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Nr. 3
Internationale Sammler-Zeitung
Dr. Sauerlandt, der verdienstvolle Leiter des Hallischen
Museums, nimmt an, daß nach Art der Figurendarstellung und
nach dem Ornamentstil nur einer der deutschen Kaiser mit dem
genannten Otto gemeint sein kann. Bei seinen Nachforschungen
stellte sich heraus,. daß es noch eine zweite gleichgeformte
Bronzeschale gibt, die der in Halle aufgefundenen aufs engste
verwandt ist. Diese, zweite Bronzeschale, die 1886 in Livland
von einem Bauern beim Pflügen ans Tageslicht gebracht wurde,
befindet sich jetzt im Dommuseum der Gesellschaft für Ge
schichte und Altertumskunde der Ostseeprovinzen Rußlands
in Riga. Beide Schalen zeigen die gleiche Schmuckanordnung
und vielfach übereinstimmende Ornamentierung. Vor allem
aber trägt auch das Rigaer Becken in seiner Mitte das Rundbild
mit der Darstellung Ottos und der Umschrift: Hierusalem
visio pacis (Jerusalem, Bild des Friedens). Da die Ornamentik
hier noch deutlicher als in Halle ihr frühmittelalterliches Stil
gepräge erkennen läßt, so kommt Dr. Sauerlandt zu dem
Schlüsse, solange nicht ein strikter Beweis für die Entstehung
in einer späteren Epoche des frühen Mittelalters erbracht ist,
darf man die beiden Becken in Riga und Halle als Dokument
ottonischer Kunst betrachten. Wahrscheinlich handelt es
sich um Otto den Großen. Und damit wäre dann diese
fast tausendjährige Bronzeschalc die ,,älteste Sacliurkunde für
die Geschichte Halles.“
(Richard Brend’amour.) Ein Meister der deutschen
Holzschnittillustration, dessen Arbeiten man früher überall
in den angesehenen Familienzeitschriften Deutschlands be
gegnete, Richard Brend’amour, ist in Düsseldorf im 84. Le
bensjahre gestorben. Er war in Aachen geboren, widmete sich
in Köln der Kunstschule der Malerei und wandte sich dann dem
Holzschnitt, zu. Er wählte Düsseldorf zu seinem Wohnsitz
und begründete dort eine xylographische Anstalt. Die,,Illu
strierte Zeitung“, „Die Gartenlaube“, „Daheim“, „Über
Land und Meer“ und andere ähnliche Zeitschriften brachten
in ihrer Blütezeit viele Illustrationen aus der Werkstatt Brend’
amours. Technisch vollendet sind seine Holzschnitte für
Drucksachen des Handels und der Gewerbe. Schon 1871
begann er Zweigstellen seiner Düsseldorfer Firma in Berlin,
Leipzig, Stuttgart, München und Braunschweig zu errichten.
Auch . das Ausland, besonders Frankreich, bezog viele Holz
schnitte von ihm. Seit einigen Jahren hatte er sich von der
Leitung der Anstalten zurückgezogen.
(Überführung ägyptischer Museumsschätze nach
Malta ?-) Durch die Zeitungen geht die Nachricht, daß die
Engländer „die Schätze der Museen zu Kairo, Boulaq und Hclio-
polis“ nach Malta überführt haben. Sie kann aber nicht richtig
sein, denn in Heliopolis hat es nie ein Museum gegeben, der
Inhalt des Museums in Boulaq ist seit 22 Jahren in ein anderes
Gebäude, jetzt das Museum von Kairo, überführt worden.
Wenn die Engländer wirklich etwas aus dem Museum nach
Malta gebracht haben, so dürften es die von den französischen
Ausgrabungen herrührenden Goldfunde sein. Es ist aber zu
hoffen, daß der augenblickliche stellvertretende Generaldirektor,
Herr Quibbel, und sein Kollege, Herr Daressy, ebenso
handeln werden wie seinerzeit Mariette, der Begründer des
Museums in Kairo. Ismael hatte eine Reihe der wertvollsten
Schätze des Museums zur Pariser Weltausstellung geschickt
und nicht übel Lust, sic zur Bezahlung seiner Schulden an
Napoleon zu verkaufen. Der Handel scheiterte an Mariettes
Widerspruch, der, obwohl Franzose, die Schätze für Ägypten
gewahrt wissen wollte. Damals hat man übrigens ohne Mariettes
Wissen in Paris den Abguß der berühmten Holzfigur des Dorf
schulzen hergestellt, der das Original stark beschädigt hat.
