Nr. 3
Internationale Sammler- Zeitung
Seite 37
feldern den Deutschen auch diesen Besitz wieder bringen
wird, so hat die Zwischenzeit doch eine ganz beträchtliche
Menge von Markenneuheiten auf diesen Inseln hervor
gebracht. Japan hat bekanntlich, nachdem es zunächst
einige Inselgruppen, besonders die Marschall- und Karo-
lincn-Inseln, besetzt hatte, die Verwaltung im November
Australien übertragen, und sie sind jetzt von australi
schen Truppen besetzt. Als der Oberst Pethebridge
zum „Australischen Kommissar für den Stillen Ozean"
ernannt wurde, und am 28. November in seinen neuen
Wirkungskreis abfuhr, nahm er auch einen Vorrat
australischer Briefmarken mit dem Aufdruck „North
west Pacific“ mit. Die Japaner hatten, so viel man
weiß, in der kurzen Zeit ihrer Besetzung sich mit dem
Überdrucken deutscher Briefmarken nicht abgegeben;
dagegen haben die britischen Streikräfte, die deutsche
Inseln im Stillen Ozean besetzten, sich die Gelegenheit
zur Briefmarkenspekulation nicht entgehen lassen
und werden dafür in Australien ziemlich deutlich
kritisiert. Offiziere wie Mannschaften haben sich mit
gleichem Eifer daran beteiligt, und man spricht davon,
daß sich eine offizielle Untersuchung mit ihren neuen
Briefmarkenausgaben beschäftigen werde.
Einige von den provisorischen Marken von Samoa,
die die Neuseeländer bei der Besetzung der Kolonie
ausgaben, waren nur in ungewöhnlich kleinen Mengen
erhältlich; die deutschen Neu-Guinea-Marken mit
dem Überdruck werden von den Australiern in noch
beschränkterer Zahl ausgegeben. Obwohl eine große
Menge der deutschen Neu-Guinea-Marken übernommen
wurden, so wurden doch nur für 1000 bis 1200 Mark mit
den englischen Buchstaben und Wertangaben überdruckt.
Von den 3 Pfennigmarken sollen nur fünf Blatt den Auf
druck „ 1 d“ erhalten haben, von den 5 Pfennigmarken nur
8y 2 Blatt denselben, und von den 10 Pfennigmarken
wurden zehn Blatt mit „2 d“ überdruckt. Von den
meisten anderen Werten wurden dagegen noch weniger
Marken hcrgestellt. Auch die teuersten deutschen Marken
wurden überdruckt, von den 1, 2 und 3 Markmarken
wurden in keinem Falle über 100 gedruckt, von den
5 Markmarken nur 17.
Als diese provisorischen Marken ausgegeben wurden,
war am ersten ■ Tage ein außerordentlicher Andrang
an den Verkaufsstellen, und man zeigt sich in Sydney
Photographien von den Balgereien, die wegen dieser
seltenen Marken entstanden waren. 14 vollständige
Sätze von diesen auf so einfache Art geschaffenen
„Seltenheiten“ wurden zu Geschenkzwecken verwendet;
2 Sätze erhielt König Georg-und die übrigen wurden
an australische Minister und hohe Beamte verteilt.
Auf diese Weise sind von den 5 Markmarken von
vorneherein überhaupt nur drei übrig geblieben. Daß
diese ganze Markenausgabe nur eine Farce und ein
Geschäft war, zeigt auch die Tatsache, daß kaum eine
von den Marken wirklich für die Postbeförderung Ver
wendung gefunden hat. Soldaten wie Offiziere hatten
nicht den Mut, ihre Kostbarkeiten auf ihre Briefe zu
kleben, weil sie fürchteten, sie könnten ihnen da ge
stohlen werden, und so steckten sie sie lieber in die
Briefumschläge hinein, während sie darauf schrieben:
„Keine Marken erhältlich.“
Es ist ja nicht das erste Mal, daß englische Soldaten
sich während eines Krieges auf solche Weise kleine
Nebenverdienste zu schaffen pflegen. Während des
südafrikanischen Krieges hatte Lord Roberts Gelegen
heit, diese Praktiken seiner Soldaten scharf zu verurteilen,
und es wird in den Kreisen der englischen Briefmarken
sammler lebhaft bedauert, daß es keine staatlichen Be-
schränkun gen und Bestimmungen für die Ausgabe solcher
..provisorischer Marken“ gibt. Die Soldaten sind leicht
geneigt, bei ihrer geringen Kenntnis des Briefmarkenhan
dels zu glauben, daß sie sich hier außerordentliche Werte
verschaffen, da sie viel von den fabelhaften Preisen,
die für Seltenheiten gezahlt werden, gehört haben.
