Nr. 5
Internationale Sammler- Zeitung
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Schriftenabteilung der Berliner Königlichen Bibliothek über
tragen worden. Haebler wird da der Nachfolger des im vorigen
Jahre verstorbenen Abteilungsdirektors Professor Dr. Flem-
ming. Der hervorragende Gelehrte, der m 58. Lebensjahre
steht, Dresdner von Geburt, hat, seit er 1889 den damaligen
Prinzen Friedrich August durch Spanien begleitete, be
sonders Spanien, Portugal und ihren einstigen amerikanischen
Besitz zum Feld seiner Tätigkeit gemacht. Zuerst waren es
historische Arbeiten, in denen Haebler die wirtschaftliche Blüte
Spaniens im 16. Jahrhundert und ihren Verfall, die Geschichte
der Fuggcrsclien Handlungen in Spanien, die überseeischen
Unternehmungen der Welser, die Geschichte Spaniens unter
den Habsburgern — bisher liegt der erste Band für Karl I.
vor — darzustellen unternahm. Eigene Studien in den Archiven
und Bibliotheken ganz Europas gaben die Grundlage dieser
vorzüglich fundamentierten Haeblerschen Arbeiten. Daneben
aber galt seine Arbeit dem Studium der ältesten Drucke, erst
Spaniens, dann Europas überhaupt. Von ihm stammt die
mustergültige Bibliografia Iberica. Nachdem Haebler im Auf
träge der sächsischen Regierung alle Inkunabeln in den Biblio
theken des Königreichs Sachsen inventarisiert hatte, betraute
ihn 1904 das preußische Kultusministerium mit dem Vorsitz
der neubegründeten Kommission für den Generalkatalog der
Wiegendrucke. Für sie hat Haebler das Typenrepertorium der
Wiegendrucke geschaffen, das heute das beste Hilfsmittel der
Inkunabelbestimmung ist. Für sie bereitet er den Gesamt
katalog der Inkunabeln vor. 1907 wurde der Gelehrte an die
Berliner Bibliothek berufen, im folgenden Jahre Abteilungs
direktor. Die besondere Inkunabelabteilung verdankt ihm ihre
Organisation. Sic ist im neuen Hause räumlich mit der Iland-
schriftenabteilung verbunden, deren Leitung Haebler nun
gleichfalls übernahm.
Numismatik.
(Die Ewigsche Münzensammlung.) Unter dem
Titel ,,Louis Ewig, ein vergessener Numismatiker, 1814 bis
1870“ ist als Sonderdruck der „Schweiz. Numismatischen
Rundschau“ (Band 20) ein T.ebensbild des verdienten Basler
Münzensammlers Ewig von C. A. Geßle r-Herzog, erschienen.
Die hübsche Biographie ist mit zwei guten Porträtbildnissen
ausgestattet und gibt uns dankenswerte Aufschlüsse über das
Werden der Ewigschen Münzensammlung, die als Leihgabe seit
etwa zwei Jahrzehnten im Basler Historischen Museum nieder
gelegt ist. Sie umfaßt gegen tausend verschiedene Gepräge
der Stadt Basel und ist zweifellos die bedeutendste Lokal
sammlung von planmäßiger Anlage, die beieinander geblieben
ist. Sie enthält nicht nur die städtischen Kursmünzen vom
Mittelalter bis zur Neuzeit (14. bis 19. Jahrhundert) in Gold,
Silber und Kupfer, sondern auch Erzeugnisse der kaiserlichen
Reichsmünzstätte Basel, ferner viele Medaillen und dergleichen.
(Siegesmedaillen aus russischen Kanonen.) Die
anläßlich der Schlacht bei Krasnik erbeutete russische Kanone,
die vom Kaiser Franz Josef dem Erzherzogin Augusta-
Fonds in Budapest zum Geschenk gemacht wurde, ist von den
staatlichen Eisenwerken in Zölyombrezö eingeschmolzen worden.
Aus dem gewonnenen Material werden in der Körmöczbänyacr
Münze Medaillen hergestellt, deren Modell von dem Bildhauer
Julius Muränyi entworfen worden ist. Der Augusta-Fonds
wird diese Medaillen um die Mitte dieses Monats in Verkehr
bringen.
Philatelie.
(Die Postwertzeichen von Kiautschou.) In japani
schen Blättern werden Briefmarkensammler jetzt darauf auf
merksam gemacht, daß die älteren Marken des deutschen Pacht
gebietes Kiautschou sehr bald einen hohen Wert erlangen
dürften. Bei der Übernahme der deutschen Post in Tsingtau
habe es sich herausgestellt, daß sämtliche Postwertzeichen
schon von der deutschen Postverwaltung vernichtet wurden
waren, um sie nicht in die Hände der Japaner fallen zu lassen.
