Seite 172
Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 13
Nr. 1604, 1857, 18 Kr., M 82; Nr. 1615, 1872, 70 Kr., M 100;
Nr. 1616, 1872, 70 Kr., M 125; Nr. 1620, 1851—91, 85 Stück,
M 110.
Porzellan.
(Die Dresdner Porzellansammlung), bekanntlich
eine der bedeutendsten der ganzen Welt, hat im vergangenen
Jahre nur uni 28 Stück vermehrt werden können. Die Haupt
erwerbung für die Meißener Abteilung war der auf der Ver
steigerung King in London angekaufte große Tafelaufsatz aus
dem Service des russischen Generalfeldmarschalls von Münnicli.
Dieses Stück, von Kandier vom Jahre 1738 an in seiner ganzen
Jugendfrische modelliert, füllt eine in der Sammlung bisher
schwer empfundene Lücke aus, da größere Tafelzierstücke
ihr bisher noch gänzlich fehlten. Gleichfalls von Kandier
stammt eine Apollovase, deren W’andung auf aer Schauseite
mit frei angesetzten, die Attribute Apollos tragenden Lorbeer
zweigen belegt ist. Außer anderen wertvollen Erwerbungen
ist ein wohl noch der Böttgerschen Zeit angehörender Tee
topf mit Adlerausguß zu nennen. Unter den Erzeugnissen der
chinesischen Keramik steht an erster Stelle eine schöne,
37' 55 cm hohe Porzellanvase, deren besondere Form, sowie
milde Farbstimmung sie als unverkennbares Erzeugnis jener
Zeit des Kaisers Yungtscheng (1723 bis 1735) erweist. Auch
die vor mehreren Jahren begründete Abteilung der so eigen
artigen Porzellane der Sung-Dynastie (960 bis 1279) konnte
um einige interessante Stücke bereichert werden.
Verschiedenes.
(Glasausstellung im Österreichischen Museum.)
Aus Wien wird uns geschrieben: Durch die kriegerischen
Ereignisse ist, wie Kunstindustrie und Kunsthandwerk über
haupt, so vor allem die heimische Kunstglasindustrie schwer
betroffen. Vertrauensvoll in die Zukunft blickend, welche einen
neuen Aufschwung des Wirtschaftslebens bringen wird, will
die österreichische Kunstglas- und Exportglasindustrie gerade
im gegenwärtigen Augenblicke zeigen, was sie in den letzten
Jahren geleistet, und ihren festen Willen bekunden, sobald ,die
Verhältnisse es gestatten, die Arbeit mit frischen Kräften
wieder aufzunehmen. Diesem Zweck soll eine große Aus
stellung des österreichischen Glases dienen, welche
auf Auftrag des Ministeriums für öffentliche Arbeiten im
Österreichischen Museum für Kunst und Industrie in
der Zeit von Anfang August bis Anfang Oktober dieses Jahres
stattfinden wird und an welcher zahlreiche Betriebe des Haida-
Steinschönauer Glasindustriegebietes und mit ihnen auch die
Firmen Lobmeyr, Artel (Prag), Bakalowitz, Harrach (Neuwelt),
Meyrs Neffen (Adolf i. B.), Moser (Karlsbad), Schmid (Anna
tal i. B.), von Spaun (Klostermühle i. B.), teilnehmen werden.
Die Ausstellung wird in zwei Gruppen zerfallen: Kunstglas
(Kristall und farbiges) und Exportglas. Die Ausstellung wird
täglich geöffnet sein. Tag und Stunde der Eröffnung werden
noch bekanntgegeben werden.
(Eduard Gerisch.) In Klosterneuburg bei Wien ist
der bekannte Wiener Porträtmaler, Bilderrcstaurator und
Kustos der Gemäldegalerie der Wiener Akademie der bildenden
Künste, Regierungsrat Eduard Gerisch, gestorben. Einer
der liebenswürdigsten Persönlichkeiten der Wiener Kunst-
weit ist aus dem Leben geschieden, und alle, die den herzens
guten Mann zu kennen und zu schätzen Gelegenheit hatten,
werden diese Nachricht mit herzlicher T rauer aufnehmen.
