MAK
Seite 140 
Internationale Sammler- Zeitung 
Nr. 10/11 
schwingenden, zornentbrannten Heiland, ein umge 
stürzter kunstloser Tisch. 
In dem San Gines-Exemplar erreicht die Ver 
innerlichung ihren Höhepunkt. Der Horizont ist 
verschwunden, und den Hintergrund bildet der geheim 
nisvolle Säulenwald des Tempels, den weiße Lichter 
und schwarze Schlagschatten durchzittern. Dadurch, 
daß der Künstler die Szene in den geschlossenen Raum 
gepreßt hat, bekommt er eine Synthese der Erscheinung 
heraus, die unmittelbar packt und hinreißt. Das Ganze 
liegt innerhalb der natürlichen Grenzen des Sehfeldes, 
und es gibt darin keinen toten Punkt. 
Alles atmet Kraft, Bewegung und Leben, glühenden 
Uberzeugungsdrang. Die Zentralisierung des Interesses, 
die Geschlossenheit der impressionistischen Darstellung 
ist vollkommen. Im Mittelpunkt die energisch ragende 
Gestalt des göttlich-entrüsteten Menschensohns, rund 
um ihn das Gewirr und Gedränge der erschreckten, 
rettenden, flüchtenden Krämer und Schacherer, ein 
Augenblicksbild von unsagbarer Verve. Jeder Pinsel 
strich schreit die Intensität der Empfindung hinaus, 
das Walten eines dämonisch grübelnden, gequälten 
Geistes. Und dann die unendlich feinen Beziehungen 
der Farben werte: die wunderbaren Harmonien des 
Violett und Mattgrün, die wirkungsvolle Gegenüber 
stellung massiver Farbenflächen in den Gewändern 
und luftiger, wallender, hingehauchter Partien, die 
silbrig flimmernde Lichthelle, die die Figuren um 
spielt und in den Raum einbettet und die Schatten 
durchsichtig macht, zeigen uns, daß auch noch mitten 
in der Ekstase der Stilwille und der Ausdrucksdrang 
des greisen, seiner Todesstunde harrenden Meisters 
gleichsam automatisch, aber machtvoller als je tätig 
waren. „Voss. Ztg.“ 
Krieg und Briefmarkenhandel. 
Aus Berlin wird berichtet: 
Ein Berliner Briefmarkenhändler hatte an amtlicher 
Stelle angegeben, am 8. Juli 1914 an einen Petersburger Brief 
markenhändler eine Briefmarkensammlung zum Preise von 
12.000 Mark verkauft und an Stelle dieses Betrages fünf Wechsel 
erhalten zu haben, deren erster in Höhe von 5000 Mark am 
25. Oktober 1914 fällig war. Infolge des von der russischen 
Regierung gegen Deutschland erlassenen Zahlungsverbots 
konnte der Wechsel nicht eingelöst werden. Der Schuldner 
hatte sich indessen erboten, behufs Begleichung seiner Wechsel 
schuld dem Gläubiger russische Wohltätigkeitsbriefmarken in 
entsprechender Menge in Zahlung zu geben. Um wenigstens 
einen Teil seines Geldes zu erhalten, hatte sich der Berliner 
Händler mit diesem Vorschlag einverstanden erklärt, er bat 
hiernach, diese Marken in Deutschland verkaufen zu dürfen. 
Wenn, wie es geschehen ist, der Reichskanzler (Reichsamt 
des Innern) im Einvernehmen mit dem preußischen Minister 
des Innern dem Gesuchsteller auf diesen Antrag eröffnete, 
daß der Vertrieb der russischen Marken in Deutschland un 
zulässig sei, so hat unsere Regierung damit nur in einem ein 
zelnen Falle ausdrücklich entschieden, was auch auf alle 
anderen ähnlichen Fälle zutriift: daß durch den Vertrieb von 
Briefmarken feindlicher Staaten unserseits Einrichtungen einer 
feindlichen Macht unterstützt werden würden, eine Handlungs 
weise, die nicht geduldet werden dürfe. Und wie die deutsche, 
so hat auch die österreichisch-ungarische Regierung zu dieser 
Frage Stellung genommen, indem sie einem Wiener Brief 
markenhändler aul seine Beschwerde von Anitswegen erklärte, 
daß die Einfuhr von unabgestempelten Kriegsmarken feind 
licher Länder unstatthaft sei, w'cil dieselbe einen mit diesen 
Ländern verbotenen Geschäftsverkehr voraussetzt. Es sei 
hierbei kein Unterschied, ob dieses Geschäft unmittelbar mit 
dem feindlichen Ausland oder mittelbar durch ein neutrales 
Land abgeschlossen wird. 
