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Internationale Sammler -Zeitung
Nr. 12
gleichen mehr. Fast jedem derartigen Objekt wohnt ein ge
wisser historischer Wert inne, mag er auch dem gegenwärtigen
Besitzer nicht auf den ersten Blick ersichtlich sein; im Zweifel
sende man die betreffenden Sammelgegenstände in jedem
Falle ein und überlasse dem Institut die Auswahl. Es sei
übrigens hier nochmals betont, daß eine Herausgabe von etwa
eingesendeten Manuskripten seitens der Hofbibiiotliek nicht
geplant ist, dieselben sollen vielmehr nur als Objekte für
künftige Forschung Aufbewahrung finden; dies gilt auch für
die besonders große Zahl von Einsendungen in poetischer
Form, bezüglich welcher sich die Direktion vorbehält, seiner
zeit eine entsprechende Auswahl derjenigen Stücke zu treffen,
welchen ein Platz in der Kriegssammlung eingeräumt werden
soll.
(Goethe über die Prager Kunstakademie.) Ein
kürzlich herausgegebener Nachtragsband der Weimarer Ausgabe
von Goethes Werken enthält eine Anzeige des Dichters aus
dem Jahre 1816. Sie ist in den Heften „Über Kunst und
Altertum" erschienen und, da die Autorschaft festgestellt
worden, nun in das das ganze literarische Schaffen Goethes
vereinigende Monumentalwerk, eine unvergängliche Leistung
deutscher Gründlichkeit, aufgenommen worden. Die Mitteilung
lautet: „Am 5. Februar 1816 feierte die Privatgesellschaft
patriotischer Kunstfreunde daselbst das zwanzigjährige An
denken ihrer schätzenswerten Stiftung. Sie benutzten die Kühe,
welche Böhmen genoß, indessen die übrige Welt teilweise nach
und nach zeriittet ward, diese höchst einflußreiche Anstalt zu
gründen, und wußten sogar durch anhaltende Vorsorge die
letzten gefährlichen und traurigen Jahre glücklich zu über
tragen. Diese Kunstakademie erfreut sich hinreichender Ört
lichkeiten, des Besitzes bedeutender Kunstwerke, eines Ein
kommens, um Arbeiten lebender Künstler zu belohnen und
anzuschaffen. Das Studium menschlicher Gestalt nach Natur
und Antike wird unter Leitung des Herrn Direktors Bergler
(es ist dies der bekannte Salzburger Historienmaler 1753 bis
1829), das Landschaftliche hingegen unter Herrn Professor
Pastel (richtig Postei, Maler und Radierer, seit 1808 an der
Akademie) unausgesetzt fortgeführt. Möge es dem Referenten
dieser verehrlichen Gesellschaft, dem Plerrn Fürsten Lobko-
witz, gefallen, zur Aufmunterung ähnlicher Anstalten, sie
mögen schon begründet' oder noch im Werke sein, von Zeit
zu Zeit einige Kenntnis des dortigen Bestandes und der ferneren
Fortschritte zu geben."
(Eine Stradivari-feige entdeckt.) Aus Graz wird
uns berichtet: Der hiesigen Konzertdirektion H. Böhm wurde
kürzlich eine Geige übermittelt, die aus einem südrumäniseben
Kloster stammt. Herr Böhm hat nun die Geige dem berühmten
Violinvirtuosen Geheimrat Willy Burmester, der sich schon
seit längerer Zeit in Graz aufhält, zur Prüfung vorgelegt. Der
Meister hat nach sorgfältiger Untersuchung festgcstellt, daß
das Instrument eine echte Antonius Stradivarius aus dem Jahre
1692 ist. Burmester bezeichnete sie als eine der schönsten und
besten Tongeigen der Welt. Durch Zufall gelang es dem Künstler
zu entdecken, daß ihm dieselbe Geige vor mehreren Jahren
in London zum Kaufe angeboten und um ihren Wert genau
zu erproben, für eine Konzertreise zur Verfügung gestellt
wurde. Tatsächlich reiste Burmester mit dem Instrument und
war von dem großen edlen Ton und dem herrlichen süßen
Wohllaut so begeistert, daß er die Geige zu erwerben beschloß.
Nach London zurückgekehrt, fand er den Besitzer verreist,
für sich selbst aber eine drathliche Aufforderung, sofort eine
Kunstreise nach Mexiko anzutreten. Daher mußte Burmester
die kostbare Geige für den Eigentümer verwahren lassen. Eine
spätere Anfrage ergab, daß sie inzwischen von einem ameri
kanischen Sammler erworben worden war. Wie sie von dort
nach Rumänien geriet, ist ein Geheimnis, das wahrscheinlich
nie gelültet werden wird. Burmester berechnete den Wert der
Geige mit mindestens K 37.000.
