MAK
Seite 240 
Internationale Sammler- Zeitung 
Nr. lü/20 
ein Unikum, das selbst die größten Münzsammlungen 
nicht besitzen. Ihr Wert wird auf beiläufig tausend 
Kronen geschätzt — sie wurde beim Sichten der Metall 
spenden in einer Kiste voll des verschiedensten Krams 
entdeckt. Sie trägt auf jeder Seite ein Bildnis in vor 
nehmster Arbeit —• Johann Leutner und Susanna 
Maria Lachmairin — und wird Alessandro Abbon di o 
(1580 bis 16X5) zugeschrieben, einem Künstler, der fin 
den österreichischen und bayrischen Hof arbeitete. 
Eine Sensation für Sammler. 
Aus der .Bibliothek des Fürsten Ra dz i will stammt 
ein reich getriebener Buchdeckel 
hunderts — Regensburger Arbeit, von über ein Kilo 
gramm Silbergewicht. Kurios ist ein steif feierlicher 
Aufsatz aus der Zeit Kaiser Franz’, der wie Bronze 
mit Vergoldungen aussieht und den der Besitzer auch 
dafür gehalten zu haben scheint, in Wirklichkeit aber 
Porzellan ist. Das immerhin gegen 500 Kronen werte 
Stück wurde als Metallspende in eine Kiste geworfen 
und hat dadurch auch Schaden genommen. 
Neben dem Eingang ist eine den Augenblick blank 
spiegelnde Sonderausstellung, die alle Stadien unserer 
Geschoßherstellung vorführt, den Weg des Metalls 
bis zum fertigen Schrapnell . . . 
Anfang des 18. Jahr- 
Chronik. 
Ansichtskarten. 
(Kriegspostkarten des ,,Kladderadatsch“.) Die 
Kunstverlagsanstalt Gerhard Stalling in Oldenburg i. Gr. 
gibt vorzüglich gedruckte Tiefdruckkarten nach den besten 
Kriegsbildern des ,,Kladderadatsch“ heraus. Es sind vorläufig 
zwei Serien zu je 10 Karten zu haben (Preis jeder SerieM 1. —.) 
Bibliophilie. 
(Eine illustrierte Ausgabe von Gottfried Kellers 
,,Gerechten Kammachern".) Ein originelles Werklein gibt 
die Wiener Gesellschaft für vervielfältigende Kunst als ihre 
Jahresgabe für 1915 heraus. Es ist dies ein schöner Abdruck 
von Gottfried Kellers klassischer Erzählung von den drei 
gerechten Kammachern, die . Alfred Coßmann mit sechs 
Originalradierungen geschmückt hat. Unseres Wissens ist es 
das erste Mal, daß ein Künstler den Versuch gemacht hat, 
Illustrationen , zu diesem unnachahmlichen Meisterwerke 
Kellerschen Humors zu schaffen. Coßmann stellt in charakter 
vollen Gestalten,' die drei überstrebsamen Handwerksburschen 
bei der Arbeit dar und schildert in einem anderen Blatte mit 
einem gewissen preziösen Humor die Jungfer Züs Bünzlin, 
umgeben von all ihren Herrlichkeiten, dem chinesischen 
Tempel, Moschusbüchschen, dein artigen Mörserchen ihres 
Verehrers, und was sie sonst an Wertgegenständen dieser Art 
besaß. Ein besonders anziehendes Blatt schildert die kostbare 
Szene, wie Jungfer Züs ihren drei Verehrern vor dem ver 
hängnisvollen Wettlaufe aus der Fülle ihrer Weisheit gute 
Lehren erteilt und dabei mit dem Schwäbchen bescheidentlich 
kokettiert. Viele Verehrer der Kellerschen Novellen werden 
an dieser neuen Ausgabe ihre Freude haben. 
(Die Bibliothek Widener.) Der Bibliophile Harry 
Elkins Widener, der beim Untergang der „Titanic“ sein 
Leben verlor, testierte der Harvard Universität in Cambridge 
(Amerika) für deren Bibliothek einen neuen Palast und seine 
ganze Bücherei, bestehend aus 30.000 Bänden, unter denen 
sich die erste Folioausgabe von Shakespeares Werken, 
die berühmte Bibel von Caxton und die erste Ausgabe der 
„Anatomie" von Burton befinden. 
