Nr. 12
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Internationale Sammler- Zeitung
köstlichste Stück dieser . Bataillen-Malerei, die der
Gepflogenheit der Zeit entsprechend vornehmlich zum
Schmuck von Tabaksdosen gehandhabt wird, darf
wohl die Friedrichs-Tabatierc der Sammlung
Fo erst er angesprochen werden. Sie zeigt auf dem
Deckel das Bild einer Reiterschlacht, auf dem Boden
und an den Seiten Lagerszenen in subtil ausgeführter
farbiger Malerei, die von grau schraffierten Zieraten
auf rosa Grund eingcrahmt werden, während im
Innern des Deckels das ebenfalls farbig behandelte
Bildnis des Königs nach Charles Amed.ee Philippe
van Leo zu sehen ist.
Beträchtlicher ist die Zahl der Kriegsporzellane,
welche die kriegerischen Ereignisse aus den Regierungs
perioden Friedrich Wilhelms II. und Friedrich
Wilhelms III. in zum Teil überaus kostbaren
Stücken verherrlichen. So erinnert an die Zeiten der
Koalitionskriege ein im Charlottenburger Schloß auf
bewahrtes prächtiges Frühstücksservice mit
grünem Fond und österreichischen, russischen und
Siegeslaub oder mit den Bildnissen der siegreichen
Monarchen und Feldherren geschmückt waren, fanden
rasch die weiteste Verbreitung und waren damals sicher
so populär wie heute die Hindenburg-Tasse.
Daß sich die Berliner Manufaktur schon in der
ersten Zeit ihres Bestehens mit der Herstellung dieser'
kleinen Kunstwerke befaßt hat, beweist eine im
Hohenzollern-Museum aufbewahrte Gedenktasse
auf Friedrich den Großen aus dem Jahre 1793,
die im ersten Bande des „Journals für Kunst und
Kunstsachen, Künsteleien und Mode“ (Berlin 1810)
zum ersten Male ausführlich beschrieben ist. Sie bedeutet
eine ebenso große Rarität, wie die Gedenktasse, welche
in der Wohnung der König n Luise im Potsdamer
Stadtschloß sich befindet. Sie ist mit goldgraviertem
Eichenlaub reich verziert und mif ovalen Schildern
geschmückt, die in goldener Kursivschrift auf matt
blauem Grunde die Namen der verbündeten Mächte
tragen. Auf der Unterschale dieser Tasse sind die
Namen und Daten der Schlachten von Brienne, Bar-
Fig. 4.
Carl Spitzweg: Serenissimi Ankunft.
französischen Soldatenszenen, die durch Inschriften
am Boden der einzelnen Stücke inhaltlich genau
erklärt sind. Hierher gehören ferner die prunkvollen
Teller mit den Bildern aus der preußischen Armee
geschichte nach Entwürfen des Malers, und Kupfer
stechers Wachsmann aus dem beginnenden 19. Jahr
hundert, die aus dem Nachlaß des Königs Friedrich
Wilhelm III. in das Hohenzollern-Museum gekommen
sind und dort als wertvoller Besitz bewahrt werden.
So recht als „Kriegsandenken“, die auch weiteren
Kreisen zugänglich wurden, treten die Erzeugnisse der
Manufaktur aber erst in den Tagen der Erhebung
des deutschen Volkes gegen Napoleon und des Be
freiungskampfes von 1813 auf; und zwar zunächst in
der Form von Gedenktassen, die nach einer hübschen
Sitte jener Zeit den heimgekehr'ten Kriegern über
reicht wurden. Unter diesen Tassen und Täßchen
befinden sich auch in größerer Anzahl Stücke, die
als reizvolle Arbeiten einer geschmackvollen und
empfindsamen Kleinkunst gelten dürfen. Namentlich
die Tassen, die mit einem farbigen Plan der Schlacht
bei Leipzig und der Jahreszahl 1813 aus grünem
sur-Aube, Laon, Fere Champenoise, Montmartre, Groß
beeren, Katzbach, Kulm, Dennewitz und des Einzuges
in Paris zu lesen.
Als Kriegsporzellane von historischer Bedeutung
srnd schließlich auch die Tafelgeschirre mit
Schlachtendarstellungen zu bezeichnen, die aus dem
zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts stammen und
die nach Art und Umfang zu den bedeutendsten Arbeiten
zählen, die die Berliner Manufaktur überhaupt be
schäftigt haben. Diese Service waren Ehrengeschenke
von künstlerischer wie materieller Kostbarkeit, die der
König den Prinzen August und Wilhelm von
Preußen, sowie den ruhmreichen Heerführern der
Freiheitskriege zugedacht hatte. Sie wurden von den
ersten Bildnern und Malern der Manufaktur mit größter
Sorgfalt hergestellt. So hat z. B. an dem Tafelaufsatz,
der Krönung des dem Herzoge von Wellington im
Jahre 1819 überreichten Services, kein Geringerer als
Gottfried Schadow mitgearbeitet.
Die Kriege der Jahre 1864, 1866 und 1870—71
fielen in eine Zeit künstlerischen Niederganges für die
Berliner Manufaktur, so daß in jenen denkwürdigen