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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 3
Zauner
Das österreichische Unterrichtsministerium hat die
Herausgabe eines Werkes über den Bildhauer Anton
Zauner und seine Zeit" veranlaßt. Man sollte glauben,
daß kein Grund vor liege, sich an dieser Stelle mit diesem
verdienstvollen und tüchtigen Buch zu befassen, ein
Bildhauer ist ja schlechterdings kein Objekt für das
Interesse des Sammlers, besonders nicht, wenn, wie in
diesem Falle, die Werke, des Künstlers zum größten
Teil in das Gebiet der Architekturplastik gehören,
doch rühren von Zauner einige Büsten und Vasen her,
die gar wohl das Interesse des Sammlers zu berühren
vermögen, um so mehr als wir wissen, daß verschiedene
Porträtbüsten aus Zauners klassizistischer Werkstatt
verschollen sind und es nicht ausgeschlossen ist,
das eine oder andere dieser Werke wiederkehren zu
sehen.
Unsere Zeit hat für den klassizistischen Stil ein sehr
empfindungsschwaches Auffassungsorgan. Wer sich aber
gewöhnt hat, über den Kunstinteressen einer Zeit zu
stehen, wird sich dem Reiz schöner Form und Linie
willig hingeben. Dies trifft für uns Wiener besonders
bei den Schöpfungen Zauners zu, die, mögen sie auch
noch so sehr die Schulung an der Zeit des Phidias
verraten, einen kaum merkbaren Hauch frischer Natur,
wie sie ganz im Sinne wienerischer und österreichische^
Daseinsfreunde liegt und manchmal sogar einen leise
verklingenden Ton von Romantik ausatmen. War ja
doch Füger sein Intimus. Erinnern wir uns an ein kleines
Relief, das sich im Wiener Hofmuseum befindet und
nach der eingangs erwähnten Publikation von Zauner
herrührt, ein Relief, das Kaiser Josef II. darstellt
und schon (es ist ein Jugendwerk aus dem Anfang der
siebziger Jahre) mit dem Zauber der Linie zu uns spricht,
Büsten.
aber auch durch den Gestus des vorgestreckten Armes
und der Haltung des Hauptes unser Gefallen erregt.
Oder wie kräftig ist die naturalistische Note im Relief
porträt seines Landsmannes, des Tiroler Malers Gras
mayr, das an dessen Grabmal in der Pfarrkirche von
Wilten angebracht ist. Der Kopf ist prächtig in die
Kreisfläche des Tondos hineingesetzt und ciie Profil
linien dieses dem Schillerideal angeähnelten Kopfes
zeigen das absichtliche Erfassen der Linienkunst im
Spiegel klassizistisch abtönender Gesinnung.
Eine andere Reproduktion im Buche über Zauner
bringt dessen berühmteste Büste, das Porträt Joseph
v. Sonnenfels. Es ist unglaublich, wie Leben unter
der Oberfläche des Steines pulsiert, wie es an und in
die Haut drängt. In weitem Abstand dazu befinden
sich die stark stilisierten, seelisch und formal kühlen
Büsten des Erzherzogs Karl und des Kaisers Franz.
Besteller der ersten Büste war Kronprinz Ludwig
von Bayern; die zweite Büste existiert in mehreren
Exemplaren. Davon hat die Akademie der bildenden
Künste in Wien ein Gipsmodell, ein Exemplar in Marmor
wurde von Zauner für das Mineralienkabinett der Hof
bibliothek gearbeitet, ein Bronzeexemplar befand sich
im Ratsaal der Akademie, eine zweite Bronzebüste
wurde vom Grafen Saurau im Theresianum aufgestellt.
Damit aber dürften jene Werke Zauners erschöpft
sein, die das engere Interesse der Kunstsammler zu er
wecken imstande sind. Es sei hiemit auf sie hinge
wiesen und gleich .eitig auf die Arbeit Hermann Burgs,
der für seine Mühe, die das Zauner-Werk ihm machen
mußte, rückhaltlose Anerkennung verdient.
Dr. R. H.
Die Czartoryskischen Sammlungen.
Aus Dresden wird gemeldet:
Im Wallpavillon der Königlichen Gemäldegalerie
sind jetzt etwa dreißig Bilder und zehn Bildteppiche
zu sehen, die den fürstlich Czartoryskischen Samm
lungen entstammen. Diese Kunstwerke sind als Flücht
linge zu uns gekommen. Ohne den Krieg hätten sie
ihre Reise gewiß niemals angetreten. Aber die Flucht
war ohne jede Panik verlaufen, eine durchaus wohl
überlegte Vorsichtsmaßregel. Die Hauptstücke befanden
sich bisher in Krakau, alles übrige im Schloß Golu-
chow bei Pieschen. Fürst Czartoryski, der mitten
unter den österreichisch-ungarischen Truppen gegen
des Zaren Heer kämpft, ließ seine Schätze im Tages
licht, ohne daß sie tot sind! Die Menschen sollen, auch
wenn Krieg ist, sich an ihnen freuen. Er schickte sie
nach Dresden.
Die Czartoryskischen Sammlungen sind mehr
berühmt als bekannt. Das fesselndste Stück darunter
ist ohne Zweifel Rembrandts Landschaft mit dem
barmherzigen Samariter, deren Echtheit feststeht.
Das Bild stammt aus dem Jahre 1638 und ist deutlich
gezeichnet. Die biblische Darstellung spielt in einer
Gewitterlandschaft, deren gewaltige Stimmung an das
Seestück im Wiener Liechtensteinschen Museum ge
mahnt. Ein einziger breiter Sonnenstrahl zerreißt Him
mel und Ebene in Hell und Dunkel, und man erkennt
schon den ganzen späteren Meister wieder. Der Raffael
der Krakauer Sammlung bezaubert durch die Hellig
keit der Farben und die unnachahmliche Grazie in
der Haltung des abgebildeten jungen Mannes. Der
Lionardo des Fürsten Czartoryski ist wahrscheinlich
ein de Predis. Er trägt zwar den Namen des großen
Meisters, aber auf einer schwarzen, höchst verdächtigen
Untermalung. Kenner der Mailänder Schule, einigen sich
auf Lionardos Schüler, Ambrogio de Predis/ der ja
auch nicht zu verachten ist. Die schöne und interessante
Dame mit dem Hermelin, der von den F ngerspitzen
ihrer rechten Hand berührt wird, ähnelt der ,,Belle
Ferronicre“ des Louvre und trägt auch das namen
gebende Kleinod am Stirnband wie dieses. Das mag der
Grund sein, warum man das Bildnis Lionardo zuschrieb.
Die Schätze des unweit der russischen Grenze,
doch noch auf Posener Land gelegenen Schlosses
GoluchÖw, stehen an Ruhm den Krakauer Bildern
nach. In der Hauptsache hat sie eine Komtesse Iza
Czartoryski zusammengebracht, die um die Mitte des
vorigen Jahrhunderts lebte, und deren feine, geistreiche
Züge Edouard Dubufe festhielt. Man weiß, daß die
Dubufes, Vater und Sohn (Edouard ist der Sohn),
die Damen der Pariser Gesellschaft in beträchtlicher
Rcihe abkonterfeiten. Von einem selteneren und früheren
Franzosen sind zwei Bildnisse da: Renata von Ferrara
und Luise von Lothringen, beide Werke des Hofmalers
Fran§ois Clouet. Drei Bildnisse interessieren insbe-