Dazu kommt, daß die einfache Herstellung des Über
druckes von vorhandenen Marken die Fälschungen
außerordentlich begünstigt. Schon ist ein Mann in
Sidney verhaftet worden, der solche deutsche Marken
aus Samoa mit Überdruck gefälscht hatte. Er hatte sich
einen Stempel machen lassen und eine gewöhnliche
Samoamarke gekauft und so auf sehr einfache Weise
zu Hause eine „Seltenheit“ hergestellt, die er nun unter
Angabe, er habe sie von einem Soldaten des Expeditions
korps gekauft, für gutes Geld loszuschlagen suchte,
Die französischen Kunstdenkmäler im deutschen Operationsgebiet.
Vom Geheimen Regierungsrat Professor Dr. Clemen (Bonn).*
Die Schäden an den historischen Baudenkmälern im nörd
lichen und östlichen Frankreich sind innerhalb unseres Etappen
gebietes bis in die hintere Zone des Operationsgebietes relativ
gering. Man darf vor allem hervorheben, daß ganz unberührt
geblieben sind, von Nordosten angefangen, Cambrai, Douai,
Valenciennes, St. Quentin, die ihre reichen Kirchen, die Rat
häuser wie die Museen unversehrt bewahren. T.ille, in dem,
obwohl es als offene Stadt bezeichnet war, unsere Truppen
unerwartet und heimtückisch Feuer erhielten, ist nur andert
halb Tage lang von Südosten her beschossen worden; zumal in
der Gegend des Hauptbahnhofes sind ganze Straßenviertel
und einzelne Häuserfronten durch das Bombardement zerstört,
doch haben die historischen Denkmäler darunter kaum gelitten.
An der Kirche St. Maurice ist an einem der vier Giebel der
Westfront die Spitze weggesebossen. Der Barockbau der Grande
Garde an der Grande Place ist ebenso an der Spitze der Fassade
durch eine Granate beschädigt, aber bei beiden Bauwerken
ist dieser Schaden lokal beschränkt. Das Museum, dessen
mächtiger, in den achtziger Jahren durch die Architekten
Berard und Delmas errichteter Prachtbau die eine Seite der
Place de la R6publiqufe im Zentrum der Stadt einnimmt,
ist von verschiedenen Granaten, vor allem aber reichlich von
Schrapnells getroffen worden. Die Granaten haben in der
Hauptsache nur an der Außenarchitektur der Südseite Schaden
getan. Eine ist in den südöstlichen Ecksaal im oberen Stock
eingedrungen; die Schrapnells aber haben die sämtlichen
Fenster der Oberlichter zerschlagen, dazu sind auch die Scheiben
im Hof durchweg durch den Luftdruck gesprungen. Eine Reihe
der großen, von ihren Plätzen nicht zu entfernenden Gemälde
ist durch Schrapnells oder durch herabstürzende Glassplitter
und Bruchstücke des Daches beschädigt, zum Glück aber keines
von den wertvollen Objekten. Die kostbarsten Bilder hat der
Muscumsdirektor, Em. Theodore, der während der ganzen
Beschießung in dem Museum anwesend war, während des
Kugelregens selbst mit persönlicher Aufopferung gerettet.
Auch die berühmte Wachsbüste von Lille ist, wie ich festgestellt
habe, in einem besonderem Gelaß des Kellers sicher und vor
jeder Beschädigung geschützt untergebracht.
* Der Bericht stammt aus der „Nordd. Allg. Ztg.“