Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 16/17
Seite 208
Bildnisse einen bedeutenden Platz ein. Das Bild ist übrigens
den Kennern der Beethoven-Bildnisse längst nicht mehr neu,
und es ist auch von dem hervorragendsten derselben, Dr. Th.
von Frimmel, kritisch gewürdigt worden, allerdings, was die
Ähnlickeit anlangt, in wenig günstigem Sinne.
(Malereien aus „Altfulda".) Man schreibt der „Frank
furter Zeitung“ aus Fulda: Fürstabt Adalbert von Schleif
ras, der Erbauer des hiesigen Domes (1701—1712), ließ auch
die altehrwürdige Abtsburg, das heutige Schloß, ausbauen.
Die einzelnen Säle des Schlosses, das 1893 aus dem Besitz des
Landgräflich Hessischen Hauses in den der Stadt Fulda über
gegangen ist, werden hauptsächlich wegen ihrer herrlichen
Wand- und Deckengemälde von Kunstkennern und Kunst
freunden gerne besichtigt. Es mag da wohl schon manchem
dieser Besucher aufgefallen sein, daß dem alten Schloß der
Fürstäbte, die doch zu des hl. römischen Reiches Fürsten
zählten, und sogar Ihrer römischen Kaiserin Majestät Archi-
cancellari gewesen waren, der eigentliche Thronsaal gefehlt
haben sollte. Dem ist jedoch nicht so. Der Saal, der noch in
der ersten Zeit der kurhessischen Verwaltung benutzt wurde,
ist im Mittelbau des Schlosses wohl vorhanden, aber seit Mitte
des verflossenen Jahrhunderts dadurch unkenntlich, daß sein
Raum m eine Anzahl Zimmer eingeteilt und eine zweite Decke
in ihn eingezogen ist. — Dieser „große Saal des Schlosses zu
Fulda“, der eine Länge von 22'75, eine Breite von 17'3 und
eine Tiefe 7'35 Meter hat, weist eine wundervolle, reich mit
Stuckomamenten und Fresken gezierte Barockdecke auf,
die leider bei dem erwähnten Einbau einer zweiten Decke an
einigen Stellen beschädigt worden ist. In ihrer Mitte befindet
sich ein 8'5 zu 1 l ö Meter großes Hauptgemälde, das den
griechischen Götterhimmel darstellt. Über 70 ausgeführte
Köpfe von Göttern und Göttinnen sind auf diesem Bilde ent
halten. Zeus thront hier nicht als alter Herrscher mit weißem
Haar und Bart, sondern zeigt ein jugendfrisches Antlitz mit
gekräuseltem, kurzem Backenbart, Pallas Athene führt in
ihrem Schilde das Wappen des Fürsten Adalbert von Schleif ras.
Nach den Wänden hin ist die Decke abgerundet Diese Wölbung
ist mit zehn etwa 2 - 5 zu 3'5 Meter großen Freskogemälden
geziert, die sich gleichfalls auf die Mythologie beziehen. Außer
dem sind an der herrlichen Decke als Zwischenstücke noch
etwa acht kleinere Gemälde angebracht, während die vier
Ecken reich mit Stuckomamenten geschmückt sind, die
lateinische Sinnsprüche enthalten. — Der Schöpfer dieser
Bilder ist ein Süddeutscher, der Freskomaler Johann Melchior
Stendel {auch Steidl oder Steidle), den der kunstsinnige
Fürstabt Adalbert nach Fulda berief. — Nachdem Thronsaal
und Deckengemälde nun etwa dreivierteljahrlilindert in
diesem Zustand der Entstellung und Vernachlässigung ge
blieben, soll der schöne Raum jetzt wiederhergestellt und zu
gänglich gemacht werden. Der Saal ist nämlich' als Aula für
die neue im Bau begriffene Oberrealschule vorgesehen.
(Entdeckung eines unbekannten Kant-Biides.) !
Die Kant-Gesellschaft in Berlin hat ein unbekanntes
Bild des großen Philosophen, auf dem allem Anscheine nach
der ältere Kant dargesteUt ist, von Ernst Bergmann (Leipzig)
zum Geschenk erhalten. Die Zeichnung entstammt einer
Sammlung von 190 Hand Zeichnungen, Gamaschen, Silhouetten
und Kupferstichen, die Lavater anlegte, und die ihm als
Studienmaterial zu seinen „Pbvsiognomischen Fragmenten
zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe“
dienten. Die Zeichnung wurde \or einigen Jahren in Frank
furt a. M. versteigert, und gelangte in dem Besitz Bergmanns.
