MAK
Nr. 3 
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Internationale Sammler-Zeitung 
sondere in Dresden: ein prächtiges Porträt August des 
Starken von Louis Sylvestre, den König in Purpur, 
imHintergrunde eineSchlachtszcne darstellend; desselben 
Malers Bildnis der Königin Maria Josepha von Sachsen 
und ein Pastellbild des Königs August III. von Rosalba 
Carriera. Erwähnenswert sind zwei echte Lorenzo il 
Monaco, die heilige Reparata und der heilige Romuald, 
zwei kleine Bilder, eine heilige Jungfrau und ein Christus, 
deren kräftige, lebendige Art auf Roger van der 
Weyden führte, ohne daß die Forschung dies bestätigte, 
eine Flußlandschaft von Ruisdael, ein Bildnis von 
Francois Pascal Gerard, vor allem aber zwei große 
Bildnisse eines Mannes und einer Frau von Bartholo 
mäus van der Heist. Ein angeblicher Velasquez (die 
Infantin Marie Anna von Österreich) ist sicherlich nur 
eine gute Kopie. Zwei gestaltenreiche Marktszenen aus 
Warschau, deren eine einen Pferdemarkt abmalt, sind 
von Norblin de la Gourdaine, einem Franzosen, 
der unter Casanova in Dresden studiert hatte, von 
einem Fürsten Czartoryski nach Warschau gebracht 
worden und dort polnischer Hofmaler geworden war, 
bis er in sein Vaterland wieder zurückkehrte (ge 
storben 1830). 
Die Wandteppiche der Goluchower Sammlung 
entstanden zu verschiedenen Zeiten. Vier, mit Dar 
stellungen der Leidensgeschichte Christi, sind deutscher 
Herkunft, 15. Jahrhundert, Ein flämischer, mit Christus, 
den Abendmahlkelch haltend, als Motiv, ist von Bernaert 
van Orley gewebt, die anderen stammen aus Frankreich 
und den Niederlanden. 
Im Kupferstichkabinett katalogisiert man ferner 
gegenwärtig die bedeutende graphische Sammlung des 
Fürsten Czartoryski. So wird die Flucht dieser Kunst 
schätze in die Sicherheit von Dresden ihre Klärung und 
Ordnung zur Folge haben. Unsere Gemäldegalerie 
hat aber vorübergehend eine Sehenswürdigkeit mehr. 
Die Odyssee eines Sammlers. 
Von Dr. Ottokar Mascha (Wien).* 
Auktion Schreiber. Blockbuch der Apokalypse, 
um 1440 entstanden, 86.000 Kronen. Bietet niemand 
mehr ? Also 86.000 Kronen zum dritten- und letztenmal. 
Mit 10 Prozent Zuschlag 94.000 Kronen. Allgemeine 
Aufregung, so daß der Auktionsleiter eine Pause ein- 
treten läßt. Wer ist der Käufer? Ein allen bekannter 
Mann. Er schreitet von seinem Platz am untersten Teil 
derTafel zuDanlos, dem Pariser Antiquar, dem bekann 
ten Vertreter des Pariser Rothschild, und legitimiert 
sich. Rothschild hat, um den Schatz sicher zir erhalten, 
nicht einen, sondern gleich zwei Vertreter nach Wien 
gesandt, die e’nander gar nicht gekannt haben. Danlos 
hatte ein Limito, der andere nicht. 
Wer nun in der Zeitung liest, das bei derVersteigerung 
einer kostbaren Sammlung derart fabe" hafte Preise 
erzielt worden sind, während der Vorbesitzer das Objekt 
vor Dezennien nur um einige Taler erworben hat, 
wird von Neid beschlichen. Er denkt sich, auch das 
Sammlerhandwerk habe jenen goldenen Boden. Sieht 
man aber die Sache näher an, so schaut sie ganz anders 
aus. Vor allem ist es nicht immer der Sammler, der bei 
einer solchen Auktion das große Geschäft macht. 
