rhythmus dieser Tage heraus geboren scheint.
Da hat unter dem Namen „Kriegszeit“ eine unter Alfred
Golds Leitung stehende Serie von Künstlerflugblättern
zu erscheinen begonnen, die in wöchentlicher Folge Original
lithographien von Liebermann, Kampf, Trübner, Kalck-
reuth, Gaul, Slevogt, Klinisch, Kolbe, Baluschek
und anderen zu bringen verspricht. Max Liebermann eröffnete.
diese Blätterfolge mit einer Zeichnung des Volkes, das an jenem
Samstag hingeströmt kam zum Schloß, um seinen Kaiser zu
sehen, um von ihm das verbrüdernde Wort: „Ich kenne keine
Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche!“ mit Jubel zu
vernehmen. Eine große Stunde, die in Liebermann den wahrhaft
lapidaren Schilderet gefunden hat. Die Wacht an der Maas,
die Eroberung der ersten Fahne, die Aufregung in Berlin in
Bildern von Arthur Kampf, Otto Hettner und Max Oppen
heimer füllen daneben diesen ersten Bogen. Sehr hübsch und
wert, volkstümlich zu werden, sind auch die „Bunten Kriegs
bilderbogen“, die von der Vereinigung der Kunstfreunde
herausgegeben werden. Um wackere Knittelverse herum gibt
es da Zeichnungen von Ernst Stern, Ludwig Kainer, Fritz
Wolff und Walter Trier. Trier erscheint schon als eines der
künstlerischen Talente, die der Krieg recht eigentlich zur
Entfaltung gebracht hat. Ein geborener Karikaturist, ein Mensch
von Stil und eigener Linie, hat er das Stichwort der Stunde auf
genommen und schmettert.mit einer machtvollen, freudig auf
genommenen Satire ins Volk die Entrüstung, den Haß und die
Verachtung der „Krüppel-Entente“.
(Große Berliner Kunstausstellung 1915.) Aus
Berlin wird uns berichtet: Trotz des Krieges wird die Berliner
Künstlerschaft die Große Berliner Kunstausstellung im
Sommer 1915 veranstalten. Zu diesem Ergebnis ist man
vorläufig gekommen, und die Kommission, die bereits
im Sommer gewählt wurde und die wiederum ebenso
wie in diesem Jahre Professor Karl Langhammer leitet,
hat die Vorbereitungen für die Veranstaltung bereits
begonnen. Die Erfahrungen, die man in der diesjährigen Aus
stellung am Lehrter Bahnhof während der Kriegsmonate
gemacht hat, berechtigen zu der Hoffnung, daß es auch im
nächsten Sommer wohl gelingen wird, das Interesse einer großen
künstlerischen Ausstellung zu sichern.
Museen.
(Ein altböhmisches alch emistisches Labora
torium.) Im Technischen Museum zu Prag wurde als eine
weitere Abteilung der zahlreichen Musealsammlungen ein
alchemistisch.es Laboratorium aus dem 16. Jahrhundert er
richtet. Es führt alle wichtigeren Arbeiten der Alchimisten wie
auch die verschiedenen zu jener Zeit in Gebrauch gestandenen
Hilfsmittel, wie Öfen, Apparate und dergleichen vor. Das Labora
torium wurde von Ingenieur Ott. Zaehar unter Mitwirkung des
akademischen Malers. K. Stapfr errichtet und am 4. Oktober
eröffnet.
(Neuerwerbungen des Leipziger Museums.) Das
sächsische Ministerium des Innern hat dem Rat der Stadt
Leipzig f ür das städtische Museum der bildenden Künste ein
großes Aquarellölgemälde von Johannes Uler, einem Schüler
von Gotthart Kühl, geschenkt. Das Bild stellt einen Biblio
thekar in der Tracht des Rokoko dar und ist koloristisch von
hohem Reiz.
