Nr. 14
Internationale Sammler-Zeitung
Seite 179
bei denen die aparten Formen ebenso stark wirken wie
die Ausschmückung in Ätzung und Kugelarbeit, von
Spann in Klostermühle stellt blau, schwarz und grün
geätzte G'äser, Vasen und Schüsseln aus, die ganz neu
anmuten. Die schwarz und gold geschmückten Gläser
des kunstgewerblichen Ateliers „Artel“ sind wahre
Kunstwerke, ebenso die Schwarzrotmalerei von Massa
uet z. Wundervolle Stücke stellt Meyrs Neffe Kralik
aus, Oertel & Co. rot-weiße und blau-weiße Gefäße
apartester Form, Meitzer & Co. grünes, violettes und
rubinrotes Glas.
Sehr interessant sind die in drei Farben als Über
fang hergestellten Gläser, bei denen die Kugelung die
drei Farben nebeneinander zur schönsten Wirkung
bringt. (Beim Kugeln dreht sich das Werkzeug und der
Künstler hält den zu bearbeitenden Gegenstand in den
Händen, was bei großen Stücken neben det Kunst
fertigkeit eine große physische Anstrengung erfordert.)
Sammlern wird die Exportausstellung ein Gegen
stand intensivsten Interesses sein. Nur werden viele
gern gehegte Illusionen im Museum zurückgelassen.
Da ist erstens eine zur Aufklärung und Mahnung aus
gestellte Gruppe von so ziemlich allen Biedermeier
gläsern, die der eifrige Sammler im Laufe der Jahre
zusammengestellt hat. Sie sind virtuos imitiert und
werden ausnahmslos an AntiquitätenhändlerundTandler
Bibliophile um
In der „Kevue“ zeichnet Albert Cim eine Reihe
amüsanter oder tragischer Gestalten, die alle leiden
schaftliche Verehrer des Buches waren, es geliebt und
verehrt, im ständigen Verkehr mit Büchern unbe-
schrcibbaren Frieden und Wonne empfunden haben,
den Büchern alles opferten und schließlich für sie
oder durch sie starben.
Im allgemeinen bemerkte Cim in der Unzahl von
Bücherfreunden, deren Geschichte er kennt und vor
führt, daß die Bibliophilen sehr alt werden und daß
viele mehr als 80 Jahre erreicht haben. Die Bücher
„konservieren“. In neuerer Zeit trifft dies auf Goethe
zu, auf Guizot und Thiers.
Aber es gibt neben den Bücherfreunden auch Opfer
des Buches, die an ihm wie an jeder anderen Leiden
schaft zugrunde gehen. Das erste Opfer des Buches,
das die Geschichte erwähnt, dürfte der griechische
Philosoph, Geograph und Mathematiker Eratostenos
gewesen sein, der von Athen nach Alexandrien berufen
wurde, um die Direktion der berühmten Bibliothek
dieser Stadt zu übernehmen. Als er blind wurde,
zog Eratostenos den Tod der ewigen Nacht vor, die
ihn seiner Lektüre beraubte. Einen ähnlichen Tod
hat in der ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts Charles
Didier gehabt, der die Reisen und die Bücher liebte
und als er blind wurde und nicht mehr reisen und lesen
konnte, sich durch einen Revolverschuß das Leben nahm.
