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Internationale Sammler- Zeitung
Nr. 10/11
schenk. Einen anderen sehr seltenen Fund machte man in
Ncu-Boberg. Dort wurde ein Urnenfriedhof entdeckt
und drei vorzüglich erhaltene Urnen mit Beigaben gefunden.
Außer einem kleinem Gefäß, eisernen Bruchstücken und
Knochenasche enthielt eine der Urnen drei runde, bronzene
Ohrringe von außerordentlicher Seltenheit. Es sind die einzigen
Exemplare, die bisher auf schleswig-holsteinischen Urnen-
l'riedhöfen gefunden wurden. Museumsdirektor Dr. Knorr er
warb sie für das Kieler Museum.
(Pauluaiß). Im Jahre 1893 hat der Vorsteher der
ägyptischen und orientalischen Altertumsabteilung des Lon
doner Britischen Museums, E. A. Wallis Budge, in einem
größeren Werke über die Sammlung ägyptischer Altertümer
berichtet, die sich im Besitz der Lady Meux befanden. In
diesem Werk stehen auch Mitteilungen über eine Reihe der
bekannten ägyptischen Skarabäen-Gemmen. Unter Kummer
637 führt er einen blaulasierten Fayence-Skarabäus an, der
11 / 16 Zolllang ist und eine Inschrift trägt. Diese Inschrift gibt
er wieder als Pauluaiß und sieht hierin, nach der Stelle, die
er dem Skarabäus gibt, jedenfalls einen alten Ägypter. Wie
nun aber der Bonner Ägyptologe Professor Alfred Wiede
mann erzählt, ist Budge hier auf eine Spielerei hineingefallen.
Wie wohl jeder Tertianer versucht, sobald ihm die ersten Ge
heimnisse der griechischen Sprache auf gegangen sind, seinen
Namen mit griechischen Buchstaben zu schreiben, so bürgerte
sich vor etwa dreißig Jahren bei den Reisenden nach Ägypten
die Mode ein, sich mit Hieroglyphen zu unterzeichnen, und
wer es konnte, ließ Seine Hieroglyphen in eine Skarabäer-
gemme schneiden und stempelte bei passender oder unpassender
Gelegenheit damit. So tat es auch Pauluaiß oder richtiger Paul
Uaiß, der nicht unter den Pharaonen gelebt hat, sondern in
den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts sich längere
Zeit in Ägypten aufhielt, mit dem Wiedemann 1881/82 zu
sammengetroffen ist und der den guten deutschen Namen
Baron Paul Weiß (Horstenstein) führte und aus Kalaz bei
Neutra in Ungarn stammte. Der Stempelschneider hat wahr
scheinlich die Hieroglyphe Pauluaiß in mehrere Skarabäen
eingegraben, ein Stück ist nach London gekommen und hat
bei Budge seine fröhliche Auferstehung gefunden.
(Steinwerkzeugfundc in Südamerika). Der süd
amerikanische Urgeschichtsforscher Ameghino hat in den
Tertiärschichten südlich vom Mar del Platain Südamerika
Steinwerkzeuge von Urmenschen gefunden, die in gewisser
Beziehung noch primitiver sind als die in Europa entdeckten
Stein Werkzeuge. Diese aus Rollkiescl angefertigten Instrumente
sind nach Ameghino in folgender Weise hergestellt worden :
Das Rollstück wurde mit seinem breiteren Ende nach unten
in seiner Längsrichtung senkrecht auf eine vertiefte feste Unter
lage gestellt und dann mit einem anderen festen Stein oben
auf das Stück geschlagen, so das seitliche Splitter entstanden,
die eine scharfe Schneide bildeten. Die so entstandenen Axt
keile ließen sich mit dem breiten Ende bequem in der Hand
fassen, so daß die Schneide nach unten stand. Sie dienten als
Messer zum Zerschneiden und Abschneiden von Gegenständen,
als Beil zum Zerspalten von Knochen, als Schaber, Kratzer usw.
War die Schneide durch wiederholten Gebrauch abgestumpft,
so wurde sie durch nochmalige Bearbeitung wieder geschärft.
Die Größe der Keile schwankt zwischen 2 und 10 Zentimeter.
Daß die Bearbeitung dieser Werkzeuge in der von Ameghino
angegebenen Weise erfolgte, dafür zeugt die Gestalt der Keile.
