MAK
Nr. 10/11 
Seite 143 
Internationale Sammler- Zeitung 
meinen die Kunstkritiker der Pariser Zeitungen, auch 
von Leuten besucht werden, die bisher dem ..Salon 
der Humoristen“ fern blieben. 
Auch hier gibt es Werke der direkten Anschauung 
•—• sie sind die zahlreicheren — und der in aller Ruhe 
verfaßten und ausgeführten Studie. Da gibt es besonders 
viele Bilder und Skizzen aus dem Elsaß. Forain, 
der immer mit seinem Bleistift politische und natio 
nalistische Hetze betrieben hat, soll jetzt wieder die 
Höhe seiner Kunst erreicht haben. Er zeichnet Sol 
daten im Schützengraben, von denen einer zum andern 
sagt : „Was willst du ? So ist das Leben !“ Ein 
anderer Soldat ruft, während er das Gewehr ladet: 
„Und daran denken müssen, daß ich zu jenem ein 
mal „Genosse“ gesagt habe !“ Oder eine Frau, die 
nach dem Untergang der „Lusitania“ aus dem Wasser 
gezogen wird und sagt: „Wie wird mich Wilson rächen!“ 
Willette zeichnet Kriegs- und Deutschenhetze, 
auch Stein len, den man bisher als Maler der 
Ärmsten unter den Armen, als fühlenden Künstler 
kannte. Er hat auch Skizzen von französischen 
Flüchtlingen aus dem Norddepartements. Abel 
Faivre, der neben grotesk-humoristischen Zeich 
nungen auch die zartesten Kinder zu porträtieren 
pflegt, hat ein „.Kind mit der Puppe“ eingesendet, 
ein Kind, das inmitten einer rauchenden Trümmer 
stätte spielt. Sem hat den deutschen Kaiser und 
den Kronprinzen karikiert. 
Alle, auch im Auslande bekannten Namen französi 
scher Humoristen des Bleistiftes sind in dieser Aus 
stellung vertreten und verlassen nicht die herrschende 
Note, die von dem elsässischen Maler Hansi am 
stärksten betont wird und die in dessen Manier ge 
halten ist. 
Chronik. 
Ansichtskarten. 
(Neuheiten). Das Kriegshilfsbureau in Wien hat aber 
mals neue Ansichtskarten nach Originalgemälden bekannter 
Maler hergestellt. A. Marussig stellt Szenen aus dem Kriegs 
leben zur Verfügung. Sein „Infanterieangriff“ sowie „Die öster 
reichisch-ungarische Infanterie am Marsche" sind höchst 
wirkungsvoll, ebenso „Der österreichisch-ungarische und 
deutsche Soldat“, welche Schulter an Schulter in einem den 
allgemeinen Weltbrand versinnbildlichenden Flammenmeer 
unerschrocken und kampfbereit standhalten. „Die Über 
rumpelung eines einen Hühnerhof plündernden russischen 
Soldaten durch zwei österreichisch-ungarische Infanteristen“ 
entbehrt nicht einer gewissen Komik. Ein weiteres Bild zeigt 
den Abtransport gefangener Franzosen aus einer gefallenen 
Festung. Vom Maler Kl ab er stammt die Karte „Auf Vor 
posten". Eine in der Ferne nachts auftauchende Abteilung 
feindlicher Reiter wird von gedeckter schußbereiter Infan 
terie beobachtet. Besonders stimmungsvoll erscheint das zweite 
Bild dieses Künstlers „Eie letzte Beichte“ eines Verwundeten 
auf dem Schlachtfeld. „St. Georg mit uns“ nennt Maler 
Fr. Jung eine vom Schutzpatron der Reiter in voller Rüstung 
auf mächtigem Streitroß geführte Husarenattacke. 
