MAK
Nr. 2 
Internationale Sammler- Ze'tung 
Seite 23 
Ausbesserung und Erhaltung von Stickereien, Tapisserien 
(Gobelins) u. a. 
Von kunstgewerblichen Erzeugnissen sind begreif 
licherweise die Arbeiten der Textilkunst Schädigungen 
ausgesetzt. Wie diesen nach Möglichkeit vorgebeugt 
werden könnte, darüber verbreitet sich der namentlich 
als Spitzenautorität bekannte Vizedirektor des Öster 
reichischen Museums für Kunst und Industrie, 
Regierungsrat Dis M. Dreger, in Nr. 2 der „Mit 
teilungen der k. k. Zentralkommission für Denkmal 
pflege“. 
Wir entnehmen dem instruktiven Aufsatze folgen 
des: 
Für Stickerei- und Stofferhaltung*) käme vor 
allem die I. Wiener Produktivgenossenschaft der Ab 
solventinnen der k. k. Kunststickereischulen (Wien, 
IV,, Schleifmühlgasse 9) in Betracht. Diese Genossen 
schaft w r urde im Jahre 1907 unter den Auspizien des 
k. k. Ministeriums für Kultus und Unterricht ge 
gründet **) und hat den Zweck, den in den Schulen aus 
gebildeten Arbeitskräften den Übergang in das Er 
werbsleben durch praktische Betätigung zu erleichtern 
und ihnen vorübergehend oder dauernd Verdienst zu 
bieten. Die Tätigkeit erstreckt sich sowohl auf Her 
stellung neuer Arbeiten als auf Erhaltung und Aus 
besserung alter. Die gegenwärtige Leiterin sowie der 
Stamm der Arbeitskräfte sind aus der im Jahre 1873 
vom k. k. Handelsministerium gegründeten k. k. 
Kunststickereischule hervorgegangen. 
Diese Anstalt, deren Gründung großenteils auf die 
Anregung Eitelbergers zurückgeht, stand von vor - 
neherein in enger Verbindung mit dem lc. k. Öster 
reichischen Museum für Kunst und Industie und war 
dadurch immer mit den Schöpfungen und Techniken 
alter Kunst Vertraut, ein Verhältnis, das heute noch 
durch enge Beziehungen, vor allem natürlich zur Tex- 
tilabteilung des Museums, aufrecht erhalten wird. Die 
historische Schulung und diese Zusammenhänge bieten 
auch eine Gew r ähr, daß die Arbeitskräfte ihre große 
Kenntnis alter Formen und Materialen sowie ihre Fer 
tigkeit in der Technik in einer Weise verwenden, die 
unseren Begriffen der Erhaltung alter Kunstwerke 
entspricht. 
Auch ist der Leiter der Textilabteilung des k. k. 
Österreichischen Museums (der gegenwärtig auch Mit 
glied des Denkmalrates ist) stets bereit, bei wuchtigeren 
Erhaltungsarbeiten oder Ausbesserungen die nötigen 
technischen und wissenschaftlichen Behelfe sowie die 
erreichbaren Vergleichsmateriale zur Verfügung zu 
stellen und mit Rat zur Seite zu stehen, um die Arbeiten 
im Sinne der modernen Denkmalpflege zur Ausführung 
zu bringen. 
Besonders warnen möchten wir bei dieser Gelegen 
heit vor dem allzu oft durchgeführten Ausschneiden 
und Applizieren von Stickereien (Flachstickereien) 
auf neuen Stoff, wodurch die ursprüngliche Wirkung 
sehr oft ganz zerstört wird, während man durch andere 
Hilfsmittel das Stück meist gebrauchsfähig und doch 
künstlerisch hätte erhalten können. Auch wird durch 
Anwendung falschen Materials häufig selbst die Er 
haltung des Vorhandenen noch mehr geschädigt. 
Zum Beispiel kann neuer Zwirn in alter morscher 
*) Auch Schals, Strickerei, Perlarbeiten u. a. 
**) Las betreffende Ministerialdepartement gehört nun 
dem k. k. Ministerium für öffentliche Arbeiten an. 
