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Internationale Sammler -Zeitung 
Nr. 15 
.stammt — sind nicht von Belang. Der Verfasser setzt 
durchgehends den Ausdruck „Halbarte" statt Helle 
barde; das Wort Halbarte ist ein altschweizerischer 
Ausdruck, es stammt von Halm, Stiel und Barte, 
Beil, es handelt sich also ursprünglich um ein Beil an 
einem langen Stiel. In den offiziellen Aktenstücken, 
Zeughausinventaren, Auszugrodeln, Gesetzesbestim 
mungen über die Bewaffnung, soweit sie sich noch 
erhalten haben, wird vom 14. bis ins 16. Jahrhundert 
mit verschwindenden Ausnahmen von Halbarten ge 
sprochen; der Name Hellebarde ist eine Wiederver 
deutschung der ins Französische übersetzen Halbartc. 
An Hand der frühen Typen in der vorliegenden 
Sammlung im Verein mit den in den Schweizer Museen 
aufbewahrten Stücken dürfte es gelingen, ein klares 
Bild über die Hauptwaffe der Eidgenossen bei Mor 
garten, Laupen, Sempach und Näfcls zu gewinnen. 
Das hier wiedergegebene Material ist grundlegend. 
Der Wert von Originalfragmenten. 
Ein Fingerzeig. 
Man schreibt der „Frkf. Ztg.“: 
Im Hinblick auf die in erhöhtem Maße der Zerstörung aus 
gesetzten Kunstwerke wird folgende Erfahrung lehrreich und 
von allseitigem Interesse sein: Nach Straßburg ist kürzlich 
ein Werk des Nikolaus Gerhaert von Leyen zurückgelangt, 
das seit 1870, seit dem Brande der Kunstsammlung und Biblio 
thek bergenden Kirche, für verloren galt, von dem aber das 
jetzt wiedergefundene Fragment wenigstens, die Büste des 
„bärtigen Mannes", unerkannt in einer kleinen, vorwiegend 
archäologischen Sammlung Mitteldeutschlands schlummerte, 
wohin es seinerzeit „von einem Herrn aus Straßburg mit- 
grbracht“ worden war, wie ein beihegender Zettel meldete. 
Der Herr Direktor der Straßburger Sammlungen, Professor 
Polaczek, hat das nur durch Gipsabgüsse überlieferte Werk_er- 
kannt und seinem ursprünglichen Heimatboden wiedergewonnen. 
Es handelt sich, wie gesagt, um die männliche der beiden 
berühmten Büsten, die als einzige Fragmente von dem Portal 
der abgetragenen alten Kanzlei damals im Museum noch 
aufbewahrt wurden. Das Volk hatte einst in den lebensvollen 
Köpfen des Propheten und der Sibylle die Züge des Jacob 
von Lichtenberg und seiner Geliebten, der schönen Bärbel 
aus Ottenheim, zu sehen gemeint. Wir entnehmen aus dieser 
Benennung mit Sicherheit jedenfalls nur, wie ungewöhnlich 
der Eindruck der Lebendigkeit gewesen sein muß im Vergleich 
zu vorausgehenden Werken. Von uns aus gesehen, kehrt sich 
das Verhältnis zwischen Naturwahrheit und künstlerischer 
Gestaltung gerade um: Neben der uns jetzt allzu geläufigen 
banalen Naturalistik übt gerade die Gehaltenheit, das Stilvolle 
an jenem Werk den Hauptreiz aus. Bei welcher Wandlung 
die Wertschätzung aber auch augenblicklich verweilen mag, 
der kunstgeschichtliche Gewinn ist um so beträchtlicher, 
als von Nicolaus von Leyen, diesem Bahnbrecher der Spät 
gotik, gewissermaßen nur einzelne Fußstapfen seiner Wande 
rung durch Süddeutschland nachweisbar sind und bis jetzt 
nur vier beglaubigte Originalwerke von seiner ruhmvollen 
Laufbahn zeugen. 