(Gemäldefalschumgem.) Aus München wind ums be
richtet: Ein bekannter Maler machte die Anzeige, daß vom ihm
Fälschungen Im Umlauf seien. Die Polizei bemühte sich an
fangs v oygebens. Dann wurde durch einen besonderen Umstand
die Schwindelsache auf ged eck*. Ein Schweizer Sammler
wollte Balder kaufen, und auf ein Inserat hin tneMete eine
Frau Lehmann aus der Nymphenbaiger-Straße, daß sie
mehrere Bilder von Kodier, Deubach, Bfietz u. a. zu verkaufen
habe. Der Schweizer erklärte sich mit dem verhältnismäßig
billigen aber nicht geradezu überraschenden Preise einver
standen, legte aber zuvor die Bilder einem Kunsthändler zur
Prüfung vor. Dieser riet ihm von dem Kauf ab. Als auch die
Pinakothek abriet und auf die Gefahr einer Fälschung der
Bilder hinwies, begab sich der Schweizer nochmals in die
Wohnung der Frau Lehmann. Dort sah er ein Bild Defreggers,
das einen Knaben darstellt. Das Bild gefiel ihm und er wollte
den Kauf abschließen. Frau Lehmann aber erklärte, das Bild
könne sie ihm nicht geben, da es dasjenige ihres eigenen Sohnes
sei. Der Verdacht verstärkte sich dadurch bei dem Schweizer
Käufer noch mehr und er verständigte die Polizei. Bei einer
Haussuchung fand man auch eine ganze Reike von Bildern,
Gravüren und alten Giebelbildem, die sämtlich gefälscht
waren. Eis handelt sich um Fälschungen von Meistern wie
Lenbach, Defregger, Albert von Keller, Hodler, Matthias
Schmiedt, Wilhelm Dietz u. a. Als man zur Verhaftung schreiten
wollte, war die Familie Lehmann, die aus Mann, Frau und
einem Knaben bestand, verschwunden. Bisher fehlt jede Spur
von ihr.
Handschriften.
(Handschriften der Palatina in Rom.) Die
weltbewegenden Vorgänge unserer Zeit erinnern an ein altes
Ereignis, das seine Schatten noch in die Gegenwart wirft.
Im Jahre 1391 hatten die Juden am Rhein und Neckar
viele Verfolgungen zu erdulden. Es wurde ihnen ihr Eigentum
genommen und kostbare Handschriften entrissen, die der
Universität Heidelberg .-geschenkt und später nach Rom
geschleppt wurden. Professor Dr. Adolf Berliner hat unter
den Handschriften, die sich noch heute in Rom befinden, zu
seinem Erstaunen bemerkt, daß darunter einige sind, deren
Vorderseiten neben dem Stempel der Palatina, der Heidel
berger Bibliothek, noch einen zweiten roten Stempel, den der
französischen Republik, aufweisen. Berliner erklärt diesen
Umstand in folgender Weise: Im Frieden von Tolentino,
1797, wurde bedungen, daß der Papst 500 Handschriften aus
dem Vatikan an Frankreich abtrete; hierunter waren auch
hebräische Handschriften aus der Palatina. Als die Besieger
Napoleons im Jahre 1815 alle von den Franzosen in früheren
Kriegen geraubten Kostbarkeiten der Kunst und Wissenschaft
zurückforderter,, da war der Papst einer der ersten, der auch
seine verlorenen Schätze reklamierte. Aber auch die Universität
Heidelberg trat auf und machte geltend, daß die römische
Regierung, wenn sie zurü ckf ordern will, billig auch zurück-
geben muß. und die preußische Regierung unterstützte tat
kräftig und erfolgreich diese Forderung Heidelbergs.
W ahrend nun später diese bewirkte, daß der Papst noch von
Rom aus 890 Handschriften durch Vermittlung Friedrich
Wilhelms III. an Heidelberg; znrü ckgab, wollte die französi
sche Regierung 'die in Paris lagernden Schätze nicht gut
willig herausgeben, bis preußische Grenadiere einschritren
und W ilkem als Protektor der Heidelberger TTmversität,
in ‘Gemeinschaft mit den römischen Kommissarien eine Anzahl
von Handschriften sondieren und dann in Empfang nehmen
konnte. Man hatte aber, wie es scheint, keine Zeit, sorgfältig
ru vergleichen und zu prncer: die hebräischen Handschriften
der Heidelberger Universität — deutsches Eigentum — wan
delten mit vielen anderen der römischen Regierung zugespro
chenen Handschriften wieder nach Rom zurück. Auf diese
der V\ issenscnafl in Deutschland abzutragende alte Schuld
eingangs erwähnte Gelehrte schon nach seiner ersten
Roanresse hingewiesen,. Wenn nun heute von neuem
daran erinnert wird, so geschieht es aus dem Grunde, weil
'die Befürchtung nicht unbegründet ist, daß die Schätze des
^ atäfcans und mit diesen auch die der Palatina gehörenden
wertvollen hebräischen Handschriften unerwartet in den Be
sitz einer uns feindlichen Macht gelangen .könnten.