In deutschen Briefmarken-Sammlerkreisen ist mit Recht 
darauf hingewiesen worden, daß der Handel mit feindlichen 
Kriegsmarken eine finanzielle Unterstützung des Gegners dar 
stellt, man mag die Sache anfassen, wie und wo man will. Um 
so betrübender erscheint es, wenn trotzdem einzelne Kreise 
der deutschen Philatelie den Handel mit feindlichen Brief 
marken durch Ver- oder Ankauf eifriger betreiben, als im natio 
nalen Interese wünschenswert ist. „Es darf ruhig behauptet 
werden“, so schreibt ein Universal-Anzeiger für Briefmarken 
sammler „Die Post“ (Bischweiler i. Flsaß) in Nr. 4, „daß seit 
Kriegsbeginn für viele Tausend Mark feindliche Kriegsmarken 
nach Deutschland eingeführt und hier umgesetzt worden sind, 
wobei selbstverständlich der Feind den größten Nutzen ein 
heimste.“ Immerhin sind dies Ausnahmen; die großen deutschen 
Markenfirmen lehnen fast durchweg den Handel mit solchen 
Erzeugnissen des Auslandes grundsätzlich ab, und fast alle 
deutschen Sammlerverbände wirken im engeren Kreise ihrer 
Mitglieder im gleichen Sinne. Wenn z. B. der Briefmarken- 
Sammlerverein „Suevia“ alle Sammler Deutschlands und 
Österreich-Ungarns in einem Aufruf mahnt, nicht die Taschen 
skrupelloser Spekulanten des feindlichen Auslandes mit gutem 
deutschen Golde zu füllen, ganz abgesehen davon, daß in den 
meisten Fällen eine Übervorteilung durch Phantasiepreise 
stattfindet, so verdient dieser Mahnruf ernste Beherzigung. 
Besondere Kriegsgesetze stellen, wie im Gegensatz zu unserer 
Art hervorgehoben werden soll, bei unseren Feinden den Handel 
mit den während der Kriegszeit ausgegebenen Marken feind 
licher Länder unter schwere Strafen, da hierdurch der Gegner 
finanziell unterstützt werde. So ist z. B. ein Versuch einzelner 
englischer Händler, die einen Handel mit den Wertzeichen 
der deutschen Post in Belgien wagten und das sich regende 
Gewissen in der Last gewaltiger Profitprozente erstickten, mit 
Hilfe der mobil gemachten Ta.gespresse sofort unterdrückt 
worden. Man ist sicli seitdem jenseits des Kanals darüber einig, 
daß der Handel mit feindlichen Kriegsmarken nach den Kriegs 
gesetzen verboten und zu bestrafen ist. 
Gleichzeitig überschwemmen unsere Feinde aber den 
pliilatelistischcn Markt mit Kriegsausgaben der verschiedensten 
Briefmarken, die sie in jedem besetzten Erdfleckchen ganz 
ohne Rücksicht auf das postalische Bedürfnis ausgeben, in 
der Hoffnung, daß auch die zahlreichen Sammler Deutschlands 
und Österreich-Ungarns diese Spekulationsprodukte zu den 
künstlich hochgetriebenen Preisen durch Vermittlung des 
neutralen Auslandes kaufen werden. Kauft diese Marken nicht! 
Diese Mahnung gilt auch bezüglich aller feindlichen Kriegs 
wohltätigkeitsmarken, die während des jetzigen Krieges ver 
ausgabt sind, denn der Einwand, die Erträgnisse seien humani 
tären Zwecken gewidmet, verfängt um so weniger, wenn man 
bedenkt, daß immer nur ein bescheidener Prozentsatz jeder 
Einnahme aus solchen Marken diesen Zwecken dienstbar ge 
macht wird, der größere Teil aber in die Staats- und damit 
Kriegskasse des Feindes fließt! 
. % Iili7n 
— AyL . _ v : ,\ .
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.