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Internationale Sammler- Zeitung
Nr. 4
Das ist um so erfreulicher, als in den letzten Jahren zwei
berühmte Silberschmelzarbeiten des Mittelalters aus dem
Rheinlande den Weg ins Ausland nahmen: der Schrein der
Greta Pfrumbom wurde aus Speyer nach Nordamerika ver
kauft, das Grachter Altärchen kam in den Besitz von Morgan.
Das Kreuz ist ein frühgotisches Reliquienkreuz, aller Wahr
scheinlichkeit nach Kölner Arbeit aus der Zeit 1300. Oben
ist der Gekreuzigte dargestellt, der Körper enthält einen Spalt
für die Reliquie. Den höchsten Wert des Silberwerkes stellen
die beiden durchscheinenden Emaillebilder am Fuße des
Kreuzes dar. Sie enthalten Bilder zweier kniender Grafen
von Isenburg. Es sind Vater und Sohn, der letztere, ein Prämon-
stratenser, war Pastor in Heimbach. Die Wappen bezeichnen
die Stifter. Durch diese Verbindung mit einer der ältesten
Familien des Rheinlandes hat das Kunstwerk für die Kölner
Sammlung einen besonderen Wert.
(Funde aus der Steinzeit.) In Heidelberg ist man
auf dem neuen Zentralfriedhof auf große Funde aus der Stein
zeit gestoßen. In diesen Funden hat man das erste große
steinzeitliche Dorf am rechten Neckarufer entdeckt. Nach der
„Umschau" sind bis jetzt 42 Gruben mit zahlreichen Funden
aus der jüngeren Steinzeit durchforscht worden. Nach den
Vorgefundenen Resten darf man auf das dritte Jahrtausend
v. Chr. zurückrechnen. Von besonderem Werte dürfte die Auf
deckung zweier Gräber aus der La-Tene-Periode sein. In einem
Graben fand man eine vollständige Waffenausrüstung. Es
sollen auf Grund der Kartenanlagen Gipsmodelle angefertigt
werden, die zusammen mit Plänen und Querschnitten in den
Heidelberger Sammlungen zur Ausstellung kommen sollen.
(Eine Marmorstatue Alexander des Großen.) Wie
die „Tribuna“ aus Benghasi meldet, ist in Cyrene eine
Kolossal-MarmorstatucAIcxanders desGroßen gefunden worden,
an der nur ein Teil des rechten Vorderarmes fehlt. Man glaubt,
daß es sich um eine ausgezeichnete Nachbildung der berühmten
Bronzestatuc des Lysippos handelt. Diese Nachbildung ist
in einer Zeit entstanden, die von jener, in welcher die Bronze
statue geschaffen wurde, nicht sehr entfernt war. Alexander
der Große ist aufrechtstehend dargestcllt, die rechte Hand
gerade ausgestreckt, mit einer Lanze in der Linken. Sein ugend-
liches Haupt ist gegen den Himmel gerichtet.
(Münchner Kunstausstellungen 1915.) Aus Mün
chen wird berichtet: Die verschiedenen Künstlerkorpora
tionen haben sich in der letzten Zeit lebhaft mit der Frage be
schäftigt, ob im heurigen Sommer trotz des Kriegsjahres die
alljährlichen Kunstausstellungen abgehalten werden sollen.
Im allgemeinen wird in der Künstlerschaft die Meinung ver
treten, daß, wenn auch in bescheidenem Rahmen, doch das
Ausstellungswesen, als die einzige Form, Künstlerarbeiten an
die Öffentlichkeit zu bringen, aufrecht erhalten werden soll.
Kann man auch auf einen großen Fremdenstrom nicht rechnen,
so ist doch das bürgerliche Leben bei uns in so ruhige Bahnen
gelenkt, die Verdienstmöglichkeit vieler Kreise wieder ge
stiegen, daß man auf ein Interesse an künstlerischen Leistungen
rechnen kann. Bei der günstigen Kriegslage kann man beruhigt
in die Zukunft blicken und auch für die Friedensarbeit sich zu
interessieren beginnen. Auch zur Durchführung mancher Re
formen im Ausstellungsleben wird die stillere Zeit recht gut
sein. Bis zur Stunde steht freilich die Abhaltung der alljähr
lichen Glaspalast-Ausstellung nicht mit Bestimmtheit
fest, sie ist aber mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten.
Die Sezessi on wird zwar keine Frühjahrsausstellung ab
halten, eine Sommerausstellung ist jedoch als sicher anzu
nehmen, schon weil sie die letzte Gelegenheit ist, das kgl.