(Max Buri.) In Interlaken ist der Maler Max Buri
plötzlich gestorben. Buri, ein aus Burgdorf gebürtiger Schweizer,
stand im 47. Lebensjahre. Er war einer der begabtesten Ver
treter bodenständiger Schweizer Malerei. Fast alle größeren
Galerien der Schweiz haben sich Werke seiner Hand ga-
sichert; die schönsten hängen im Genier Museum, ein
„Selbstporträt" im Kunstverein Basel. Buris Kunst, die
sich auf der Akademie Julian in Paris französischen Ein
flüssen nicht ganz verschlossen hat, besitzt manche Be
rührungspunkte mit der Leibis. Sein Tod ist für die Münchener
Sezession, der er seit geraumer Zeit angehörte, ein emp
findlicher Verlust. Die Münchener Sezessionsgalerie besitzt
von ihm seine „Dame in Violett."
(Französische Kriegsbilder in London.) Eine Aus
stellung französischer Kriegsbilder ist vor wenigen Tagen in
der Londoner Guildhall eröffnet worden. Die französische
Abteilung enthält 200 Werke, Malereien, Aquarelle und Zeich
nungen. Neben den Arbeiten der besten lebenden Schlachten
maler stehen Werke von Gros, Horace Vernet, H. Beilange,
Eugene Lami, Charlet, Raffet, Meissonier, Gerome, Blameng,
Guillaume usw. In der Ausstellung sind auch zwei plastische
Werke zu sehen, eins von Mercie und „Aufruf zu den Waffen"
von Rodin. In der Porträt-Abteilung befinden sich neben
Bildern von Bonaparte, Nelson und Wellington (von Goya)
die Porträts des Königs von Belgien, des Zaren, des Groß
fürsten Nikolaus, Joffres, Erenchs, Hamiltons und Asquiths.
(Ein Hünengrab auf Sylt.) Auf der Nordsee-Insel
Sylt am Karnper Bahnhof, seewärts liegend, ist ein unter
einer nicht hohen Düne versteckt gewesenes, bisher unberührt
gebliebenes Hünengrab bloßgelegt worden, das vor vielen
Jahren bei Sturmfluten vom Dünensand verschüttet worden
ist. Der Innenraum der Grabkammer hat zu einer ganzen
Anzahl von Bestattungen in Urnen gedient. Es wurden ge
funden Urnen, Spangen, Ringe, reich verzierte Kannen und
sonstige Gefäße, Äxte, Messer und kleine Waffen aus Flintstein
aus der Zeit des Deng-Hoog-Baues, also etwa 3000 v. Ch. Das
jetzt entdeckte Hünengrab ist ebenso gut erhalten wie der
den Badegästen Sylts gut bekannte Deng-Hoog bei Winning-
stedt. Das auch Skelette in dem neuen Grabe gefunden wurden,
ist ein Beweis dafür, daß die Begräbnisstätte auch Geschlechtern
nach dem Zeitalter der Urnenbeisetzung zu Bestattungszwecken
gedient hat. Irin Teil des sehr wertvollen Inhalts wird in das
Kieler Provinzialmuseum kommen.
Museen.
(Technisches Museum in Wien.) Dem Technischen
Museum in Wien wurde schon vor längerer Zeit von der
k. k. Normalaichungskommission eine vollständige, sowohl
technisch als auch kulturgeschichtlich überaus lehrreiche Samm
lung von Gegenständen des Maß- und Gewichtswesens aus
der Zeit der Kaiserin Mari a Theresia überlassen. Die Kaiserin
hatte bekanntlich als Erste das Maß- und Gewichtswesen in
den kaiserlichen Staaten und Erblanden vereinheitlicht. Diese
in ihrer Art wohl einzig dastehende Maß- und Gewichtssamm
lung hat in der letzten Zeit eine überaus wertvolle Bereicherung
dadurch erfahren, daß sich der Minister für öffentliche Arbeiten
Dr. O. Trnka entschlossen hat, gewissermaßen als Krönung
der Sammlung dem Technischen Museum ein wertvolles Bildnis
der Kaiserin Maria Theresia, das sich derzeit im Haupteich
amte in Wien befindet, als Leihgabe zu überlassen.
(Neuerwerbungen des Bayrischen National
museums.) Durch eine ganze Anzahl von Schenkungen und
Hinterlassenschaften und durch Ankäufe konnte das Bayrische
Nationalmuseum in München seine Sammlungen vervoll
ständigen. Weitergehendes Interesse beanspruchen unter den
Gemälden das lebendige Porträt des Ph. von Zwack zu Holz
hausen von Edlinger, und das in bezug auf die Kostüme
beachtenswerte Porträt des Hofoberrichters Baron Widemann
und seiner Gemahlin, das die Museumsleitung als eine Arbeit
G. de Marees ansicht. Unter den Plastiken ist die ausge-