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Internationale Sammler- Zeitung
Nr. 3
Chronik.
Bibliophilie.
Ansichtskarten.
(Ein Kaiserbild als Ansichtskarte.) Durch das
Kriegshilfsbureau des Ministeriums des Innern gelangt eine
Ansichtskarte zur Ausgabe, die den Vermerk: „Auf Befehl
Seiner k. u. k. Apostolischen Majestät zugunsten des Roten
Kreuzes (Kriegshilfsbureaus, Kriegsfürsorgeamtes)" trägt. Es
ist ein vorzüglich ausgeführter Tiefdruck nach einer gelungenen
Aufnahme des Kaisers Franz Josef durch den Wiener Hof-
Photographen Pietzner. Mit eigener, trotz des hohen Alters
immer noch fester Hand hat der Monarch am Weihnachtstage
folgende Worte unter das Bild geschrieben: „Ich vertraue auf
meine Völker und auf die Gerechtigkeit unserer Sache. Franz
Joseph.“
Autographen.
(Haydn- Brie fe im Handel.) Der geschätzte Autor
des Artikels „Haydn-Briefe im Handel“ in unserer vorigen
Nummer, Herr Dr. Ignaz Schwarz (Wien), schreibt uns:
„Meine Zusammenstellung der Haydn-Briefe, die von 1838
bis 1913 im Handel auftauchten, bedarf noch einer kleinen
Ergänzung. Es kommen zu den aufgezählten 55 Nummern
noch drei hinzu, und zwar als
Nr. 56. Estoras, 22. November 1787. 1 Seite Quart.
An Artaria. (Kat. 26 von C. G. Boerner, Leipzig, Nr. 345).
„Über die Lüge des Herrn Bartolozzi oder besser des sicheren
Cavaliers aus Verona, weiß ich nicht ob ich lachen oder mich
ärgern soll“ usw.
Nr. 57. Wien, 7. Oktober 1801. 1 Seite Quart. An George
Thomson (E. K. Henrici, Berlin, Kat. 7, Nr. 47.) Er sendet
ihm die gewünschte Violinbegleitung zu einem Teil der von
ihm herausgegebenen „Schottischen Gesänge“. Er bittet ihn
um Übersendung neuer Texte, mit deren Komposition er sich
bestens bemühen wird.
Nr. 58. O. O. und D. (Wien, Jänner 1802.) 6 Zeilen. Quer
quart. An denselben (K. E. Henrici, Berlin, Kat. 7, Nr. 48.)
Er übersendet ihm kleine Arien, auf die er sehr stolz ist.
Natürlich wären die Briefe chronologisch einzureihen."
(Ein Grillparze/-Autogramm.) In der Kunsthandlung
V. A. Heck in Wien ist jetzt ein nteressantes Grillparzer-
Autogramm aufgetaucht. Es ist das herrliche Gedicht mit dem
etwas langatmigen Titel „An Kaiser Ferdinand, bei Über
reichung eines gestickten Teppichs“, das der Dichter im Jahre
1849 im Aufträge der Wiener Frauen verfaßte:
„Erst wenn der Mensch aus diesem Leben scheidet,
Wird ihm gerecht das Urteil dieser Welt;
Nicht angefeindet mehr und nicht beneidet,
Steht fest die Hand, die unsere Wage hält.
Du bist, o Herr, schon vor der Zeit geschieden,
Hörst lebend noch der Nachwelt Richterspruch,
Die dich den gütigen nennt, dein Werk den Frieden,
Dich einschreibt in der Zukunft gold'nes Buch.