Seide noch größere Löcher brechen als vorher vorhanden 
waren. Das neue Material muß dem alten in der 
Widerstandsfähigkeit gleichwertig sein. (Das Neue 
braucht ja auch keineswegs länger zu halten als 
das Alte!) Ebenso ist das teilweise Mitsticken 
grober Unterstoffe oft nicht nur in künst 
lerischer Hinsicht, sondern auch für die Erhaltung 
des Oberstoffes gefahrvoll, besonders wenn es sich um 
Gebrauchsstücke handelt. Sehr gesündigt wird auch in 
der Wahl der Farben für das Ausbesserungsmaterial, 
bei dem die späteren Änderungen nicht richtig beurteilt 
werden. Man begreift, daß nicht genügend geschulte 
Kräfte den alten Stücken oft mehr schaden als nützen 
werden. 
Die erwähnte Anstalt hat sich dagegen in zahlreichen 
Erhaltungsarbeiten, die für die Prinzessin Esterhazy- 
Andrassy, den Grafen Lanckoronski, Grafen 
Wilczek, Grafen Waldburg-Wolfegg u. a. aus 
geführt wurden, genügend bewährt. 
Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei den Tapisse- 
rie-(Gobelin-)Arbeiten. Hier kann durch unrichtige 
Materialwahl fast noch größeres Unglück angerichtet 
werden; besonders nahe liegt die Gefahr, zuviel zu ma 
chen, wodurch nicht nur Kosten entstehen, sondern 
auch der Altertumswert und die künstlerische Wirkung 
geschädigt werden. 
Der mit der k. k. Zentrallehranstalt für Frauen 
gewerbe verbundene Gobelinkurs (Wien, VI., Mollard- 
gasse 87), der aus der früheren Kunststickereischule 
hervorgegangen ist und daher eine ähnliche Entwicklung 
wie die erwähnte Genossenschaft aufweist, wird für 
Erhaltungsarbeiten von Tapisserien (Gobelins) wohl in 
erster Linie zu erwähnen sein, da die rühmlich bekannte 
Restaurieranstalt des k. k. Hofmobiliendepots wohl nur 
für Arbeiten des Hofes in Betracht kommt. 
Bei Tapisserien (Gobelins) erscheint, wenn sie 
fertig sind, bekanntlich die Kette nicht, wie bei anderen 
Geweben, in der Richtung von oben nach unten, sondern 
von rechts nach links, so daß Zerstörungen der Kette 
unbedingt auf irgend eine Weise unschädlich gemacht 
werden müssen, wenn das Stück nicht vollständig 
zugrundegehen soll. Manchmal wird ein sorgfältiges 
Aufnähen auf einen Untergrund und Ergänzen des 
Fehlenden durch Einträgen schütter überwebter Ketten 
fäden genügen, manchmal aber auch ein genaues Über 
arbeiten neu eingeführter Kettenfäden nötig sein. 
Mehr in der ersten Art wurden jetzt zum Beispiel vier 
große Tapisserien aus St. Stephan in Wien konserviert 
und auch die weiteren Stücke der Serie sollen so be 
handelt werden. 
Großer Sorgfalt bedarf das Reinigen der Tapisse 
rien, da durch mangelnde Erfahrung und Sorgfalt hier 
sehr großer Schaden gestiftet werden kann. Empfehlens 
wert ist eine gründliche Entstaubung (aber Vorsicht 
beim Vakuumreiniger!), dann Reinigen mit Brot oder 
durch Wasserdämpfe, welch letzteres der Laie bei 
größeren Stücken aber kaum durchführen kann. 
Im allgemeinen ist es gut, selbst weniger geschädigte 
Tapisserien zur besseren Erhaltung auf einen Leinen 
grund aufnähen zu lassen, damit das Eigengewicht 
der Stücke von den Schüssen (bei den Tapisserien den 
senkrechten, als tragenden Fäden) abgeleitet werde. Das 
Aufnähen erfolgt durch senkrechte Nähte in Abständen 
von 30 bis 60 cm; zum Aufnähen ist weiches Material 
(zum Beispiel Halbseide) zu verwenden, damit die
	        
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