(Die Jenaer Kriegsausstellung.) Aus Jena wird uns
geschrieben: In unserm städtischen Museum wurde eine von
Prof9SSor Dr. Paul Weber vorbereitete Kriegsausstellung er
öffnet. Sie ist angelegt nach folgenden Gesichtspunkten:
1. Unsere Heerführer, 2. Eroberung Belgiens (eroberte Städte,
Marschbilder usw.), 3. Belgien und Nordirankreich (Schlachten
bilder), 4. Kriegsgefangene in Deutschland, 5. Unsere Flotte
(Abbildungen einiger durch hervorragende Leistungen berühmt
gewordener Schiffe mit ihren Kapitänen usw.), 6. Rotes Kreuz,
7. Heldengräber in Feindesland, 8. Kämpfe an der Küste und
den Kanälen, 9. Unsere österreichischen Waffenbrüder und ihre
Erfolge, 10. Die feindlichen Flotten, 11. England und die Türkei,
12. Das Leben im Schützengraben und anderes mehr. Ver
vollständigt wird die Ausstellung durch ein Erinnerungsbild
von Theodor Körner, an Friedrich den Gioßen, DaiStellung
von der Heimkehr unserer siegreichen Truppen im Jahre 1871.
(Der Genter Altar der Brüder van Eyck.) Die
italienische Kunstzeitschrift „Fanfulla della Domenica ver
breitet die Nachricht, daß die äußeren Flügel des berühmten
Altarwerkes der Brüder van Eyck von St. Bavo aus Belgien
nach Berlin gebracht worden seien, wo sich bereits das Mittel
stück befindet. Diese Nachricht ist, wie uns aus Brüssel ge
meldet wird, vollständig erfunden. Der Genter Altar ist in
Gent von der bischöflichen Behörde selbst verborgen worden.
Die deutschen Behörden halten sich streng an die Bestimmungen
der Haager Konvention, nach denen Kunstgegenstände in
Museen usw. dem Beuterecht nicht unterliegen.
(Ein antikes Parfüm.) Bei einer Ausgrabung, die aus
dem Gebiete von Aquileja. unternommen wurde, fand Pro
fessor Enrico Majonica, der Leiter des Museums, in einem
Grabe, das aus dem IV. Jahrhundert stammt, ein Parfüm
fläschchen, dem ein starker Duft entströmte. Die chemische
Analyse ergab, daß das Fläschchen eine im Altertum Ladanum
genannte Essenz enthielt, die aus dem Harze des kretischen
Zistenrösleins (Cistus creticus L.) gewonnen wurde, wie aus
Angaben des Plinius hervorgeht. Der Strauch kommt außer
in Syrien, Kreta, den ägyptischen Inseln und Griechenland auch
im Süden der italienischen Halbinsel und in Sizilien vor.
Museen.
(Vom Linzer Museum.) Wir lesen in der Linzer
„Tagespost“ : Bei allen hindernden Umständen hat die Museums
tätigkeit in den letzten Monaten in keiner Richtung aufgehört.
Die kunsthistcrische Abteilung hat sogar einen sehr wertvollen
und umfangreichen Zuwachs erhalten. Das Linzer Diözesan
museum, welches in den letzten Jahren in Gleink untergebracht
war, ist in das Museum überbracht worden und harrt dort seiner
Aufstellung in einem Saale, den die Referent n der geologischen
Sammlung, Regierungsrat Commenda und Professor König,
für dasselbe freigemacht haben. Das Diözesanum enthält eine
große Reihe wertvoller Statuen und Tafelbilder usw., welche
im Laufe der Jahre aus Öberösterreichischen Kirchen aus ver
schiedenen Gründen entfernt werden mußten und, zum großen
Teile aus der Barockzeit, eine wertvolle Ergänzung der gotischen
Holzskulpturen des Linzer Museums bilden. Die Aufstellung,
der eine umfassende Reinigung, zum Teile auch Wiederherstel
lung vorausgehen muß, wird allerdings bei den beschränkten
Personalverhältnissen des Museums noch eines längeren Zeit
raumes bedürfen, bis der Saal dem allgemeinen Besuch zugäng
lich gemacht werden kann. Es möge darauf hingewiesen werden,
daß das Linzer Museum eines der wenigen Museen in Österreich
ist, welche auch zur Kriegszeit geöffnet bleiben. Allerdings ist
der Besuch auf zwei Tage der Woche beschränkt und die Anzahl
der Besucher eine geringe. Das hat aber die Neuordnung einer
Reihe von Sammlungen ermöglicht; so sind die keramischen
Sammlungen, die Glassammlungcn, die Sammlung modernen
Kunstgewerbes usw. neu geordnet worden. Eine Ausstellung
von Neuerscheinungen der Kriegszeit speziell graphischen
Inhaltes ist in Vorbereitung und auch die numismatische Ab
teilung, Referent Verwaltungsrat Arndt, hat bereits mit der
Sammlung von Medaillen, Münzen usw. der Kriegszeit begonnen.
Einen gewaltigen Aufschwung nahm das naturhistorische Muse-
um, speziell durch die Tätigkeit des neu gewonnenen Kustos
für diese Abteilung, Dr. Kerschner, und des langjährigen