MAK
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Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 3 
liehen Untergrund alles künstlerischen Schaffens be 
wiesen und als Anregungszentrum seines Lebenskreises 
hilft er die Kraft des Künstlers, die sich in tausend Kul 
tur- und Wirtschaftswerte umsetzt, auf das ganze 
Volk überleiten. Man denke an die reine, ungetrübte, 
Freude des Sammlers, der irgend einmal eine Erst 
ausgabe der Klassiker, zum Beispiel der Räuber, oder 
eine alte deutsche Bibel oder gar einen Meister E. S. 
geerbt oder vielleicht um ein Butterbrot erworben hatte, 
so oft er sieht, unter welchen Bedingungen diese Raritäten 
jetzt den Besitzer wechseln. Und welches Hochgefühl 
beschleicht den Sammler, der sich durch viele Jahre um 
den Erwerb irgendeiner Rarität bemüht hat, wenn ihm 
endlich der große Wurf gelingt und er sie endlich er 
wirbt! Wie aber auch heute noch unter unseren Augen 
fortdauernd Gemeingut zur Rarität wird, das möge ein 
kleines persönliches Erlebnis illustrieren: 
Gibt es etwas Minderwertigeres als ein Plakat ? 
Zahlt man doch heute gewöhnlich viel Geld dafür, um 
cs überhaupt an der Straßenmauer anbringen zu dürfen! 
Und doch gibt es auch in Österreich Künstlerplakate. 
Blätter, die von wirklichen Künstlern erfunden und 
ausgeführt, graphische Kunstblätter sind. Und das 
Sammeln von Künstlerplakaten ist für die Geschichte 
der graphischen Künste, oft für die allgemeine Sitten- 
und Kulturgeschichte von großer Bedeutung. Uber diese 
letzte, allerjüngste graphische Kunstform ist die Litera 
tur noch gering. Unter deutschen Werken steht Spon- 
se,ls „Das moderne Plakat“ und Zur Westens „Re 
klamekunst“ obenan. Beide Autoren bezeichnen als 
das erste österreichische Künstlerplakat das von Hans 
Makart entworfene Blatt für die Wiener Kunstaus 
stellung 1873. 
Also dieses Plakat wird gesucht. 1873! Wiener Welt 
ausstellung! Davon mußten damals hunderttausend 
Exemplare gedruckt worden sein! Die ersten noch ganz 
optimistischen Schritte blieben erfolglos, denn unsere 
öffentlichen Sammlungen, das Kupferstichkabinett der 
k. k. Hofbibliothek, die Universitätsbibliothek, die 
Bibliothek der Akademie der bildenden Künste, die 
Albertina, die Bibliothek des österreichischen Museums 
haben keine Plakate gesammelt. Also führt der Weg 
ins Künstlerhaus. Gab es doch damals nur die Künstler 
genossenschaft. Der verdienstvolle und liebenswürdige 
Sekretär der Künstlergenossenschaft bringt die ent 
gegenkommendste, ja aufopfernde Unterstützung. Das 
Plakat ist schon von vielen Seiten, besonders vom Aus 
lande her gesucht worden, wurde aber nicht gefunden, 
denn kein einziges Exemplar ist aufgehoben worden! 
Alle Akten der Wiener Weltausstellung 1873 werden auf 
das sorgfältigste durchstudiert, ob sich nicht irgendwo 
wenigstens eine Rechnung findet, zum Beispiel von jenem 
Drucker, der damals die Drucksorten geliefert hatte, 
damit doch wenigstens der Name des Druckers eruiert 
werde, der wahrscheinlich auch das Plakat gedruckt 
hat. Nichts! 
Nach dem Preßgesetz mußten schon damals vier 
Pflichtexemplare abgeliefert werden, an die Hof 
bibliothek, an die Universitätsbibliothek, an die Staats 
anwaltschaft und an das Preßdepartement der Polizei 
direktion. Also nachdem in der Hofbibliothek und 
Universitätsbibliothek schon vergeblich gesucht worden 
war, werden nun die Staatsanwaltschaft und die 
Polizeidirektion behelligt. Nichts! Alles schon lange 
eingestampft! 