(Ein unbekanntes Werk Glucks.) Von Glucks 1742 
für Venedig geschriebener Oper Demetrit sind uns nur Bruch 
stücke erhalten. Kürzlich hat Dr. Arend, der Vorsitzende 
der „Gluck-Gemeinde“ in Dresden, die für verloren gehaltene 
Anfangsarie des dritten Aktes „Jo so quäl pena sia“ in voll 
ständiger Orchesterpartitur in Upsala: aufgefunden; sie ist 
weder im- Thematischen Verzeichnis von Wotquenne noch 
im Liebekindschen Nachtrag enthalten. Auf Veranlassung 
der ,,Gluck-Gemeinde“ ist diese auch musikalisch wertvolle 
und durch den motivischen Anklang an das Vorspiel der 
„Iphigenie auf Tauris“ und die Händelsche Messias-Arie 
interessante Arie im Druck herausgegeben. Ein kleiner 'feil 
der Jiir die Mitglieder der Gluck-Gemeinde hergesleilten Auf 
lage kann an Interessenten abgegeben werden. 
(Von der Warschauer Universitätsbibliothek.) 
Die Eröffnung der Warschauer Universität lenkt die Auf 
merksamkeit auf die ihr angeschlossene Bibliothek, die an 
Bücherzahl reichhaltigste Bibliothek in Warschau. Sie besteht 
seit nahezu hundert Jahren, und ihre Grundlage bildet die 
unter preußischer Herrschaft gesammelte Bücherei des War 
schauer Lyzeums. Nach Errichtung des Großherzogtums 
Warschau trug sich dessen Regierung mit der Absicht, das 
Lyzeum in eine Universität umzuwandeln; gleichzeitig bemühte 
man sich um die Schaffung einer Nationalbibliothek, die die 
im Jahre 1795 als Kriegsbeute nach Petersburg weggeführte 
„Bibliothek der Republik“ ersetzen sollte. Außerdem kam 
noch die Bücherei der Juristischen Schule in die Bibliothek, 
zusammen 25.000 Bände, die 1816 die Grundlage für die 
„öffentliche Bibliothek an der Königlichen Warschauer Uni 
versität“ bildeten. Unter russischer Herrschaft wurde der 
gesamte fremdländische Teil der Sammlung nach Petersburg 
fortgeführt; lediglich die polnischen Werke sowie theologische 
und wissenschaftliche Bücher aller Sprachen blieben da. 
1862 bekam die Bibliothek 17.000 dieser Bände zurück, ferner 
waren ihre Bestände schon vor Jahren durch Dubletten der 
Petersburger Akademie der Wissenschaften aufgefüllt worden, 
jetzt hat die Bibliothek einen Zuwachs von jährlich 10.000 
Bänden. Sie ist außerordentlich wichtig für die Geschichte 
Polens, Litauens und Rußlands. 
Bilder. 
(Ein Michelangelo-Bildnis in der Stadtbibliothek 
zu Breslau.) In den Meuselschen „Miscellaneen artistischen 
Inhalts“ vom Jahre 1784 berichtet D. J. E. Stieff, daß auf 
der magdalenischen Bibliothek in Breslau ein wohlgetroffenes, 
feingemaltes Bildnis von Michelangelo aufbewahrt werde. 
Es ist nun dem bekannten Michelangelo-Forscher Professor 
Ernst Steinmann mit Hilfe verschiedener Breslauer Ge 
lehrten gelungen, dieses seitdem verschollene Bildnis des 
Meisters in der Stadtbibliothek zu Breslau wieder aufzufinden. 
Uber seine Herkunft hat Steinmann von dem Direktor der 
Breslauer Stadtbibliothek Professor Hippe das Folgende 
erfahren: Das Bild, das sich noch heute in seinem alten Holz 
rahmen befindet, ist der Kirchenbibliothek zu St. Maria Magda 
lena am 23. Oktober 1699 von einem Breslauer Arzt Dr. Karl 
Oelim geschenkt worden und dann mit der gesamten Kirchen- 
bibliotliek 1865 an die Stadtbibliothek gelangt. Es läßt sich 
vermuten, daß Oelim das Bild auf seinen Studienreisen er 
worben hat, die ihn um 1676 nach Frankreich und Italien 
führten. Das Bildnis Michelangelos ist ein der Größe von 
15-5 : 10 cm auf einem Pergament blatte sehr sorgfältig als 
Miniatur ausgeführt. Das Gesicht ist gerötet, Bart und Haar 
stark ergraut. Wir kennen nur noch zwei Miniaturbildnisse 
Michelangelos, das eine im Palazzo Pitti zu Florenz, das 
andere in ebner Wiener Bildnissammlung. Während aber 
beide den Künstler mit dem breiten Filzhute darstellen, wie 
man ihn in (len Straßen Roms zu sehen gewohnt war, zeigt ihn
	        
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