(Das Deutsche Entomologische Museum.) Ber
liner Zeitungen melden: Nur wenige wissen, daß die Reichs
hauptstadt seit kurzem auch die Eigentümerin eines wissen
schaftlichen Spezialmuseums ist, das seinesgleichen sucht und
obendrein nicht im Weichbild Berlins selbst, sondern „draußen“
in Dahlem sein Heim hat: das Deutsche Entomologische
Museum. Zum ersten Male erstattet jetzt das Kuratorium
dieses Museums, dessen Vorsitzender Bürgermeister Dr. Reicke
ist, im Rahmen des Verwaltungsberichts des Magistrates zu
Berlin einen Jahresbericht über die Tätigkeit des Museums
(das vielleicht besser den verständlicheren Namen Museum für
Innsektenkunde erhielte) seit seinem Übergang in städtische
Besitz. Das Museum mit seinen reichen Schätzen an Schmetter
lingen, Käfern, Spinnen, Fliegen und allem, was mit sechs
Beinen kreucht und fleucht, ist eine Stiftung des vor fünf Jahren
zu Berlin verstorbenen Professors Dr. G. Kraatz, der seine
großen Sammlungen in seiner Privatwohnung in der Thomasius-
straße untergebracht hatte und in Moabit als der ,, Schmetter -
lingsprofessor“ eine bekannte Persönlichkeit war. Diese Samm
lungen nebst einer umfangreichen Fachbibliothek und seinem
ganzen, etwa 800.000 Mark umfassenden Barvermögen ver
machte er der Stadt Berlin mit der Bestimmung, daß die Erb
schaft zur Weiterentwicklung des von ihm bereits im Jahre 1886
ins Leben gerufenen „Deutschen Entomologischen National
museums“ verwendet werde. Vor zwei Jahren hat das Museum
sein neues,.schönes Heim in Dahlem, Goßlcrstraße 20, nach den
Plänen von Heinrich Straumer gefunden, und jeder, der
Dahlem besucht, sollte nicht versäumen, diesem schmucken
Backsteinbau einen Besuch abzustatten. Die Sammlungen des
Museums umfassen heute 550.000 Insekten aller Ordnungen.
Die Bibliothek zählt 12.000 Bände und 10.000 Sonderabdrucke.
(Wo sind die Kunstschätze des Louvre?) Der
Pariser Korrespondent der „Times“ macht in einem zwei
Spalten langen Artikel geheimnisvolle Andeutungen über das
Schicksal der Kunstschätze des Louvre, über die irgendwelche
Angaben zu bringen den französischen Zeitungen von der Zensur
auf das Strengste verboten wurde. Etwas Bestimmtes weiß
der englische Korrespondent freilich auch nicht anzugeben,
aber so viel geht doch aus seinen Andeutungen hervor, daß
das französische Ministerium des Äußern und die Direktoren
der Museen die sorgfältigsten Vorsichtsmaßregeln getroffen
haben. Es ist in Paris ein öffentliches Geheimnis, daß 700 der
berühmtesten Gemälde des Louvre bereits Anfang September
von Paris nach „einem sicheren Platze“ gesandt worden sind.
Wo sich im Augenblick die Venus von Milo, die Mona Lisa und
andere Kunstwerke von internationaler Bedeutung befinden,
ist unbekannt; man glaubt, daß sie unter strenger Bewachung
„irgendwo im Süden“ aufbewahrt werden. Vor einigen
Tagen, so schreibt der englische Korrespondent, sprach ich
hierüber mit einem Herrn, der der Direktion der nationalen
Museen angehört. Er bestätigte mir, daß es sich hierbei um eine
Frage handelte, die für die Allgemeinheit ein starkes und leb
haftes Interesse hätte; aber die Befehle des Ministers seien
bestimmt und könnten keinesfalls umgangen werden; deshalb
dürfe er sich darüber nicht äußern. So ließen wir denn das
verbotene Thema fallen und sprachen statt dessen über die
Erinnerungen aus dem Jahre 1870, als die Gemälde des Louvre
während des Krieges in Schiffen nach Brest gebracht wurden.
Während der Wanderung durch das Louvremuseum verirrte
sich der Korrespondent und gelangte schließlich nach langen
Wanderungen durch schlecht beleuchtete, öde und leerstehende
Säle in die unteren Räume. Hier bemerkte er „verschiedene,
höchst interessante Dinge“, über die er aus Loyalität nicht
berichten kann. Er verrät aber, daß man außerordentliche Vor
sichtsmaßregeln getroffen habe, um das Museum und dessen
kostbaren Inhalt gegen Bomben aus Flugmaschinen zu schützen.