Plötzlich kommt ein wohlwollender Rat seitens des 
befreundeten Kunstreferenten einer großen Wiener 
Tageszeitung. Alles, was irgendwie mit der Wiener Welt 
ausstellung in Zusammenhang gewesen war, hat der 
scinerzeitige Generaldirektor der Wiener Weltausstellung 
Freiherr v. Schwarz-Senborn gesammelt. Seine 
Witwe lebt noch irgendwo. Sie muß das Plakat haben 
oder doch wenigstens davon etwas wissen. Sie wird 
gefunden. Höfliche Anfrage, höfliche Anwort, daß sie 
nichts davon weiß. Makart hat es gezeichnet? Nun, 
sein Sohn lebt ja, ist ein vielbeschäftigter Photograph 
in der Wollzeile. Also hinauf in sein Atelier. Er hat nie 
davon gehört. Er frägt bei dem seinerzeitigen intimen 
Freunde Makarts, dem Oberbaurat Streit an. Auch 
dieser weiß nichts davon. Nun kommen die ausländischen 
Sammlungen an die Reihe. Das Kupferstichkabinett in 
Dresden, das Kunstgewerbemuseum in Dresden, das 
Kupferstichkabinett in Berlin, das unter der verdienst 
vollen Leitung unseres Landsmannes Prof. Dr. Gustav 
Pazaurek stehende Landesgewerbemuseum in Stutt 
gart, das Kunstgewerbemuseum in Hamburg, das 
Suermondtmuseum in Aachen, sie alle besitzen alte 
und große Sammlungen von Künstlerplakaten. Alle 
werden darnach befragt, alle antworten, daß sie es 
nicht besitzen und nie gesehen haben. 
Seit mehreren Jahren besteht in Berlin ein Verein 
der Plakatfreunde. Unter seinen Mitgliedern befinden 
sich viele eifrige und gebildete Plakatsammler. Die 
größten derselben werden befragt. Sie wissen nur aus 
Büchern, aus Sponsel und Zur Westen. Gesehen haben 
sie das Blatt niemals. Jetzt wird guter Rat schon 
wirklich sehr teuer! Zufällig wird ein zweiter ehemaliger 
Freund Makarts gefunden, der persönlich in Makarts 
Atelier zugesehen hat, wie die „Jagd der Diana“ 
allmählich entstanden ist. Aber auch er weiß nichts von 
dem Plakat. Woher haben nun Sponsel und Zur Westen 
ihre so kategorische Angabe, wenn selbst der Sohn 
Makarts und noch lebende ehemalige persönliche 
Freunde des Künstlers nichts davon wissen ? 
Also direkte Anfrage bei diesen Kunstschriftstellern. 
Für Zur Westen war 1903 das Werk von Sponsel aus 
dem Jahre 1897 die Quelle gewesen. Sponsel hat aber 
auf die briefliche Anfrage freundlich geantwortet, daß 
er heute nach so vielen Jahren leider sich nicht mehr 
erinnern könne, woher er seine damalige Angabe ge 
schöpft habe, aber er habe damals alle Kataloge von den 
bis dahin stattgefundenen Plakatausstellungen benützt. 
Zufällig hat nun der zuletzt befragte ehemalige Freund 
Makarts, der frühere langjährige Redakteur der Wiener 
Exlibriszeitung, Herr Gerhard Ramberg-Mayer, den 
prächtigen Einfall, es möge doch der damalige Sekretär 
der Wiener Künstlergenossenschaft, Herr Regierungsrat 
Walz, nach dem Blatt befragt werden. Wenn irgendein 
Sterblicher von dem Blatt noch etwas weiß, so ist er es! 
Er wird in Maria-Lanzendorf gefunden und hat die 
große Liebenswürdigkeit, in alten Notizen nachzu- 
forschen, um seine Erinnerung aufzufrischen. Und dies 
hat zwar nicht das Blatt selbst, aber doch wenigstens 
den richtigen Weg gezeigt, wo weiter zu suchen ist. 
Regierungsrat Walz konstatiert mit absoluter Sicher 
heit, daß Makart ein Plakat für die Ausstellung 1873 
nicht gezeichnet hat. Walz war ja bei der Weltausstel 
lung in Wien 18/3 und bei der Pariser Weltausstellung 
1878 vom Beginn bis zum Schluß aller Arbeiten in der 
österreichischen Abteilung tätig gewesen und würde sich 
sicheilich an eine derartige Erscheinung erinnern. Aber 
dei Katalog der Ersten Internationalen Kunstausstellung 
im Künstlerhause in Wien 1882 hat auf dem Umschlag 
die Reproduktion des Plakates zu eben dieser Ausstel 
lung mit der Bezeichnung „II. Makart inv.“ „R. v. 
Waldheim sc. Und das Vorwort des Kataloges enthält 
die ausdrückliche Angabe: „Den Umschlag des illu 
strierten Katalogs schmückt die Reproduktion desjeni-
	        
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