Da nun zwischen Tsingtau und Japan in den letzten Jahren
ein ziemlich reger Postverkehr bestanden hat, so wird den
Geschäften, die noch von früher her größere Vorräte an ab-
gestempelten alten Kiautschou-Marken haben, geraten, diese
zu behalten, da sie nach dem Kriege sicher einen hohen Wert
haben würden.
Verschiedenes.
(August Wolf.) Der durch seine Kopien venezianischer
Bilder in der Schack-Galerie bekannte Maler August Wolf ist
in Venedig hochbetagt gestorben. Die 48 zum Teil sehr großen
Bilder, denen er seinen Ruf als außerordentlicher Kopist ver
dankt, sind meist in den Jahren 1870 bis 1880 entstanden.
1870 hatte der damals 28jährige Künstler, der aus dem badischen
Weinheim stammte, Zögling der Karlsruher Akademie und
dann Canons war, die Bekanntschaft des Grafen Schack ge
macht. Dieser sandte ihn nach Venedig, und dort ist Wolf für
sein Leben geblieben. Sein Schaffen ging fast ganz im Kopieren
auf; die meisten seiner Kopien wanderten nach Amerika. In
Venedig genoß Wolf hohes Ansehen und war Ehrenmitglied
der dortigen Akademie der Künste. August Wolf war auch als
Kunstschriftsteller eifrig tätig.
(Die Geweihsammlung Franz Bittner.) Nach
Berichten aus der Bukowina haben die Russen bei ihrem Ab
züge aus Pozoritta die Wohnung des Forstmeisters Franz
Bittner, die ihrem Kommandanten als Absteigquartier ge
dient hatte, in Brand gesteckt. Dabei ging die äußerst wert
volle Geweihsammlung Bittners in Flammen auf.
(Preisausschreiben für ein Kriegs-Gedenkblatt.)
Die Kunsthalle Wilmersdorf erläßt im Aufträge der Stadt
Berlin-Wilmersdorf ein Preisausschreiben für den Entwurf
eines Gedenkblattes für die Hinterbliebenen der im Kriege
1914/15 gefallenen Bürger Wilmersdorfs. Größe: 30 : 35 oder
30 : 40. Die Arbeiten sind an die Geschäftsstelle der Kunsthalle
Pariser Straße 45 bis zum 15. März 1915 einzusenden. Unter den
sich Meldenden sollen fünf Künstler zum engeren Wettbewerb
durch Preisgericht ausgewählt werden. Für diese werden 1300
Mark ausgesetzt. Der erste Preis beträgt 500 Mark, ferner sind
vier weitere Preise von je 200 Mark ausgesetzt.
(Geologische Kriegsausstellung in Stuttgart.)
Eine eigenartige Ausstellung beherbergen zurzeit die Räume
des Stuttgarter Naturalienkabinetts. Die Schwaben haben
sich von je durch Sammeleifer auf dem Gebiet der Ver
steinerungen ausgezeichnet, wie schon der alte Quenstedt bei
seinen ersten geologischen Studien im schwäbischen Juragebiet
bewundernd bemerkt hat. Durch Quenstedts Schüler, die sich
besonders in Lehrer- und Pfarrerkreisen all die Jahrzehnte her
in großer Zahl angesammelt haben, ist das Interresse an Beob
achtung des steinigen Untergrundes der Erde und seiner eigen
artigen Gebilde in breiteste Volksschichten getragen worden.
Es dürfte kaum ein Land geben, das auch unter einfachen
Bauern, Handwerkern, Arbeitern, kleinen Beamten eine so
große Zahl geologischer Liebhaber und Sammler auf weist, wie
das Schwabenland. Und so haben denn die schwäbischen Sol
daten, Landwehr- und Landsturmleute, wo sie in Ostfrankreich,
in den Vogesen, den Argonnen, Woevre und Cote Lorraine,
Flandern und Nordseeküste hinkamen, mit offenen Augen die
geologischen Formationen beschaut und studiert und durch
wühlt, haben aus dem Granit, Gneis und Sandstein der Vogesen,
aus Muschelkalk und Keuper der Gaue von Epinal, Luneville
und Siidlothringen, aus der Minette des Braunjura im Wcövre
und der Cöte Lorraine eine Menge interessantester Steinge
bilde herausgeholt, auch im Schützengrabenanlegen und im
Granat- und Schrapnellfeuer ihre Terebrateln, Seeigel, Ammoni
ten, Korallen mit kundigem Auge erspäht und gesammelt.