Ausstellungsgebäude am Königsplatz für die Zwecke der Se
zession zu nützen, da ja ab Herbst 1915 der Bau für die staat
lichen Sammlungen herangezogen werden soll. Die „Jury-
freien" haben das Palmenhaus im kleinen alten Botanischen
Garten schon geräumt und erhielten für ihre Kanzlei Räume
m Torwarthaus vom Landbauamt auf unbestimmte Zeit
angewiesen. Zu einer größeren Ausstellung reichen die Zimmer
nicht aus, und so wird diese Vereinigung, falls sie heuer eine
Ausstellung veranstalten will, sich um neue Räume Umsehen
müssen. Die Generalversammlung hat jüngst beschlossen,
noch eine abwartende Haltung einzunehnien und das Zu
standekommen einer Ausstellung von der Kriegslage in den
nächsten Monaten abhängig zu machen. Die „Neue Sezession
hat Abmachungen mit der künstlichen Eisbahn m der Galerie
straße auch für 1915 in Händen und wird sich erst später
über die Frage, ob sie im Sommer dort ausstellt, schlüssig
machen.
(Bloßlegung einer al t römisch en Grabstätte.)
Aus Fiume wird uns geschrieben: Dieser Tage entdeckte
Ing. Comandich bei den an der Kreuzung der Gassen Vcrneda
und Ciotta vorgenommenen Erdaushebungsarbeiten im lehmigen
Boden die Hälfte einer Aschenurne mit Asche und verkohlten
Knochenresten. Nach dem Schädel kann geschlossen werden,
daß es sich um das Grab eines Kindes handelt, dessen Leiche
auf einem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Leider gelang es
nicht, die Urne zu bergen, da sie zertiel. Neben den Resten des
Kindes hatte sich eine Glasschale befunden, von der man
einige Bruchstücke barg. Weiters fand man an derselben Stelle
vier Tränentläschchen aus durchsichtigem Glase und eine
tönerne Ampel. Diese ist von einer besonderen Bedeutung,
da sie der erste in Fiume zutage geförderte, mit einer Inschrift
versehene altrömische Fundgegenstand ist. Diese Reste be
kräftigen die von Johann Köhler in seinen geschichtlichen
Erinnerungen aufgestellte Behauptung, zu der er durch die
im Jahre 1850 gemachten ähnlichen Funde gelangte, daß der
Pomeriiumhügel von den Römern als Grabstätte benützt
worden sei.
(Französische Kunst in San Franzisko.) Die
Panama-Weltausstellung in San Franzisko findet trotz
des Krieges programmäßig statt. Sie wird am 20. Februar
eröffnet werden. Deutscherseits war von einer amtlichen
Beschickung Abstand genommen w-orden. Um so mehr Grund
für Frankreich und England, an ihr teilzunehmen. Die französi
schen Zeitungen teilen jetzt Einzelheiten über die französische
Kunstabteilung mit. Die für diese bestimmten, den öffentlichen
Kunstsammlungen entnommenen Gegenstände sowie die
privaten Arbeiten der französischen Künstler werden mittels
des augenblicklich in Marseille ankernden amerikanischen
Kreuzers „Jason" hinüberbefördert werden; es ist das dasselbe
Schiff, das die für die Kinder der kriegführenden Nationen
bestimmten Weihnachtsspielsachen der Amerikaner nachEuropa
transportiert hatte. Von modernen Künstlern nimmt natürlich
was Namen hat an der Panama-Ausstellung teil. Der amtliche
Pavillon stellt eine getreue Kopie des „Pavillon de France“
in Paris dar. In den anschließenden Ehrengalerien, an deren
Eingang sich die Statue der „Gallia" von Boucher erheben
wird, begegnet man der Nationalfabrik von Sevres und der der
Wandteppich Wirkerei. Von alten Gobelins werden vier aus
gestellt werden, welche die Geschichte Alexanders des Großen
darstellen : an neueren solche nach Kartons von Cheret, Laurens,
Gorguet, Rochegroße u. a. Die Ehrengalerie wird nament
lich die Zeit Ludwigs XIV. bringen. In der Rotunde des Palais
der Ehrenlegion werden Gegenstände zu sehen sein, die Napo
leon T. gehörten. Es wird auch nicht an einer rückblickenden
Bilder- und Skulpturen-Ausstellung mangeln, welche die Zeit
von 1870 bis 1910 umfaßt. In der Literaturabteilung werden
die Autographen sämtlicher ranzösischer Herrscher von
Karl X. bis Napoleon HI. die größte Sehenswürdigkeit
bilden
(Ein Kriegs Wettbewerb für Glasgemälde-
stiftungen.) Um die Sache der Heldenstiftungen in Form
von Glasmalereien auf künstlerische Wege zu leiten, schreibt
jetzt dei Verband deutscher Glasmalereien
einen Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen aus. Diese
sollen die Erinnciung an die Taten unseres Heeres auf
Glasgemälden in weltlichen und kirchlichen Räumen fest-