Weiterhin fand man neben diesen Keilen andere rohe Steine,
die als Schlagwerkzeug gebraucht sein müssen, denn an ihrem
unteren Ende zeigten sie stark ausgesprochen eine durch das
häufige Schlagen verursachte Rauhigkeit. Schließlich sind
auch „Ambosse“ aufgefunden worden, die Vertiefungen be
sitzen, um den zu bearbeitenden Stern, dem sie als feste Unter
lage dienten, beim Schlagen nicht abrutschen zu lassen. Bei
dieser Art der Bearbeitung der Steine entstanden natürlich
auch viele kleine Splitter von verschiedener Form, die man
1 zum Schneiden, Sägen, Schaben und Bohlen benutzte, und
die durch derartigen Gebrauch ganz charakteristische Merk
male bekommen haben.
Museen.
(Neue Erwerbungen der Berliner National
galerie). Die Berliner Nationalgalerie erwarb jetzt eine Bronze
büste des Generalobersten Grafen Schlieffen, die Professor
Fritz Klimsch, der in Berlin lebende Meister, geschaffen hat.
Ferner kam in die Sammlung noch ein Kriegsbild des Düssel
dorfer Malers Wilhelm Schreuer. Eine Trainkolonne in
Flandern ist hier dargestellt.
(Ein historisches Museum in Bremen). Man
berichtet aus Bremen: Mitten im Kriege ist in Bremen ein
friedliches Werk geschaffen worden: das Historische Museum.
Während unser Städtisches Museum für Völkerkunde beim
Bahnhof alle Völker und Länder berücksichtigt, will das
Historische Museum Alt-Bremen darstellen. Das idyllisch an
der Weser in einem Viertel mit alten Gebäuden gelegene,
mit seinen Flügeln einen entzückenden Garten umschließende
ehemalige Altenheim paßt mit seinem Stil aus dem Anfang
des 18. Jahrhunderts vorzüglich für den Zweck. Ein großer
Waffen- und Uniformsaal wird abgelöst von Sälen mit alt
väterlichem Hausgerät, wobei schöne Mahagonimöbel ton
angebend sind. Ganze Ladeneinrichtungen sind so aufgebaut
mit Fenstern, Tresen usw. wie darin einst die alten Tabak
händler, Bäcker, Heringsräucherer und andere mehr gearbeitet
haben. Feierlich mit seiner meerdurchrauschten Sprache wirkt
der hohe Saal mit den vielen Schiffsmodellen. Viele sind von
den kunstgeschickten 1 Tändcn der Schiffer, die auf den Wal
fischfangreisen zur Muße gezwungen waren, angefertigt worden.
Lehrreiche Aufschlüsse findet man unter anderen über die
Entwicklung der Auswanderung, über die Fischerei und
Betonnung des Fahrwassers. Ein besonderer Raum birgt
wertvolle Auszeichnungen und Geschenke für berühmte
Bremer, auch zahlreiche Münzen. Viele alte Stadtmodelle,
die im 9. Jahrhundert beginnende fesselnde Baugeschichte
des Domes in Bildern und Plänen, Kirchengeräte, Familien
urkunden, rechtsgeschichtliche Belege, die Wandlungen
der Frauen- und Herrenmode und tausend andere Dinge sind
so übersichtlich vorgeführt, daß nur eine Stimme des Dankes
laut wird für den geistigen Schöpfer und Ordner des Ganzen,
den Senatssyndikus a. D. Dr. Focke, dermit feinem Geschmack
und inniger Heimatliebe nicht nur vieles von dem Ausgestellten
herangeholt, sondern alles so vollendet aufgebaut hat.
Vom Kunstmarkt.
(Auktion moderner Gemälde.) Am 30. d. M. gelangt
in der Galerie Helbing in München eine kleine Kollektion
von Ölgemälden, Studien, Pastellen, Zeichnungen zur Ver
steigerung, die sich vor allem durch den intimen Charakter
auszeichnet, der ihr dadurch zu eigen wird, daß ein Teil der
Sammlung aus dem Nachlasse eines Münchner Künstlers
stammt und somit Werke enthält, die im Tausche vom Kollegen
zum Kollegen gelangten. Daß in solchen Fällen hauptsächlich
Arbeiten vorwiegend künstlerischen Charakters in Frage
kommen, beweisen auch die hier vorliegenden Bilder. Aber
auch unter den sonstigen in der Kollektion enthaltenen Ge
mälden ist manches Begehrenswerte zu finden, so u. a. eine
Gebirgslandschaft größeren Formats von C. Spitzweg,
wohl eine direkte Studie nach der Natur, die uns vielfach an
das „Nebelmeer“ des Uhde-Bernayschen Werkes erinnert.
Tn diese Zeit fällt auch die Entstehung zweier Studien von
C. Rottmann. Aus der späteren Zeit wären noch zu nennen:
R. Beyschlag, Carl Bios, O. Bromberger, Graf Bülow von
Bennewitz, A. Egcrsdörfer, R. Epp, H. Frobenius, W. Geffken,