Nr. 16/17
Internationale Sammler- Zeitung
Seite 201
Was die Frage einer gemeinsamen Auktion an
belangt, so dürfte eine solche wenig Erfolg haben, da der
Sammler nur solche Gegenstände kauft, die unbekannt
sind und nicht solche, die schon vorher ausgestellt
waren.
Alfred Wawra,
Inhaber der Firma C. J. Wawra, F. Paternos Nacht., Kunst
handlung und Antiquariat.
Dem bereits Gesagten vermag ich nicht viel Neues
hinzuzufügen. Auch ich kann nur konstatieren, daß
das Angebot im Vergleiche zur Nachfrage ein sehr
schwaches ist. Das Publikum ist offenbar über die
Verhältnisse des Kunstmarktes nicht informiert und
der irrigen Meinung, daß gegenwärtig keine kauf
kräftigen Leute da seien, um entsprechende Markt
preise zu erzielen. Diese Annahme aber ist, w r ie schon
erwähnt, falsch. Denn an den Preisen der guten
Bilder hat sich trotz des Krieges nichts geändert.
Nach dem Kriege, glaube ich, werden unsere Wiener
Künstler noch mehr zur Geltung kommen als bisher,
hat man ja in Deutschland bereits in den letzten Jahren
begonnen, unsere Künstler zu schätzen, was nach dem
engeren Anschluß ans Deutsche Reich später jedenfalls
noch mehr zu erwarten steht.
Eine gemeinsame Versteigerung ist, so lange der
Krieg währt, nicht zeitgemäß und dürfte keine lohnen
den Resultate ergeben.
ÄUSSERUNGEN BERLINER FACHLEUTE.
Unserem Beispiele folgend, hat die „Berliner
Zeitung am Mittag“ einige Berliner Antiquitäten
händler und Antiquare ersucht, ihr über die gegen
wärtige und — voraussichtlich — zukünftige Lage
ihrer Spezialgebiete Aufschluß zu geben.
Über das^Ergcbnis seiner Rundfrage teilt das
Blatt mit:
Hofantiquar Ludwig Glenk
ist der Meinung, daß das Antiquitätengeschäft im
Kriege nicht so schlecht ist, wie allgemein erwartet
wurde. Es wird immerhin gekauft, hier und da sogar
wertvolle Stücke, die selbst im Frieden nicht leicht
an den Mann zu bringen sind. Auf den Auktionen,
die meistens nur Mittelware brachten, sind durch
schnittlich dafür sehr hohe Preise erzielt worden.
Das Angebot von alten Kunstgegenständen ist auf
den verschiedenen Gebieten gleichmäßig schwach.
Ein gutes Zeichen für unsere günstigen Vermögens
verhältnisse! „Nationale“ Dinge, Stiche, Bilder, Bi-
belots werden ehhr weniger gekauft als sonst. Ob der
„internationale Zusammenhang" der Altertümer-
Händler und -Sammler gleich nach dem Kriege wieder
einsetzen wird, das wissen die Götter, und wir wollen
es wünschen. Aber erst nach einem kräftigen, end
gültigen Siege.
Ganz ähnlich sind die Erfahrungen von
Karl Ernsl Henrici
in der Kurfürstenstraße. Er sagt: „Der Einfluß des
Weltkrieges auf dem Gebiete, das ich betreibe, ist ein
ganz anderer, als wie zu erwarten stand. Das Interesse
für alles Schöne hat nicht nur nicht abgenommen,
sondern eher sich vergrößert. Ich kann auch nicht
behaupten, daß lediglich preußische und deutsche
Sachen besonders gefragt werden; diejenigen, die es
wollen, sind meistens kleine Spekulanten, die glauben,
eine große Hausse auf unserem deutschen Gebiet
erwarten und herbeiführen zu können. Wenn es auch
zweifellos ist, daß das Deutsche nach dem Kriege
mehr gefragt sein wird, so ist absolut kein Nach
lassen in dem Interesse für kostbare englische
und französische Blätter zu bemerken. Im Gegen
teil, ich bin nicht imstande, die Wünsche nach Farb
drucken ersten Ranges, die an mich gestellt werden,
zu befriedigen, und zwar weil die Verbindung jetzt
mit England und Frankreich fehlt, woher, um ganz
offen zu sein, doch meistens meine kostbaren Blätter
stammen. Die Nachfrage ist da, aber ich kann nichts
importieren, und die Annahme, daß während des
Krieges furchtbar viel angeboten würde, hat sich als
absolut irrig erwiesen. Die wirklich kostbaren
Sachen waren doch in so starken, d. h. Liebhaber-.
