MAK
Seite 210 
Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 16 17 
wre cs war, ehe so viel vom schönsten dem verheerenden 
Brande zum Opfer fiel und später fast mehr noch (Inntor, 
Stadtturm, Stadtgraben) unter einer unsinnigen Verschöne 
rungssucht zu leiden hatte. Daß aber immerhin noch viel 
an alten Winkelgäßchen, Giebelhäusern, Lauben vorhanden 
ist, zeigten die Aquarell- und Pastellbilder. In solchen war 
auch die Braunauer Umgebung in Frühlingsstimmungen, 
Sommerlandschaften, Herbstbildeni mit ihren Mühlen, Bauern 
höfen, Weihern, Kirchlein und Kapellen zu sehen. Prächtige 
Herbstfärbungen zeigten die Ölbilder aus dem nahen Ostern 
berg und dem schönen Buchenwald in Ranshofen. Bilder aus 
dem Innviertler Volksleben, Bauer, Bäuerin, Ganzliguren 
in bunter Tracht, enthielt die Gruppe der Pastellporträte. 
Welch reiche Früchte künstlerische Heimatbestrehungen 
tragen können, das zeigte H. von Preens Ausstellung in vollem 
Maße. Ein Lohn für all die Arbeit, Mühe, Enttäuschung, die 
auch‘heute noch keinem erspart bleiben, der seine Kräfte in 
den Dienst der Heimatpflege stellt. Auch dafür werden bessere 
Zeiten kommen, wenn die Freude an dem Schönen der Heimat 
einmal eine allgemeine geworden sein wird und nicht nur 
erst die einiger Weniger. 
(Wiederherstellungsarbeiten an der Barfüßer 
kirche in Venedig.) Aus Venedig werden dem „Giornale 
d’Italia“ folgende Einzelheiten über die Wirkung des Flieger 
angriffs vom 24. Oktober auf die Barfüßerkirche (degli Scalzi) 
zu Venedig mitgeteilt: In den Tagen vor dem Kriegsaus 
bruch war alles Bewegliche aus der Kirche entfernt worden; 
so wurden ein kleines Gemälde von Gian Bellini, wertvolle 
Leuchter von Murano und Glaskameen, die zu den besten 
Beispielen der Glaskunst des Settecent gehören, vorher 
gerettet. Die österreichische Bombe drang von der Mitte des 
Daches in die Kirche, durchschlug zwei Dachböden und das 
Stabw'erk, an dem das Deckengemälde Tiepolos befestigt 
war, stürzte dann auf den Fußboden und explodierte dort. 
Die Explosion veiursachte den Einsturz des Daches (das schon 
von früher zwei starke Querspalten auf wies), beschädigte die 
Statuen, zersprengte die Tür und zerschlug den vielfarbigen 
Marmor des Fußbodens in Stücke. Die Deckenmalerei liegt jetzt 
zwischen Ziegeln, Stein- und Balkensplittern am Boden zer 
streut. Die Dachstuhlbalken drohen an verschiedenen Stellen 
berabzustürzen. Von der Malerei Tiepolos blieben nur da und 
dort, wo die Decke aut den Säulen aufruht, einige Reste. 
Die Wiederherstellungsarbeiten sind sofort in Angriff genom 
men worden. Alle Teile, die einzustürzen drohen, sollen be 
seitigt werden. Die Wiederherstellung des Daches, der Decke 
und der Fenster wird ungefähr 40.000 Lire kosten. Auf die 
Frage nach der Möglichkeit einer ganzen oder teilweisen Re 
konstruktion des Deckengemäldes hat Professor Fogolari, 
Direktor der Galerien von Venedig, eine negative Antw r ort 
gegeben. Für den Fall, daß man später an der Decke der Kirche 
eine Kopie der zerstörten Malerei anbringen sollte, ist es wichtig, 
daß der Bildhauer Antonio dal Zotto in Venedig eine angeblich 
eigenhändige Wiederholung in Öl besitzt, die nur in wenigen 
Einzelheiten von dem großen Deckengemälde abweicht. 
(Die Sammlungen Sir William van Hornes.) 
Zu Montreal in Kanada ist ein Mann gestorben, der die Wirk 
samkeit eines Finanzmagnaten, eines Malers unci eines Kunst 
sammlers in sich vereinigte. Es war Sir William van Horne. 
van Horne war Mitbegründer der großen Eisenbahnlinie und 
Gesellschaft Canadian Pacific und Organisator gewaltiger 
Finanz-Unternehmungen. Daneben betätigte er sich in seinen 
Mußestunden als Maler, schloß sich an die schottische Schule an, 
und schuf in dieser Art recht hübsche Landschaften. Bedeuten 
deres hat er aber freilich als Sammler geleistet, wobei ihm 
■ seine großen Mittel trefflich zustatten kamen. Er hat es ver 
standen, als Mann von durchaus eigenem Urteil und per 
sönlichem, feinen Geschmacke eine der bedeutendsten Samm 
lungen chinesischer und japanischer Keramik zusammenzu 
bringen und mit großem Geschick eine Reihe ausgezeichneter 
Werke älterer und moderner Malerei zu einer der wertvollsten 
Galerien Nordamerikas zu vereinigen. Auch hat van Hornes 
Sammlertätigkeit auf w'eite Kreise drüben vorbildlich gewirkt 
in der Sammlung sind Rembrandt, Hals, Greco und Goya 
mit mehreren Hauptstücken vertreten, daneben Velasquez, 
Zurbaran, Guardi, Cranach und van der Heist; unter den Mo 
dernen tritt besonders glänzend Daumier mit fünf Arbeiten 
auf. Ferner begegnet man vorzüglichen Arbeiten der modernen 
Franzosen, so von Gericault, Rousseau, Delacroix, Courbet, 
Millet, Lautren und Cezanne. Es ist wohl nicht ausgeschlossen, 
daß ein größererTeil der Sammlung dem städtischen Museum 
von Montreal vermacht worden ist. 