Noch direkter gingen m ihrer Liebe zu den Büchern
zwei deutsche Gelehrte zugrunde, der Naturforscher
Emil Bessels, der gegen Ende des 19. Jahrhunderts
bei einem Schiffsunglück seine kostbaren Bücher-
sammlungcn verlor und später die Reste, die gerettet
worden waren und seine neuen Anschaffungen in einer
Feuersbrunst zugrunde gehen sah. Bessels konnte sich
über diesen zweifachen Schicksalsschlag nicht trösten
und gab sich freiwillig den Tod. Der andere deutsche
verkauft, die sie auf alt herrichten und in ungeheuren
Mengen an den Mann bringen. Das überladene, mit
Reliefblumen geschmückte Goldglas, das Hochzeits
reisende so gern in Venedig kaufen und als echt vene
zianisch stolz vorweisen, stammt, wie die Vitrinen
im Museum beweisen, ausBöhmen; ebenso die Flaschen,
Becher und Trichter für Gangeswasser, die Töpfchen
der Bettelkauer, die in verschiedenen Größen vor
handen sind, weil der Bettel beim Kauen an Volumen
zunimmt, die Glasglocken für die Vichy-Bastillen,
die Fläschchen für brasilianischen Schnupftabak, die
Parfümspritzflaschen für Sumatra, die vergoldeten
Tierfiguren für chinesischen Parfüm, die Glocke fürs
ewige Licht des Mexikaners, die Flaschen für türkische
und persische Narghileraucher, die großen mit Pängel
bchangenen goldenen Gartenleuchter Persiens, die wie
ein Karfunkel leuchtende Ampel des heimkehrenden
Mekkapilgers, das vergoldete, massive Glasfläschchen,
in dem so wenig türkisches Rosenöl enthalten ist —•
alles, alles böhmisches Fabrikat. Daneben aber auch
mit Goldrelief verzierte, mit Rubinen besetzte, in
Silber und Bronze montierte Gläser, Vasen, Schüsseln,
Flaschen, Krüge, Töpfe, Uhren und Leuchter, welche
'ungeheure Zahl, von den englischen, amerikanischen
und französischen Händlern ausgeführt und als Fabri
kat der betreffenden Länder teuer verkauft wurden.
Die Ausstellung bleibt bis Ende September offen
Bibliomanen.
Gelehrte war Theodor Grothuspdcm seine ganze
wissenschaftliche Bücherkollektion gestohlen wurde,
was ihn, nachdem er noch einige Jahre trostlos um
herirrte, zum Selbstmord trieb.
Der in Paris lebende Amerikaner Bryan, hatte
der Pariser National bibliothek eine Sammlung von
150 prächtigen Büchern aus dem 18. Jahrhundert
in den herrlichsten Einbänden geschenkt. Einst kündigte
man dem Direktor der Bibliothek an, daß ein sehr
ärmlich gekleideter alter Herr ihn zu sprechen wünsche.
Es war dies Bryan. Er sagte einfach: „Ich möchte
meine Bücher Wiedersehen.“ Man ließ ihn zu den Kästen,
in denen die herrlichen Bände aufbewahrt waren
und er blickte sie mit Augen an, daß sich der Direktor
fragte, ob er sie nicht zurücknehmen würde. Er ent
fernte sich ruhig. Zwei Tage später erfuhr man, daß er
sich getötet habe, aber bevor er sich in den Tod begab,
wollte er noch zum letztenmale die Bücher betrachten,
die seine Augen so oft erfreut hatten.
In der großen Zahl wirklicher Büchernarren, die
Cim aufzählt, gebürt unstreitig der erste Platz dem
Marquis de Chalabre, der im 19. Jahrhundert lebte
und der sich in den Kopf gesetzt hatte, ein Buch zu
finden, das nicht nur unauffindbar war, sondern über
haupt nicht existierte. Eine Bibel, von der ein Chroni-
queur einer Pariser Zeitung in Ermangelung jedes
anderen Stoffes gesprochen hatte und deren Existenz
er rein erfand. Der arme Marquis starb aus Verzweiflung,
daß er seiner Kollektion von Bibeln dieses eine Exemplar
nicht einverleiben konnte. Dieser Marquis, der in
allem leidenschaftlich war, hatte seine Bibliothek
der berühmten Schauspielerin Mars vermacht. Fräulein
Mars las wenig oder gar nicht. Sie betraute einen
Bibliothekar, den man ihr empfohlen hatte, damit,
daß er die Bücher katalogisiere, um sie zu verkaufen.
Der Bibliothekar blätterte so gründlich in den Büchern,