Nr. 4
Internationale Sammler - Zeitung
Seite 51
Die Kriegssammlung der Wiener Hofbibliothek.
Die Direktion der Wiener Hofbibliothek ersucht uns um
Aufnahme folgender Zuschrift:
Die k. k. Hofbibliothek in Wien hat eine Sammlung von
Kriegsliteratur und Verwandtem ins Leben gerufen, welche
derzeit bereits einen ansehnlichen Bestand aufweist. Den
Grundstock bilden Bücher, Broschüren und sonstige Druck
schriften, die, bei österreichischen Verlegern erschienen, als
Pflichtexemplare der k. k. Hofbibliothek eingeliefert werden
müssen. Diese Reihe wird durch Ankauf solcher Publikationen
der deutschen und ausländischen Verlage ergänzt, welche zu
nächst für Österreich, dann aber auch unter allgemeinen Ge
sichtspunkten ein Interesse haben. Hiebei ist auf die Literatur
zurückgegriffen worden, die etwa in utopistisclier Form die
Möglichkeit eines Weltkrieges fachlich oder belletristisch er
örtert. Schriften über die internationale Lage knapp vor
Kriegsausbruch oder zur Zeit desselben schließen sich an;
hier gehört auch die Folge der von den einzelnen Staaten bald
nach Kriegsbeginn herausgegebenen amtlichen Dokumente.
Weiters wurden Schriften über prinzipielle Fragen des Krieges,
soweit sie aus der gegenwärtigen Lage siel; ergeben, eingestellt,
ebenso militärische Fachschriften, die geeignet sind, über die
Kriegslage Aufklärung zu bieten, sowie Nachsclilagebücher über
Armee- und Flottenbestände. Hiezu bildet eine umfassende
Karten- und Tabellenliteratur die sinngemäße Hrgänzung.
Einen breiten Raum nehmen die Schriften ein, welche sich mit
der Mobilmachung, der Umformung des öffentlichen Lebens
durch den Krieg in religiöser, politischer, sozialer Hinsicht,
der Festigung des Staatsgedankens, der Modifikation der
nationalen Fragen und ähnlichen für Österreich besonders
wichtigen Problemen befassen. Wirtschaftliche Literatur umfaßt
eine andere Gruppe. Was die politischen und wirtschaftlichen
Beziehungen anbelangt, in welchem die Zentralmächte zum
feindlichen und neutralen Ausland stehen, so wurden neben den
in Deutschland und Österreich erschienenen Publikationen
durch Vermittlung des neutralen Buchhandels und mit besonde
rer Bewilligung der maßgebenden Behörden auch Veröffent
lichungen des Auslandes herangezogen; ferner, was an wert
volleren Zeitschriften und Tagesblättern erreichbar war.
Außer allgemeiner gehaltenen Kricgsclironikcn wurden Schriften
über einzelne K'riegsereignisse ebenso beschafft, wie Darstellun
gen von Mitkämpfern und gedruckte Berichte oder Briefe
aus dem Felde. An schöner Literatur sucht man nebst für Feld
oderHaus bestimmten Anthologien alle bedeutenderen Schriften
in Prosa und Poesie heranzuziehen, weiterhin auch einschlägige
musikalische Literatur. Aber auch nicht buchmäßige Erschei
nungen werden in den Kreis der Sammlung cinbezogen und liier
bittet die k. u. k. Direktion neuerlich um die kräftigste Unter
stützung durch die Öffentlichkeit. Die Behörden werden um
Zusendung von Maueranschlägen, Verfügungen und dergleichen
ersucht, Körperschaften und Vereine um Zuwendung von
Plakaten, Programmen und Drucksorten, soweit sie irgendwie
mit dem Kriege in Zusammenhang stehen.