Der Zwischenhändler, Antiquar, Buch- oder Kunst 
händler hat sich ja für alle Fälle den Ersatz der Spesen 
gesichert, sich vor jedem Risiko geschützt, oft aber 
in voller Kenntnis des Wertes, das Objekt fest, aber 
sehr billig erworben. Indessen kommt es doch auch vor, 
daß der Sammler selbst von so mancher großen Wert 
steigerung ausgiebig profitiert, und das ist nur recht und 
billig. Denn der erste Sammler verfügt fast immer 
über große fach wissenschaftliche Kenntnisse, hat un 
glaublich viel Zeit verwendet, um die einschlägige 
Literatur vorerst überhaupt zu erfahren —- da diese 
Literatur zumeist im Buchhandel vergriffen und nur 
sehr schwer an den verschiedensten Orten aufzutreiben 
ist —zu suchen, zu finden, zu studieren. Er muß auch 
fortlaufend Auktions- und Antiquariatskataloge sich 
* Wir entnehmen diese interessante Arbeit dem eben er 
schienenen, von Hans Fei gl herausgegebenen. „Deutschen 
Bibliophilenkalender“, III. Jahrgang, 1915. (Verlag Moritz 
Perles, Wien.) 
zu verschaffen wissen, Notizen über Preise zu erfahren 
suchen, in Evidenz halten, Verbindungen mit anderen 
Sammlern, besonders aber mit Händlern dauernd auf 
recht halten. Letzteres geht auch nur dann, wenn er 
in nicht allzu langen Intervallen wirklich kauft. 
Welche Zeit, welche Geduld, welche jahre- und dezen 
nienlange Arbeit, Ausdauer und Beharrlichkeit, dann 
wie viele materielle Opfer und Enttäuschungen dazu 
gehören, um eine wertvolle Sammlung auf was immer 
für einem Gebiete zusammenzubringen, das weiß nur 
derjenige zu beurteilen, der selbst Museumsleiter, 
Bibliotheks Vorstand oder Privatsammler ist. Das 
Gebiet des Kunst- und Buchsammlers ist heute 
so unendlich groß, daß es wohl niemand voll beheirschen 
kann und daß auch hier schon eine Arbeitsteilung 
notwendig ist. Was ein Antiquar und Antiquitätenhändler 
aber immer besitzt, ist große Menschenkenntnis. Wie oft 
kommt es vor, daß der Händler von seinem Verkaufs 
objekt nichts mehr weiß als den Preis, den er selbst 
dafür gezahlt hat. Den wirklichen Wert und Preis 
muß ihm erst die Miene des Käufers verraten. Zeigt 
der Käufer, daß er die Sache durchaus haben will, 
dann kostet sie vielleicht eine ganz unmögliche Summe. 
Also der richtige Sammler ist immer auf dem Kriegs 
pfade. Und wenn der Sammler irgend einmal wirklich 
etwas sehr wertvolles billig erworben hat, wenn er es 
lange festhält und nicht hergibt, dann endlich von einer 
Wertsteigerung Nutzen zieht -— wie oft und oft ist er 
vorher bei anderen Käufen übervorteilt worden! Wie 
oft hat er bei anderen Objekten den wahren Wert nicht 
erkannt und sie verschleudert! 
Und doch, welche Freude bietet die Sammlerleiden 
schaft! Charles Nodier hat sie mit Recht eine der 
schönsten Freuden des menschlichen Lebens genannt. 
Alfred Licht wark hat aber gesagt, daß, wer auf irgend 
einem Gebiete ernstlich zu sammeln angefangen hat, 
eine Wandlung in seiner Seele anheben spürt, die ihn 
zu einem freudigeren, von lebendigerer Teilnahme, 
von offenem Verständnis für die Erscheinungen des 
Lebens bewegten Menschen macht. Über sich selbst 
hinauswirkend hat sich der Sammler als den unentbehr-
	        
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