Eduard Gerisch wurde 1853 in Gewitsclr in Mähren geboren,
studierte an der Wiener Akademie und unternahm zum Teil
mit Stipendien, Studienreisen nach Italien, Frankreich, Spanien,
Belgien, Holland, England und Deutschland. In Wien gewann
er bald als Porträtmaler einen sehr guten Ruf. Trotzdem er
nur über bescheidene pekuniäre Mittel verfügte, war er ein
begeisterter Mäzen, ein treuer, stets zu Opfern bereiter Kamerad
und Kollege. Die österreichische Staatsgalerie besitzt eine
seiner bedeutendsten Widmungen, eine Serie von Bleistift
zeichnungen August von Pettenkofens. Später wandte er
sieh mit großem Glück der Kunst des Bildcrrestaurierens zu;
er zählte zu den hervorragendsten Kennern und Technikern,
war beeideter Kunstexperte, Ratgeber vieler Wiener Sammler
und mehr als zwei Jahrzehnte lang Kustos der akademischen
Galerie. Diese hervorragende Staatsgalerie ist bekanntlich in
ganz unzulänglichen Räumen untergebracht. Gerisch gelang es,
zum mindesten den Hauptwerken Licht und Raum zu ver
schaffen, und sein jahrzehntelanger energischer Kampf um
würdige Räume für die Kunstwerke hatte den Erfolg, daß
derzeit mit einer Neuaufstellung und \ crgiößerung der Galerie
(vorläufig um zwei Räume) begonnen wird. Es ist sehr zu
bedauern, daß Gerisch das große Werk, das er vorbereitet hat,
nicht zu 'Ende führen kann. Seine Ankäufe für die Galerie,
seine Bilderrestaurierungen, von denen einzelne be.eits m den
Kunstgeschichten lobend hervorgehoben werden, seine Lehr
befähigung, die tüchtige Schüler heranzog, charakterisierten
ihn als Bilderkenner und -konservator ersten Ranges, der die
wissenschaftliche Kunstforschung zwar sehr hoch hielt, daneben
aber dem gesunden Menschenverstände zu seinem Rechte
vcriialf. Eine seiner letzten Arbeiten war die Restaurierung
des herrlichen Tizianschen Porträts, das noch vor Kriegs
beginn aus der Lemberger Gemäldegalerie nach Wien ge
bracht wurde; bei dieser Arbeit hat seine tüchtigste Schülerin
und Assistentin Frau Koranyi mitgetan. Speziell die gioßen
Italiener der akademischen Galerie verdanken seiner Meister
hand ausgezeichnete Restaurierungen.
(Wertvolles Herbarium.) Das Botanische Institut der
Technischen Hochschule zu München erfuhr einen umfäng
lichen wertvollen Zuwachs durch ein Herbarium von rund
22.000 Pflanzen in 330 Faszikeln, das Kommerzienrat
Joseph Pütz in München ankaufte und dem Institut schenkte.
Den Handelswert dieses Herbariums schätzt ein Sachverstän
diger auf etwa 5000 Mark. Einen besonderen wissenschaft
lichen Wert besitzt es nicht nur infolge der aus Mühe und Kosten
nicht scheuendem Sammeleifer erwachsenen Vollständigkeit,
sondern auch besonders der sorgsamen und zuverlässigen
wissenschaftlichen Arbeit, die sein Schöpfer, Apotheker Mer kl,
seit langen Jahren darauf verwendet hat. Da der bisherige
Besitzer die Pflanzenschätze aus der Hand geben wollte, so
war das ungemein wertvolle Herbarium in Gefahr, verstreut
oder ins Ausland verkauft zu werden. Durch Pütz’ hochherziges
Eingreifen ist der Bestand der Sammlung für die Wissenschaft
dauernd gesichert.
(Aus dem Tiroler Freiheitskrieg 1809.) Aus Salz
burg wird uns geschrieben: Der Kunsthändler Max Swatschek
in Salzburg hat ein hochinteressantes „Curiosum“ erworben,
das in seinem Schaufenster ausgestellt ist. Es stellt den Schau
platz des Kampfes der Tiroler gegen die Bayern und Franzosen
im Oberinntal. bei Land eck während des Aufstandes im Jahre
1809 dar und ist eine wirkungsvolle, plastische und bis in
Kleinigkeiten peinlich genaue, figurenreiche Darstellung des
furchtbaren Kampfes, zusammengesetzt aus naturgetreu mit
Ölfarbe bemalten Zinnfiguren; im Hintergrund links die Burg
Landeck, die Ötztaler Alpen, rechts ein Schloß. Es ist die
Szene des Kampfes der Tiroler unter Hofer und Pater Haspinger
gegen die napoleonischen Truppen i. e. die Bayern unter dem
Oberst Bourscheidt, die Franzosen unter dem Oberstleutnant
Vassereau. Links die Scharen der mutig kämpfenden Tiroler
(Männer und Frauen) mit wehenden Fahnen unter ihren tapferen
Führern, teils verdeckt hinter Felsen, Verhauen, Mauern;
an der durch ein schweres Geschütz und Schützen verteidigten,
bereits in Brand geschossenen Kirche wird noch Sturm ge
läutet. Rechts stürmen die Tiroler ein Gehöft mit steinbedeckten
Dach, davor die mit wehenden Fahnen und gefälltem Bajonett
kämpfenden bayerischen und französischen Truppen, hinten
beobachten die auf einer Anhöhe stehenden Führer der napoleo
nischen Truppen zu Pferd mit ihrem Gefolge den Kampf.