Die k. k. Hofbibliothek sammelt ferner — in dieser Hinsicht
ergeht die Bitte um Beiträge an Verleger und Drucker, wie auch
an Privatpersonen —auf den Krieg bezügliche Kunstblätter,
vereinigt oder einzeln, Wandschmuck, Bilderbogen und Wand
kalender. Sie bittet aber nicht nur um Überlassung von Flug
blättern und Einzelblättern, sondern auch um Handschrift
liches. Und hier wäre die Einsendung von Feldpostkarten
und Feldpostbriefen, die ihrem Inhalt nach geeignet sind,
Details für künftige Darstellungen zu liefern, ganz vorzüglich
erbeten; von derlei Dokumenten wird auf Wunsch eine Ab
schrift genommen und das Original zurückgestellt. Auf
Festungs-undSoldatenzeitungensowieaufExtrablätter
und Extraausgaben nichtösterreichischer Zeitschriften und
Zeitungen wird gleichfalls besonderes Gewicht gelegt. Auch aus
ländische Zeitungsausschnitte, sofern sie hur in irgend einer
Beziehung von Wert sind, werden erbeten.
Weiters ist eine umfassende Ansichtspostkarten
sammlung angelegt, für welche gleichfalls vor allem ausländi
sche, auf den Krieg bezugnehmende Karten willkommen wären.
Schließlich bittet die Direktion um Einsendung von allen Arten
noch unter typographische oder graphische Gesichtspunkte
fallende Kuriositäten, so um Notgeld, Kriegsmarken,
Scherzbilder, Vivatbänder und dergleichen mehr.
Es wird aus betriebstechnischen Gründen ersucht, Sen
dungen an die k. k. Hofbibliothek, Wien I., mit dem Vermerk:
,,Kricgssammlung“ zu versehen.
Für die Spender von Handschriftlichem sei bemerkt, daß
Manuskripte leaiglich als Material für den Historiker aufbe
wahrt werden und eine etwaige Herausgabe durch das Institut
selbst nicht erfolgt; doch wird für eine spätere Zeit eine
Ausstellung der interessantesten Objekte im Prunksaal
der Hofbibliothek geplant.
Autographen.
Von Richard.
Ein Freund unseres Blattes schreibt uns:
Im Jahrgang 1839 der von I. S. Ebersberg heraus
gegebenen Zeitschrift ,,Der Österreichische Zuschauer“ (3. Bd.,
S. 802 u. f.) finde ich einen mit Richard gezeichneten
Artikel über Autographen (,,Autographe“ lautet die Über
schrift), der als eines der ältesten Dokumente für diese
Liebhaberei ein Plätzchen in der „Internationalen Sammler-
Zeitung" verdienen würde Der Artikel enthält übrigen" auch
Mitteilungen über eine Autographenauktion, auf die
speziell hingewieäen sei.
Der Artikel lautet: „Unter den vielen Liebhabereien,
welche heutzutage im Schwung sind, hat keine vielleicht
mehr Verteidiger gefunden, als die an Autographen. Man
ist sogar so weit gegangen, die ganze Biographie eines be
rühmten Mannes oder doch wenigstens die Hauptlineamente
seines Charakters aus dessen Manuskripten herauszulesen,
mögen diese auch bei der gleichgültigsten Gelegenheit ent
standen sein. Eine solche Fertigkeit wäre allerdings be
wundernswerter, als die Lehren Galls oder Lavaters
allein es scheinen leider die so sehr angefochtenen Systeme
mehr innere Wahrheit zu besitzen, als jene moderne Kabbala.
Denn sie gründen sich doch auf den unleugbaren, nur von
ihren Schöpfern zu weit ausgedehnten Einfluß der Seele
auf ihre Organe, auf das Sichknndgeben des Charakters
durch ebendieselben, so daß nach ihrer Ansicht die indi
viduellen Äußerungen des Externen ein individuelles Gepräge
in den letzteren zurücklassen, eine Ansicht, welcher in gewissem
Sinne auch der berühmte Stahl gehuldigt hat, indem er
sagt, die Seele baue nach ihrem Schema den Leib. Aber
welcher Kausalnexus läßt sich zwischen die mannigfachen
Verhältnisse bringen, welche einerseits die Handschrift, ander
seits den Charakter eines Menschen formen ? Jene bildet
sich gewöhnlich noch unter dem Bakulus des Schulmonarchen,
dieser erst unter der Rute des Schicksals; jene bleibt sich
oft ein ganzes Leben hindurch konstant, dieser ändert sich
bei dem nämlichen Individuum und während derselben Zeit