händen, daß es nicht nötig war, irgand etwas mit
Gewalt abzustoßen.
Ich glaube, Sie werden das gleiche auch von anderen ,
Händlern hören, so z. B. von dem großen Auktions
institut Lepke, die ja natürlich eine ganz andere
Stellung in Hinsicht des Umsatzes einnehmen als mein
Geschäft."
In der Tat stimmt die Firma
Rudolph Lepke
hiermit im wesentlichen überein.
„Die ganze Lage ist letzten Endes so kompliziert,
ändert sich auch von Woche zu Woche, nicht nur durch.
die allgemeine Stimmung des Publikums, sondern
auch selbstverständlich durch die Art der bei uns
zum Ausruf kommenden Sachen so, daß etwas Ge
nerelles zu sagen kaum angebracht ist. Eine von Ihren
Fragen können wir Ihnen allerdings schon jetzt be
antworten: es zeigt sich Wenigstens bei uns durchaus
nicht etwa ein besonders erhöhtes Interesse für irgend
welche nationalen Dinge, ebensowenig wie dies übrigens
in der Zeit der Jahrhundertfeier der Befreiungskriege
der Fall war. Parallel damit ist auch die Erscheinung,
die auf den ersten Blick verblüfft: daß das große
Publikum in seiner Wertschätzung von Erzeugnissen
uns zurzeit feindlicher Länder absolut gar nicht zurück
gekommen ist. Es werden genau wie in früherer Zeit
z. B. japanische Kuriosa, Waffen, Porzellan
usw. gern gekauft. Es wird noch immer die hohe
französische und englische Kunst genau so
bevorzugt. Ob hierin die Vorzeichen liegen für eine
Hoffnung, daß sich bald nach dem Weltkriege die
abgerissenen internationalen Beziehungen wenigstens
in unserem Geschäftszweige wieder anknüpfen werden,
läßt sich nicht prophezeien.“
Jaques A. van Dam,
der Hoflieferant des Kaisers erklärt: ä
Von einem- dauernden Einfluß des Weltkrieges
auf das Antiquitätengeschäft kann gar keine Rede sein.
Natürlich geht das Geschäft derzeit nicht in dem
gleichen Umfange wie in Friedenszeiten, der Geschäfts
gang ist ein ruhiger, aber durchaus verläßlicher und
zukunftssicherer. Die Preise sind keineswegs
gesunken, sondern eher noch gestiegen. Da die
Sammler fast durchweg zu den wohlhabendsten Kreisen
gehören, kann man eher von einem Nachlassen
als von einem Wachsen des Angebots sprechen. Da
gute Kauflust vorhanden ist, werden darum für gute
Stücke glänzende Preise bezahlt.
Es soll gewiß nicht geleugnet werden, daß in den
ersten Wochen und Monaten nach Ausbruch des Krieges
eine gewisse flaue Stimmung herrschte, ]a einzelne
große süddeutsche Firmen glaubten damals an einen
kommenden Niedergang des Geschäfts. Der tatsächliche
Verlauf hat sie Lügen ge traft, und außer kleinen
Bric-ä-brac-Händlern hat wohl niemand dauernden
Schaden erlitten.“