MAK
Seite 188 
Internationale Sammler- Zeitung 
Nr. 15 
sehr viele Sammler für moderne Graphik existieren. 
Hingegen hat das Geschäft in letzter Zeit sich sehr 
gehoben, während zu Anfang des Krieges, so lange man 
unorientiert war, eine fühlbare Stockung eingetreten 
war. Das ist bei uns ein erfreuliches Moment, denn 
wie ich aus Deutschland höre, liegt dort, trotz der 
kolossalen Erfolge der deutschen Armeen, der Kunst 
handel total danieder. Die Ursache liegt wohl in dem 
mehr sanguinischen Charakter unserer Bevölkerung. 
Das Angebot von alten Kupferstichen ist noch 
immer ein sehr schwaches, weil die Leute besorgen, 
keine annehmbaren Preise zu erzielen. Und dann 
gehören die Besitzer fast ausnahmslos den wohlha 
benden Kreisen an und fühlen sich somit zur Veräu 
ßerung nicht genötigt. 
Das Publikum bevorzugt insbesondere Artikel, die 
mit dem Kriege im Zusammenhänge stehen. 
Für die Zeit nach dem Kriege erwarten wir einen 
bedeutenden Aufschwung des gesamten Kunsthandels. 
Eine gemeinsame Auktion halte ich nicht für 
opportun. Jeder von unserer Branche veranstaltet 
seine Auktionen selbständig. So haben auch wir z. B. 
im Juni d. J. eine Ausstellung von Kriegszeichnungen 
veranstaltet. Ein Zusammenschluß zu einer Kollektiv- 
Auktion ist auch wegen der in Wien auf diesem Gebiete 
herrschenden Verhältnisse schwer möglich. 
S. Glückselig, 
Chef der Antiquitätenfirma J. Glückselig & Sohn. 
Der Antiquitätenhandel hat sich während des 
Kriegsj ahres bedeutend günstiger gestaltet als bei 
Ausbruch des Krieges angenommen worden war. Nur 
in den ersten zwei, drei Monaten war eine fühlbare 
Stockung eingetreten. Dagegen ist. das Angebot an 
Ware sehr zurückgegangen. Es sind während des 
Jahres keine Notverkäufe vorgekommen, was auf die 
wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit unserer Bevöl 
kerung zurückzuführen ist. Die Leute glauben gegen 
wärtig keine guten Preise erzielen zu können, aber 
gerade das Gegenteil trifft in Wirklichkeit zu. Denn 
durch den Mangel an Ware übersteigt die Nachfrage 
beiweitem das Angebot und es wären demzufolge 
entschieden sogar höhere Preise zu erzielen, als zu 
normalen Zeiten. 
Das Fehlen von Warenangeboten macht sich umso 
unangenehmer fühlbar, als wir ja auch vom Auslande, 
mit dem unsere größeren Antiquitätenhändler in regem 
Geschäftsverkehr standen, eben gesperrt sind. Echte 
Ware wird jetzt sehr gesucht, speziell Gegenstände 
von hohem Werte sind gegenwärtig leicht absetzbar. 
Aber auch der Zulauf nach Biedermeier-Gegen 
ständen hält unvermindert an, ohne Unterschied 
ob diese alt oder nur Nachahmungen sind. 
Nach dem Kriege wird voraussichtlich eine große 
Wertsteigerung der Antiquitäten eintreten, da 
während desselben vieles zugrunde gegangen ist. Nament 
lich in Galizien, Russisch-Polen und Belgien sind viele 
Kunstobjekte zerstört worden, die man dann zu er 
setzen bestrebt sein wird. Zur Preissteigerung dürfte 
auch der Umstand beitragen, daß infolge der Kriegs 
ereignisse viele neue Millionäre entstanden sind, 
die als Sammler auf treten werden, da Reichtum das 
Bedürfnis nach Sammlungen schafft. Außerdem wird 
dann wohl auch Amerika wieder stärker als Kunde 
auftreten, weil es mittlerweile diesbezüglich völlig 
ausgehungert sein wird. 
