Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
7. Jahrgang. Wien, 15. September 1915. Nr. 14.
Eisernes Geld.
Die in Aussicht genommene Prägung deutscher
eiserner Fünfpfennigstücke bedeutet für die Münzen
kunde eine interessante Bereicherung.
Eisernes Geld ist sehr selten in der Kulturgeschichte,
wie überhaupt andere Metalle, außer Gold, Silber,
Kupfer und Nickel und ihren Legierungen nur spärlich
als Münzstoffe verwendet worden sind. Von 1842 bis
1845 hat Rußland Platingeld geprägt, und aus früherer
Zeit gibt es bleierne Belagerungsmünzen, wie zum
Beispiel die während der Belagerung Braunaus 1743
durch die Österreicher ausgegebenen Dreikreuzer
stücke, und eiserne Notmünzen, die aber nur als so
genannte „Kreditmünzen“ zu bewerten sind.
Ins Gebiet der Fabel gehören dagegen die eisernen
Münzen, die Lykurg im alten Sparta eingeführt
haben soll, um in seinem Volke die Geldgier nicht auf-
kommen zu lassen. Es liegt doch, wie Ferdinand Frie
denburg in seinem Buche „Die Münze in der Kultur
geschichte“ richtig bemerkt, auf der Hand, daß die
Habsucht sich auch an eisernem Gelde entflammen
konnte, wenn es eben nur „Geld“ war, das heißt die
Möglichkeit zu kaufen gewährte.
Wirkliches eisernes Geld, d. i. eiserne Münzen, hat
man im vierten Jahrhundert vor Christi Geburt, also
lange nach Lykurg, ganz vereinzelt in Argos und
Arkadien an Stelle der kupfernen gehabt.
Im übrigen tritt Deutschland mit den eisernen
„Sechsern“ in einen gewissen Konnex mit Kameruner
Landsleuten. Dort benützen die schmiedekunstfertigen
Jaunde, ein Stamm des Eroberervolks der Fang,
eisernes Geld, wie es ähnlich noch - von den um die
Kassaimündung sitzenden Bangansi, den Bangala
zwischen unterem Ubangi und Kongo und ihren Nach
barstämmen bekannt ist. Gute Sammlungen dieses
afrikanischen Eisengeldes besitzt das Berliner Museum
für Völkerkunde.
In diesem Zusammenhang ist es wohl von Inter
esse, noch anderer merkwürdiger Erscheinungen aus
der Geldhistorie zu gedenken. Das schöne Lied: ,,0
welche Lust, Soldat zu sein“, nebst ein paar anderen
Gesangsvorträgen, brachte der Sängerin Fräulein Zelie,
die das Abenteuer unternommen hatte, in den Dreißiger
jahren des vorigen Jahrhunderts eine Konzertreise durch
den stillen Ozean zu machen, auf einem Eiland der
Freundschaftsinseln folgende etwas unhandliche Ein
nahme; Der Häuptling Makea bezahlte mit schön gra
vierten Kokosnußflaschen; das dunkelfarbige Publikum
erlegte für seine Eintritskarten im ganzen 3 Schweine,
23 Truthähne, 44 Hühner, 500 Kokosnüsse, 1200 Ana
nas, 120 Maß Bananen, 120 Kürbisse und 1500 Orangen.
Sic fand sich in gutem Humor mit der Sache ab. „Man
sagt mir,“ schrieb sie in einem Briefe „daß ein Speku
lant. von der benachbarten Insel Mangea morgen
kommen soll, um mir Kaufofferten in klingender Münze
zu machen. Inzwischen geben wir unseren Schweinen
die Kürbisse zu fressen, die Puter und die Hühner ver
zehren die Bananen und Orangen, so daß ich, um den
animalischen Teil meiner Einnahme zu erhalten, den
vegetabilischen opfern muß.“
Das ist noch völlige Naturalwirtschaft; Anfänge
einer richtigen Münzwirtschaft aber sind es, wenn wie in
Melanesien, so auf den Marshall- und Gilbert
inseln, aus Muscheln geschnittene Scheibchen, deren
Gewinnung und Herstellung ein Privileg der Häupt
linge ist, als Geld dienen, unseren kleinsten Kupfer
münzen entsprechend, während auf den Insel Pelan
einzelne alte Glasperlen aus der Zeit der ersten Ent
decker heute den Wert großer Goldstücke oder Bank
noten haben und als kostbare Juwelen einzeln bekannt
sind, so daß sie nicht mit modernen Perlen verwechselt
werden können. Auf der Karolinen-Insel Yap gibt es
ein altes Steingeld, das die Größe ansehnlicher Wagen
räder erreicht; zwei Proben davon befinden sich in der
Ozeanischen Sammlung des Berliner Museums für Völ
kerkunde.
Ein für uns recht merkwürdiges Geld ist Salz, das
an der chinesisch-birmanischen Grenze wie im Innern
Afrikas verbreitet ist. Bei den Mandingo-Negern fand
ein Reisender den Wert einer Salztafel von der unge
fähren Größe eines Backsteines gleich 120 Mark, und
in Darkulla hatte nach Ritters Geographie von Afrika
ein 14jähriger Sklave den Wert von 12 Pfund Salz.
Auch in Abessinien werden nach Wirth noch Salz
barren und in HochasienTeeziegel als Geld gebraucht.
Die Chinesen verwandten sie zuerst als Truppensold
für die tibetanischen Grenzvölker. Die alten Mexikaner
gebrauchten Kakaobohnen in Säckchen zu 24.000 Stück
für größere Zahlungen, Baumwollzeug und Goldstaub
in Federkielen, hatten aber auch Zinnbarren in Form
eines T.
Erwähnt sei noch ein französischer Parlaments
beschluß vom 19. Mai 1883, durch den der Kriegsmini
ster ermächtigt wurde, der Expedition des Marine
offiziers de Brazza, des Begründers von Französisch-
Köngo, 100.000 alte Steinschloßgewehre zu überlassen,
weil solche im Forschungsgebiet als Geld gälten . . ,