Selbst in seiner niederländischen Heimat ist nicht einmal 
ein direkter engerer Schulzusammenhang mehr aufzu weisen, 
geschweige denn ein eigenhändiges Werk; wir können nur ganz 
allgemein sagen, daß er die burgundisch-flandrischen Anregun 
gen in Plastik (Slüter) und Malerei (van Eyk) in eindrucksvoller 
Weise den süddeutschen Landen vermittelte, als er, schon 
gereift, 1462 in Trier die Grabplatte des Erzbischofs Jacob 
von Sierck meißelte, und sich im folgenden Jahre nach Straß 
burg wandte. Von dort sind die Skulpturen am Portal der 
Kanzlei entstanden und das Epitaph in der Johanniskapelle 
des Münsters. Ein weiteres Zeugnis seines Wirkens ist das 
1467 datierte berühmte Kruzifix in Baden-Baden. Dann wan- 
derte der Meister, schon früher von Kaiser Friedrich III. 
aufgefordert, Donau abwärts. In l’assau, am Fundort des 
roten Marmors, verweilte er ein Jahrzehnt bei der Arbeit 
an der Tumba des Kaisergrabes für Wiener-Neustadt, 
seinem Hauptwerk. Sein Einfluß spiegelt sich nicht nur in den 
lokalen bayerischen Schulen, sondern strahlt aus bis nach 
Krakau, aufgenommen durch Veit Stoß. 
Die kunsthistorische Bedeutung des hier bekannt gegebenen 
Fundes wird Professor Fr. Back im nächsten Band des 
„Münchner Jahrbuchs der bildenden Kunst“ darlegen und ver 
mutlich an Aufnahmen deutlich machen, wie unzulänglich 
bis jetzt der Notbehelf mit den Gipsabgüssen war, oder rich 
tiger, ein wie weit darüber hinausgehender Zuwachs der Besitz 
eines Originalfragments bedeutet, ein Gewinn, der umso 
sehnlicher den Fund des Gegenstücks, der schönen Bärbel, 
erhoffen läßt. Denn das zeigt uns gerade dieser Fall: die Wahr 
scheinlichkeit, daß Steinskulpturen bei einem Brande restlos 
zerstört werden, ist nicht so groß, daß man alle Sorgfalt bei 
den Aufräumungsarbeiten außer acht lassen dürfte. Und des 
halb ist uns dies gerade jetzt ein Fingerzeig: die Sachlage ist 
die gleiche wie vor 45 Jahren. Wiederum kann cs geschehen, 
daß an verschiedenen Stellen, in Frankreich und Belgien, 
Schutthaufen achtlos beiseite geräumt werden. Bisweilen 
mögen auch diesmal einzelne in ihrer Abspaltung noch anspre 
chende Teile aufgehoben werden, aber selbst diese sind beinah 
so gut wie ganz verloren. Denn wenn ein so markanter Kopf, 
wie es dieser sogenannte Jacob von Lichtenberg ist, erst 
nach 45 Jahren nur durch ein besonders glückliches Zusammen 
treffen identifiziert werden kann — und dabei war er nicht 
vom Handel verschleppt und etwa im Privatbesitz versteckt 
— dann kommen solche versprengte Teile zu spät, falls es 
sich einmal, wie vermutlich in Reims und anderwärts, um die 
Restaurierung des Zerstörten handeln wird. 
Daß in unseren Tagen diesseits unserer Fronten mit aller 
Gewissenhaftigkeit vorgegangen wird, daß sich die in Betracht 
kommenden Fachleute in die ungewohnten Aufgaben recht 
zeitig hineinzufinden trachten, davon zeugt die Kriegsta 
gung für Denkmalpflege, die soeben in Brüssel statt- 
findet, und die vor erweitertem Forum Einblick gewährt in die 
lätigkeit des Heilens der Wunden, wie wir sic ungewollt den 
Denkmälern früherer Zeit schlagen mußten. Möchte doch unter 
den beteiligten Nationen diese Sorgfalt nicht einzigartig sein.
	        
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