Für eine gemeinsame Ausstellung von Antiquitäten 
kann ich mich nicht begeistern. Das Publikum kauft 
nur gern in einem Lokal, dessen gesamtes Arrangement 
und dessen Eigentümer ihm Vertrauen einflößen. Der 
wirkliche Amateur kauft gewöhnlich Antiquitäten nicht 
auf dem öffentlichen Markte. Der ernste Käufer will 
einen Gegenstand nur in Ruhe dort kaufen, wo er 
Garantie erhält und wo er ihn eventuell Umtauschen 
kann. Er will seine Gegenstände mit Muße prüfen und 
möglichst auch die Geschichte der Objekte kennen 
lernen, was bei einer Auktion unmöglich ist. Ferner 
mag der echte Sammler Antiquitäten nicht, die, noch 
bevor sie in seinen Besitz übergingen, sozusagen „abge 
schaut“ worden sind und er vermeidet es daher in der 
Regel öffentlich zu kaufen, sondern läßt bei Auktionen 
auch erst nach Einholung eines Gutachtens seitens 
eines Sachverständigen durch einen Händler kaufen. 
Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch noch vor 
den Märchen von der „Kriegsbeute“ warnen. Abge 
sehen von allen anderen Gründen, die dagegen sprechen, 
sind die Soldaten nur mit großer Mühe und Not 
imstande, das Allerunentbehrlichste mitzuschleppen, 
geschweige denn was anderes. 
Alexander Grosz, 
Uhrmacher und Händler mit antiken Uhren. 
Meine Erfahrungen während des Kriegsj ahres sind 
im großen und ganzen recht günstige. Das Geschäft, 
das anfangs allerdings ins Stocken geraten war, hat 
sich langsam wieder gehoben und ist bereits in die nor 
malen Bahnen gelangt. Das Publikum kauft jetzt 
sogar mit einer größeren Vorliebe und, ich möchte sogar 
sagen, mit einer größeren Leichtigkeit als früher antike 
Gegenstände, deren Seltenheitswert ein stets wachsen 
der ist. Dagegen sind aber die Einkäufe der Händler 
gleich Null. 
Was eine gemeinsame Ausstellung von Antiquitäten 
anbetrifft, so wäre ich gerne bereit, mich an einer solchen 
zu beteiligen, vorausgesetzt, daß die Ausstellung nebst 
der kommerziellen Tendenz auch einen kulturhistori 
schen und somit belehrenden Zweck hätte. Wenn recht 
interessante Objekte zusammenkämen, wäre eine solche 
Ausstellung zweifellos nach mancher Richtung hin aus 
sichtsvoll. 
S. Kende. 
Kunsthändler. 
Bei meinem Fache: Bilder und Kupferstiche, war 
anfänglich eine etwas geringere Nachfrage zu bemerken, 
in letzterer Zeit hat das Geschäft sich aber zusehends 
gebessert und namentlich der Verkehr mit deutschen 
Filmen sich gesteigert. Viele dieser Händler kommen 
nun persönlich nach Wien. Auch Schweizer Firmen 
stellen sich ein. Leider ist das Angebot im Verhältnis 
zur Nachfrage ein unbedeutendes. 
Es ist erstaunlich, daß seit Kriegsausbruch das 
Angebot von guten, alten Ölbildern und von alten 
französischen und englischen Kupferstichen ein ganz 
gertnges ist. Dies scheint darin seine Ursache zu haben, 
daß die Besitzer dieser Objekte teils im Felde stehen, 
teils aber die berechtigte Hoffnung hegen, daß die 
Bilder nach dem Kriege im Preise bedeutend steigen 
werden. 
In den letzten Tagen war ich in einigen reichsdeut- 
schen Städten, habe selbst dort Einkäufe besorgt und 
dabei die Wahrnehmung gemacht, daß dort der Ge 
schäftsgang hinter dem unserigen zurücksteht und 
daß auch die deutschen Firmen über Mangel an Angebot 
guter Bilder klagen. Große Objekte sind fast gar 
nirgends angeboten worden oder man forderte Preise, 
die für den Händler unerschwinglich waren. 
Es ist zu erwarten, daß die Preise für gute Objekte 
bedeutend steigen w T erden, andererseits dürften die 
Angebote nach dem Kriege recht beträchtliche werden,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.