Bibliophilie 
(Spanische Kriegsliteratur.) Die spanische Kriegs 
literatur trägt, getreu den literarischen Überlieferungen im 
Land Don Quijotes, zum großen Teil einen phantastischen 
Charakter. Es ist dort eine Anzahl von Kriegsbüchern er 
schienen, die halb Roman und hall) Politik sind. Das eine, 
das den Titel führt „Lord Kitcheners Geheimnis“, ist deutsch 
freundlich, während der Verfasser des Buches „Die Träume des 
Kaisers“ auf der Seite der Verbündeten steht. „Lord Kitcheners 
Geheimnis" ist bereits gegen Ende 1914 entstanden: der Ver 
fasser ist Don Cirici Ventallo, der, wie er einleitend bekennt, 
das Buch im Zeiträume von 22 Tagen fertiggestellt hat. Er 
läßt den Krieg mit einer vollständigen Niederlage der Ver 
bündeten enden. König Georg von England muß vor der 
deutschen Invasion nach Gibraltar flüchten, wo der Schc-rif 
Mulei Jussuf ihm als einziger Beschützer verbleibt. Den 
Wettbewerb mit diesem Buche haben die Brüder Enrigio 
und Miguel Tato Amat aufgenommen, die Verfasser der 
„Träume des Kaisers" gleichfalls einer Art von phantastischem 
Kriegsroman, zu dessen Abfassung sie nicht mehr als 18 Tage 
gebraucht haben. Diese Erzählung führt den Eeser zum Schluß 
auf die Friedenskonferenz nach Madrid, wo das Deutsche Reich 
in Stücke zerschlagen und aufgetcilt wird. General Joffre 
erhält zu Versailles die Würde eines Matschalls von Frankreich, 
und Poincare tritt ihm die Präsidentschaft der Republik ab. 
Der neue Marschall aber lehnt die Ehre ab und bittet sich 
als einzige Belohnung die Stelle als Bürgermeister in seinem 
Dorfe aus. (!) Spanien und Portugal benutzen die gute Gelegen 
heit, um sich zu einer Iberischen Republik zusammenzuschließen 
und das französische Schlachtschiff „Republique“ entführt 
„Wilhelm von Hohcnzollern“ nach Sankt Helena. Eine dritte 
Schrift dieser Art stammt von einem Jaimisten, Herrn Jose 
Maria Requena Ortiz, der sich als Schriftsteller C. Jrom 
nennt. Die Schrift, die nach einem Bericht im „Journal des 
Debats“ in Spanien viel Umlauf haben soll, nennt sich „Spanien 
als Großmacht", hat aber trotz dieses politischen Titels auch 
einen vorwaltend phantastischen Charakter. Der Verfasser 
läßt Spanien gegen die Verbündeten in den Krieg eintreten. 
250.000 Spanier überschreiten die Pyrenäen und werfen die 
ihnen entgegengesandten französischen Teritorialregimenter. 
Der Präsident und die Regierung von Frankreich flüchten 
nach Brest, die Verbündeten erleiden eine vollständige Nieder 
lage, und Deutsche und Spanier treffen einander in Poifiers. 
In Washington wird der Friede unterzeichnet, durch den 
Spanien große Teile von Marokko, Französisch- und Portu 
giesisch-Guinea, den französischen Kongo und andere afrikani 
sche Gebiete erhält. Den Oberbefehl über die spanischen 
Truppen läßt der Verfasser Don Jaime von Bourbon führen, 
der dann als Jaime ITT. den Thron des zur Großmacht heran 
gewachsenen spanischen Reiches besteigt. 
Bilder. 
(Holbeins Porträt des Thomas Cromwell.) Gerade 
jetzt, wo man in England damit umgeht, Maßregeln gegen die 
weitere Abwanderung englischer Kunstwerke ins Ausland zu 
treffen, kommt die Nachricht, daß ein bedeutendes Werk 
Hans Holbeins aus englischem Besitz nach Amerika verkauft 
worden ist. Es handelt sich um das schöne Porträt des Thomas 
Cromwell, Earls von Essex, das seit langer Zeit in Tyttenhangcr, 
dem Schloß des Lord Caledon, seine Stätte gehabt hat. Im
	        
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