Zu fern gestellt, das Bitt’re zu versüßen,
Das Kopf und Brust denn etwa doch beschleicht,
Lass’ uns den Teppich breiten dir zu Füßen,
Auf daß dein Schritt, nach so viel schweren, leicht.“
(Versteigerung zweier Bibliotheken.) In Rudolf
Lepkes Kunst-Auktions-Haus, Berlin W 35, Potsdamerstraße
Nr. 122 a/b, gelangen am 10. und 11. d. M. die Bibliotheken
aus dem Nachlaß zweier bekannter Berliner Persönlichkeiten
zur Versteigerung: des Professors Karl Frenzei und des Bau
meisters Paul Hentschel, nebst einigen Beiträgen aus anderem
Privatbesitz. Die Bibliothek Frenzei setzt sich, wie es bei dem
langjährigen literarischen Mitarbeiter der „Nationalzeitung
selbstverständlich erscheint, zumeist aus Werken zur Literatur
geschichte des 18. und 19. Jahrhunderts sowie aus Ausgaben
der Klassiker der Weltliteratur zusammen. Eine gute Er
gänzung zu diesen Beständen gibt die Bibliothek des Baumeisters
P. Hentschel, der vorwiegend Werke zur Geschichte seines
Faches gesammelt hat. Zu den Haupterscheinungen der Archi
tektur, Handbüchern, gesellen sich bei ihm zahlreiche Werke
zur Archäologie, Kunstgeschichte sowie auch Zeitschriften
und Reisewerke. Alte Kupferstiche, moderne Exlibris und eine
große Sammlung von Originalphotographien zur Ethnographie,
Kunstgeschichte usw. schließen den Katalog.
(Ein unbekanntes Manuskript Blüchers.) Wie
der Korrespondenz „Heer und Politik“ von militärischer Seite
geschrieben wird, steht in kurzer Zeit die Veröffentlichung
eines bisher unbekannten militärischen Testaments Blüchers
bevor, das den Titel führt: „Kameraden! Mein Vermächtnis
an das Heer“. — In den Papieren eines alten preußischen
Geschlechtes, dessen heimgegangene Angehörige dem greisen
Helden bis zu seinem Ende nahestanden, hat es durch diese
langen Jahre gilbend geruht, bis es nun aus der patriotischen
Erwägung, daß dieser Stimme eines Großen aus dem Grabe
die Kraft gegeben sei, anfeuernd zu wirken, der Öffentlichkeit
übergeben werden soll. In einigen wenigen Exemplaren ist diese
Aufzeichnung — vielleicht ein Diktat — bald nach dem Tode des
Feldmarschalls gedruckt und den nächsten Freunden als
Erinnerungsgabe überlassen worden. Es war nun selbstverständ
lich, daß man sichvor Veröffentlichung dieses wertvollen Schrift
stückes eine möglichst weitgehende Sicherheit darüber schaffen
wollte, daß es sich hier um ein ureigenes Werk des „Marschall
Vorwärts“ handle. Generalleutnant z. D. W. v.Unger, wohl der
beste Kenner der Blücher-Literatur und von Blüchers Leben, er
klärt, es sei nach den tatsächlichen Angaben — Besuch des
Königs, Herbstübungen in derNähe — anzunehmen, daßderAuf-
satzin den letzten Lebenstagen Blüchers entstanden sei. Viele
Tatsachen sprechen dafür, daß es ein echtes Schriftstück des
„Marschall Vorwärts“ ist.
(Dante-Illustrationen in alter Zeit.) In Florenz
sprach kürzlich Graf L. Passerini über die Illustrationen der
Göttlichen Komödie in den Ausgaben des 15. und 16. Jahrhun
derts. Er ging dabei von den bildlichen Darstellungen der ältesten
Dante-Handschriften in der Nationalbibliothek zu Paris und
in der Laurenziana von Florenz aus und wandte sich dann
den Illustrationen der gedruckten Ausgaben des 15. und 16. Jahr
hunderts zu. Besonders beschäftigte sich Graf Passerini mit
den Zeichnungen Botticellis, deren Originale von der preußi
schen Regierung mit der Hamilton-Sammlung für das Berliner
Kupferstichkabinett erworben wurden. Nach diesen führte
Baccio Baldini die berühmten Kupferstiche für die Florentiner
Ausgabe von 1481 mit dem Kommentare C.ristoforo Landinos
aus, die aber infolge unüberwindlicher technischer Schwierig
keiten nicht alle in den Text hineingedruckt wurden, so daß die
meisten Exemplare nur zwei enthalten, während die übrigen
auf besonderen Papierstreifen abgezogen wurden und in die
in der Ausgabe freigelassenen Stellen hineingeklebt werden
sollten. Da letzteres meistens versäumt wurde, sind die Abzüge
zum größten Teil verloren gegangen. Graf Passerini wies nach,
daß die Illustratoren der gedruckten Ausgaben sich der Dar-