(Eine Knackfuß-Gedächtnis-Aasstellung.) Aus 
Kassel -wird geschrieben: Am 17. Mai dieses Jahres ist der 
bekannte Professor der Kasseler Kunstakademie Hermann 
Knackfuß an einer schweren Krankheit gestorben, die er 
sich im Dienste des Vaterlandes, als Hauptmann im hiesigen 
Gefangenenlager, zugezogen hatte. Durch eine umfangreiche 
Ausstellung seiner W'erke im Kunsthause am Ständeplatz 
ehrt jetzt der Kunstverein sein Andenken. Mehr als 2ö0 Ar 
beiten geben eine Vorstellung von der Entwicklung und dem 
vielseitigen Schaffen des Künstlers seit dem Beginn der 
siebziger Jahre. 
(Henri Fahre.) Aus Paris wird gemeldet, daß der große 
französiche Entomologe Jean Henri Fahre im hohen Alter 
von 92 Jahren gestorben ist. Mit Faber, den* Victor Hugo den 
„Homer der Insekten“ genannt hat, ist zweifellos der größte 
der heutigen Insektenforscher und Kenner, der auf dem von 
ihm begründeten Gebiete der experimentellen Insektenfor 
schung bahnbrechend gewirkt hat, dahingeschieden. Erst 
sehr spät hat der große Gelehrte-in seinem Vaterlande die ver 
diente Anerkennung für seine tiefdringenden, an Feinheit und 
Schärfe der Beobachtung unerreichten Forschungen gefunden. 
In früheren Jahren Lehrer der Natur-wissenschaften am College 
von Ajaccio auf Korsika, später an einem Lyzeum in Avignon, 
zog er sich schon vor mehr als vier Jahrzehnten in die ländliche 
Abgeschiedenheit des Dörfchens Serignan in der Provence 
zurück, wo er, in bescheidenen und bedürftigen Verhältnissen, 
in der Stille seines primitiven Laboratoriums seinen mühe 
vollen mik-oskopischen Forschungen lebte. Schon Darwin 
nannte ihn einen unvergleichlichen Beobachter, Maeterlinck 
in seinem Buche über die Bienen zählt ihn unter die größten 
Leuchten der entomologischen Wissenschaft. Die zünftige 
GelehrtenweJt Frankreichs hat erst vor etwa fünfzehn Jaluen 
angefangen, seinen grundlegenden Forschungen die verdiente 
Beachtung zu schenken. Die Pariser Academie de Sciences, 
die auch seine „Souvenirs entomologiques“, von denen zehn 
Bände erschienen, -wiederholt mit Ehrenpreisen krönte, wählte 
ihn zu ihrem korrespierenden Mitglied, andere gelehrte Gesell 
schaften, auch viele außerhalb Frankreichs, lolgten nach. 
Vor einigen Jahren lenkte das übrigens nicht in vollem Umfang 
bestätigte Gerücht, daß der große Forscher, von Nahrungs 
sorgen bedrückt, in den ärmlichsten Verhältnissen lebe, die 
Aufmerksamkeit weiterer Kreise Frankreichs auf den berühmten 
Mitbürger. Damals und bei seinem 90. Geburtstage, im De 
zember 1913, wurden ihm mannigfache Zeichen der verspä 
teten Anerkennung und Verehrung zuteil. Als der Präsident 
Poincare bald darauf im Jänner 1914, eine Reise nach der 
Provence unternahm, suchte er außer dem (bald darauf ver 
storbenen) Dichter Frederic Mistral auch den vom Alter 
gebeugten, halb erblindeten Gelehrten in seinem bescheidenen 
Gartenhäuschen auf, um ihm den Dank der Nation für seine 
Forschertaten auszusprechen und so die längst fällige Ehren 
schuld Frankreichs gegen einen seiner verdientesten Forscher 
wenigstens teilweise abzutragen. Schon vorher hatte ihm die 
Königliche Akademie von Stockholm die Linne-Medaille und 
die Genfer Naturwissenschaftliche Fakultät durch Claparede 
eine Adresse überreichen lassen. 
(Metzer Ausstellung französischer Kunstwerke.) 
In der Metzer Templerkapelle, der einstigen Kapelle des 
Ordens der Tempelrritter aui der Zitadelle, wurde dieser 
Tage eine bedeutsame Ausstellung eröffnet. Sie enthält Bild 
werke, die auf Veranlassung der deutschen Militärbehörden
	        
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